OGH 14Os14/23z

OGH14Os14/23z28.2.2023

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. Februar 2023 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz‑Hummel LL.M., den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Sadoghi in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Lonin in der Strafsache gegen * S* wegen des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs 4 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 29. September 2022, GZ 18 Hv 69/22t‑23, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0140OS00014.23Z.0228.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde – soweit hier von Bedeutung – * S* des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs 4 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er am 17. September 2021 in G* * B* am Körper verletzt und eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB) des Genannten herbeigeführt, indem er ihm Faustschläge in das Gesicht versetzte, wodurch B* einen Nasenbeinbruch mit dem Erfordernis operativer Aufrichtung sowie Prellungen erlitt.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die dagegen aus Z 5 vierter (der Sache nach auch erster) Fall sowie Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.

[4] Entgegen dem Vorwurf fehlender und offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) der Feststellungen zur subjektiven Tatseite begegnet deren – sehr wohl erfolgte – Ableitung aus dem objektiven Tatgeschehen (US 6) unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit hier keinen Bedenken (RIS-Justiz RS0118317). Der Schluss von einem gezeigten Verhalten auf ein zugrundeliegendes Wollen oder Wissen ist nämlich rechtsstaatlich vertretbar und beim – wie hier – leugnenden Angeklagten in aller Regel methodisch gar nicht zu ersetzen (RIS‑Justiz RS0116882; RS0098671 [T5]). Zudem orientiert sich die Mängelrüge prozessordnungswidrig (RIS‑Justiz RS0119370) nicht an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe, die nicht bloß auf das objektive Tatgeschehen verweisen, sondern auch die allgemeine Lebenserfahrung, wonach jeder, der einem anderen Faustschläge ins Gesicht versetze, Verletzungen schwerer Art ernstlich für möglich halte und sich damit abfinde, ins Kalkül ziehen (US 6). Dass diese Gründe den Angeklagten nicht überzeugen, vermag keine Nichtigkeit herzustellen (RIS‑Justiz RS0118317 [T9]).

[5] Soweit die Rüge aus den Verfahrensergebnissen – konkret der vom Erstgericht erörterten (US 4), leugnenden Verantwortung des Angeklagten – anhand eigener Beweiswerterwägungen für sich günstige Schlüsse ableitet, wendet sie sich nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung (§ 283 Abs 1 StPO) in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung (RIS-Justiz RS0099455).

[6] Die Konstatierungen zur subjektiven Tatseite sind der weiteren Rüge (nominell: Z 9 lit a, der Sache nach Z 5 erster Fall) zuwider auch nicht undeutlich. Das Erstgericht stellte vielmehr unzweifelhaft erkennbar fest, dass der Angeklagte beim Versetzen der Faustschläge gegen das Gesicht des Opfers mit dem Vorsatz handelte, dieses dadurch am Körper zu verletzen, wobei er auch den Eintritt schwerer Verletzungsfolgen ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand (US 4). Auf Begründungsebene nannte es mit dem Verweis auf das objektive Tatgeschehen und die allgemeine Lebenserfahrung die Gründe für diese Feststellung (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 419). Im Übrigen genügt – entgegen dem Beschwerdestandpunkt – in Bezug auf die Herbeiführung einer (hier) schweren Körperverletzung Fahrlässigkeit (vgl dazu Burgstaller/Schütz in WK2 StGB § 84 Rz 70 ff).

[7] Weshalb es zur Strafbarkeit wegen schwerer Körperverletzung über die zur objektiven und subjektiven Tatseite getroffenen Konstatierungen (US 3 f) hinaus Feststellungen dazu bedurft hätte, „wie oft und mit welcher Intensität der Angeklagte zugeschlagen haben soll“, leitet die Rechtsrüge (Z 9 lit a StPO) nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab (siehe aber RIS-Justiz RS0116565).

[8] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

[9] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte