OGH 504Präs29/22g

OGH504Präs29/22g21.11.2022

Die Präsidentin des Obersten Gerichtshofs fasst in den Disziplinarsachen gegen *, Rechtsanwalt in *, AZ D 9/21, D 10/21 und D 11/21 des Disziplinarrats der * Rechtsanwaltskammer, über den Antrag auf Ausschließung des Präsidenten des Disziplinarrats der * Rechtsanwaltskammer wegen Befangenheit den

Beschluss:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:504PRA00029.22G.1121.002

Rechtsgebiet: Undefined

 

Spruch:

Der Antrag wird abgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

In den gegen den Disziplinarbeschuldigten anhängigen Disziplinarverfahren AZ D 9/21, D 10/21 und D 11/21 des Disziplinarrats der * Rechtsanwaltskammer wurde jeweils am 3. März 2022 unter dem Vorsitz des Präsidenten des Disziplinarrats ein Einleitungsbeschluss gefasst.

Mit am 5. Oktober 2022 beim Disziplinarrat eingelangten Schriftsatz lehnt der Disziplinarbeschuldigte ua den Präsidenten wegen Ausgeschlossenheit ab. Neben allgemeinen Ausführungen über das Wesen des Disziplinarverfahrens und die Rechtsprechung zur „Anscheinsbefangenheit“ macht der Disziplinarbeschuldigte schließlich geltend, er habe gegen sämtliche Kammerfunktionäre eine „standesrechtliche Untersuchung“ beantragt. Es bestehe der Verdacht, dass Kammerfunktionäre sich gegenseitig selbst schützten und „gezielt gegen den Disziplinarbeschuldigten vorgingen“. Auch strafrechtlich relevante Sachverhalte stünden im Raum. Der Anschein einer Befangenheit liege vor, wenn diejenigen Personen, gegen die Anzeigen eingebracht worden seien, schlussendlich als Entscheidungsträger in den gegen den Disziplinarbeschuldigten geführten Verfahren fungierten.

Der abgelehnte Vorsitzende erklärte sich in seiner Stellungnahme für nicht befangen. Abgesehen von einer vom Kammeranwalt 2016 zurückgelegten Anzeige, die mit dem Disziplinarbeschuldigten in keinem Zusammenhang stehe, seien weder ihm noch dem Kammeramtsdirektor und dem Kammeranwalt derartige Anzeigen bekannt.

Der Ablehnungsantrag, über den hinsichtlich der Verfahren AZ D 9/21, D 10/21 und D 11/21 gemäß § 26 Abs 5 Satz 2 DSt die Präsidentin des Obersten Gerichtshofs zu entscheiden hat, ist unberechtigt.

Wenngleich zur Annahme einer Befangenheit grundsätzlich schon der Anschein genügt, der betreffende Richter (das Organ des Disziplinarrats) könnte an die von ihm zu entscheidende Sache nicht mit voller Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit herantreten, so setzt ein solcher Anschein nach ständiger Rechtsprechung jedenfalls voraus, dass konkrete Umstände dargetan werden, die aus der Sicht eines objektiven Beurteilers bei diesem den Eindruck erwecken, der Abgelehnte könnte sich aus persönlichen Gründen bei seiner Entscheidung von anderen als sachlichen Erwägungen leiten lassen; auf eine bloß subjektive Besorgnis einer Befangenheit kann ein Ablehnungsantrag nicht mit Erfolg gestützt werden (RS0056962).

Derartige konkrete Umstände zeigt der Disziplinarbeschuldigte nicht auf. Er behauptet gar nicht, dass gegen den abgelehnten Vorsitzenden des Disziplinarrats –der das verneint – wegen einer von ihm erstatteten Anzeige ein Verfahren anhängig ist. Auch die mit dem Antrag vorgelegten Urkunden bescheinigen derartige Anzeigen nicht. Davon abgesehen kann von einem Richter (einem Organ des Disziplinarrats) erwartet werden, dass er auch dann unbefangen entscheidet, wenn eine Partei gegen ihn Klagen, Aufsichtsbeschwerden oder Strafanzeigen erstattet (RIS‑Justiz RS0045970; 8 Ob 143/12f). Andernfalls hätte es jede Partei in der Hand, durch Erstattung von Anzeigen einen ihr missliebigen gesetzlichen Richter an der weiteren Ausübung seines Amtes zu hindern (vgl RS0109379; 7 Ob 252/07w).

Stichworte