OGH 504Präs28/22k

OGH504Präs28/22k22.11.2022

Die Präsidentin des Obersten Gerichtshofs fasst in der Disziplinarsache gegen *, Rechtsanwalt in *, AZ D 21-16 des Disziplinarrats der * Rechtsanwaltskammer, über den Antrag auf Ausschließung des Präsidenten des Disziplinarrats der * Rechtsanwaltskammer wegen Befangenheit den

Beschluss:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:504PRA00028.22K.1122.002

Rechtsgebiet: Undefined

 

Spruch:

Der Antrag wird abgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

In dem gegen den Disziplinarbeschuldigten anhängigen Disziplinarverfahren AZ D 21-16 des Disziplinarrats der * Rechtsanwaltskammer wurde am 25. Jänner 2022 unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten des Disziplinarrats ein Einleitungsbeschluss gefasst.

Mit Schriftsatz vom 5. Oktober 2022 lehnte der Disziplinarbeschuldigte den für das Verfahren als Vorsitzenden des Senats 1 zuständigen Vizepräsidenten des Disziplinarrats gemäß § 33 Abs 2 DSt ab. Den Präsidenten des Disziplinarrats als Vertreter des Vorsitzenden des Senats 1 lehnt der Disziplinarbeschuldigte in diesem Schriftsatz wegen Befangenheit als ausgeschlossen ab. Unter dem Vorsitz des nun abgelehnten Präsidenten habe ihn der Disziplinarrat willkürlich und rechtswidrig suspendiert; der Suspendierung sei die Anzeige eines * Kollegen zugrundegelegen, der für Mitgesellschafterinnen des Disziplinarbeschuldigten eingeschritten sei und eine falsche bzw unrichtige Abrechnung über einen Betrag von 1,5 Mio EUR behauptet habe. Die Suspendierung sei trotz nach wenigen Tagen vorgelegter vollständiger und richtiger Abrechnung ausgesprochen worden. Diese Abrechnung habe der Präsident ignoriert, weil der Disziplinarbeschuldigte sich in seiner Stellungnahme nicht mit einem anderen Mandat auseinandergesetzt habe, das der „Kollege Anschwärzer“ bei seinen „Anschüttungen“ ins Spiel gebracht habe. Die Beschlussfassung ohne vorangehende Erörterung dieses Umstands zeige die grob fahrlässige Vorverurteilung durch den Präsidenten. Dem Disziplinarbeschuldigten stünden für die fast einmonatige Suspendierung Schadenersatzansprüche gegen die * Rechtsanwaltskammer zu; als primär verantwortliches Organ sei der Präsident Regressansprüchen der Kammer ausgesetzt.

Der abgelehnte Vorsitzende erklärte in seiner Stellungnahme, sich nicht befangen zu fühlen. Allerdings genüge bereits der Anschein der Befangenheit, der hier wegen der angekündigten Amtshaftungsansprüche gegen die * Rechtsanwaltskammer zu bejahen sei.

Der Ablehnungsantrag, über den gemäß § 26 Abs 5 Satz 2 DSt die Präsidentin des Obersten Gerichtshofs zu entscheiden hat, ist unberechtigt.

Wenngleich zur Annahme einer Befangenheit grundsätzlich schon der Anschein genügt, der betreffende Richter (das Organ des Disziplinarrats) könnte an die von ihm zu entscheidende Sache nicht mit voller Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit herantreten, so setzt ein solcher Anschein nach ständiger Rechtsprechung jedenfalls voraus, dass konkrete Umstände dargetan werden, die aus der Sicht eines objektiven Beurteilers bei diesem den Eindruck erwecken, der Abgelehnte könnte sich aus persönlichen Gründen bei seiner Entscheidung von anderen als sachlichen Erwägungen leiten lassen; auf eine bloß subjektive Besorgnis einer Befangenheit kann ein Ablehnungsantrag nicht mit Erfolg gestützt werden (RS0056962).

Aus der bloßen Tatsache, dass Amtshaftungsansprüche wegen Entscheidungen geltend gemacht werden, kann nach ständiger Rechtsprechung keine Befangenheit abgeleitet werden. Von einem Richter (einem Organ des Disziplinarrats) kann erwartet werden, dass er auch dann unbefangen entscheidet, wenn eine Partei gegen ihn Klagen, Aufsichtsbeschwerden oder Strafanzeigen erstattet (RIS-Justiz RS0045970; 8 Ob 143/12f). Andernfalls hätte es jede Partei in der Hand, durch Erstattung von Anzeigen einen ihr missliebigen gesetzlichen Richter an der weiteren Ausübung seines Amtes zu hindern (vgl RS0109379; 7 Ob 252/07w). Es müssten daher besondere Umstände hinzutreten, um Zweifel an der Unbefangenheit zu erwecken (8 Ob 143/12f mwN). Solche Umstände zeigt der Disziplinarbeschuldigte nicht auf. Weder die (angebliche) Unrichtigkeit einer Entscheidung noch die Vertretung einer bestimmten Rechtsmeinung durch den Richter (das Organ des Disziplinarrats) bildet einen Ablehnungsgrund (RS0111290 [T3]). Der Disziplinarrat hob die vorläufige Untersagung der Rechtsanwaltschaft mit Beschluss vom 22. September 2022 mit der Begründung auf, der Disziplinarbeschuldigte habe nun die Verwendung eines näher bezeichneten Treuhanderlags über 4.170.000 EUR nachvollziehbar belegt. Die fehlende Abrechnung dieses Erlags über einen Zeitraum von etwa einem Jahr begründete nach dem Inhalt des Beschlusses vom 16. August 2022 über die vorläufige Untersagung der Rechtsanwaltschaft Gefahr im Verzug. Willkür des Disziplinarrats ist bei dieser Sachlage nicht erkennbar. Der vom abgelehnten Vorsitzenden, der sich subjektiv nicht für befangen erachtet, angeführte Anschein der Befangenheit besteht daher nicht.

Stichworte