OGH 4Ob171/22h

OGH4Ob171/22h22.11.2022

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Kodek als Vorsitzenden sowie die Hofräte und Hofrätinnen Dr. Schwarzenbacher, Dr. Tarmann‑Prentner, MMag. Matzka und Mag. Istjan, LL.M., als weitere Richter in den Markenschutzsachen der Antragstellerin G* Gesellschaft m.b.H., *, vertreten durch die Schönherr Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Eintragung der Wortmarke „GASTEINER ENERGY WATER“ und der beiden Wortbildmarken „GASTEINER“, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 22. Juni 2022, GZ 33 R 24/22z, 33 R 25/22x, 33 R 26/22v‑3, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0040OB00171.22H.1122.001

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Gewerblicher Rechtsschutz

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Die Antragstellerin beantragte die Eintragung der Wortmarke „GASTEINER ENERGY WATER“ sowie der beiden Wortbildmarken (einerseits mit blauen Bergen und andererseits in schwarz-weiß)

 

für diverse Getränke in den Klassen 30 und 32.

[2] Das Patentamt und das Rekursgericht lehnten die Eintragung der Marken als rein beschreibend und nicht originär unterscheidungskräftig ab. Der Begriff „Gasteiner“ werde von den angesprochenen Verkehrskreisen als Hinweis auf die Herkunft der Produkte aus der Gebirgsregion Gasteinertal aufgefasst. Der Bildbestandteil der Wortbildmarken sei eine übliche Darstellung von Bergen, die die Deutung des Wortbestandteils als beschreibende geographische Herkunftsbezeichnung sogar noch verstärke. Auch die Ausgestaltung des Schriftzugs sei nicht so eigentümlich, dass sie den Verkehrskreisen im Gedächtnis bleiben. Auch die Wortmarke sei nicht eintragungsfähig, weil der Begriff „Energy Drink“ als Bezeichnung für ein Energie spendendes Getränk geläufig sei.

Rechtliche Beurteilung

[3] Der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin zielt auf die Eintragung der Marken ab. Er zeigt aber keine erhebliche Rechtsfrage auf und ist daher nicht zulässig.

[4] 1. Die Eintragung eines Zeichens ist gemäß § 4 Abs 1 Z 3 MSchG zu versagen, wenn ihm keine Unterscheidungskraft zukommt. Unterscheidungskräftig ist eine Marke, wenn sie unmittelbar als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen werden kann, so dass die maßgeblichen Verkehrskreise die Waren oder Dienstleistungen des Markeninhabers ohne Verwechslungsgefahr von denen mit anderer betrieblicher Herkunft unterscheiden können (vgl RS0118396).

[5] Ob dies der Fall ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls und wirft daher in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage auf (RS0121895).

[6] 2. Der Revisionsrekurs der Antragstellerin kann nicht aufzeigen, dass eine im Sinn der Rechtseinheit korrekturbedürftige Fehlbeurteilung der Vorinstanzen vorläge.

[7] 2.1. Die Antragstellerin argumentiert, dass ihr aufgrund einer Verordnung das Monopol für die Vermarktung von Mineralwasser aus den Thermalquellen des Gasteinertals zukomme. Es fehle daher an Mitbewerbern und an einem Freihaltebedürfnis.

[8] Diese Überlegung überzeugt schon deshalb nicht, weil die Eintragungen der Wortbildmarken nicht nur für Mineralwasser, sondern auch für zahlreiche andere Getränkesorten, unter anderem für die Waren Kaffee, Tee, Eistee, Fruchtsäfte und Sirups beantragt wurden. Die Wortmarke soll darüber hinaus zB auch für alkoholfreie Getränke allgemein sowie für Limonaden und Energydrinks geschützt werden.

[9] Es liegt hier auch kein Fall vor, wo die geografische Bezeichnung eines sehr überschaubaren Gebiets für den Alleineigentümer dieses Gutes, Weinbergs oä als Marke geschützt werden soll (vgl NA 10.9.1965 PBl 1967, 95). In Anbetracht der Größe des Gasteinertals ist die Rechtsmeinung der Vorinstanzen nicht korrekturbedürftig, dass ein Freihaltebedürfnis schon deshalb bestehe, weil weitere Quellen entdeckt werden könnten oder die Monopol-Verordnung geändert werden könnte.

[10] 2.2. Weiters meint die Antragstellerin, dass das Gasteinertal für die angemeldeten Waren nicht bekannt sei, sodass die Verkehrskreise die Bezeichnung gar nicht als geographische Angabe auffassen würden.

[11] Diese Ansicht überzeugt nicht, weil das Gasteinertal dank der dortigen Thermalquellen eine lange Geschichte als Kurort aufweist. Wasser aus dem Gasteinertal mit gesundheitsfördernden Eigenschaften – auch – zum Trinken ist interessierten Kreisen daher ein Begriff.

[12] 2.3. Die Antragstellerin sieht eine Abweichung von der EuGH-Entscheidung C‑398/08 P zur Eintragungsfähigkeit des Slogans „Vorsprung durch Technik“ als Marke. Eine allfällige Bekanntheit des Gasteinertals für Mineralwasser sei nur auf ihre Produkte zurückzuführen, sodass die Verkehrskreise den Begriff Gasteiner als Hinweis auf eine betriebliche Herkunft auffassen würden.

[13] Die zitierte Entscheidung ist nicht einschlägig, weil dort auf Tatsachenebene feststand, dass das Publikum gewohnt war, den berühmten Slogan als Hinweis auf eine betriebliche Tätigkeit aufzufassen. Ein solcher Verkehrsgeltungshinweis wurde hier jedoch nicht erbracht.

[14] 2.4. Nach Meinung der Antragstellerin würden sich Getränkebezeichnungen – ua aufgrund der Kennzeichnungsvorschriften nach der Mineral- und Quellwasserverordnung – üblicherweise von Ortsbezeichnungen ableiten und einen Ortsnamen mit der Endung „-er“ verwenden. Die Vorinstanzen hätten ihrer Entscheidung daher ein realitätsfremdes Verkehrsverständnis zugrunde gelegt.

[15] Die Antragstellerin zeigt auf, dass das Publikum aus Handelsbezeichnungen oft erkennen könne, aus welchem Ort ein Mineralwasser oder Bier stamme. Dass diese Ortsbezeichnung deshalb (zumindest auch) als Hinweis auf eine bestimmte betriebliche Herkunft interpretiert werde, ist daraus aber nicht abzuleiten.

[16] 2.5. Schließlich rügt die Antragstellerin, dass die Vorinstanzen die konkret zu erwartende Verwendungsart der Marken nicht beachtet hätten und gibt mehrere Produktgestaltungsbeispiele, die von den relevanten Verkehrskreisen sehr wohl als Hinweis auf den Produkthersteller aufgefasst würden.

[17] Mit dieser Argumentationsschiene legt die Antragstellerin bestenfalls dar, dass die angemeldeten Zeichen Verkehrsgeltung und damit Unterscheidungskraft iSd § 4 Abs 2 MSchG erwerben und so eintragungsfähig werden könnten. Die behauptete originäre Unterscheidungskraft der angemeldeten Zeichen kann so nicht aufgezeigt werden.

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