OGH 7Ob148/22y

OGH7Ob148/22y9.11.2022

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Solé als Vorsitzende unddie Hofrätinnen und Hofräte Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich, Dr. Weber und Mag. Fitz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C*, vertreten durch Vogl Rechtsanwalt GmbH in Feldkirch, gegen die beklagte Partei U* Versicherungen AG, *, vertreten durch Dr. Bertram Grass und Mag. Christoph Dorner, Rechtsanwälte in Bregenz, wegen 98.265,78 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 25. Juli 2022, GZ 4 R 53/22h‑29 (in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses ON 36), in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0070OB00148.22Y.1109.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Die Klägerin ist Landwirtin. Sie schloss mit der Beklagten eine Feuerversicherung ihrer landwirtschaftlichen Gebäude ab, die gemäß der Versicherungspolizze sämtliche wohn‑ und landwirtschaftliche Gebäude mit Fundamenten, Grund‑ und Kellermauern; landwirtschaftliches Inventar und Ernte sowie Früchte umfasst. Dem Versicherungsvertrag liegen die Hof &Ernten KLIPP&KLAR Bedingungen für die Einbruchsdiebstahl‑, Feuer‑, Leitungswasser‑ und Sturmversicherung in der Fassung 8/2010 (LAEFLS F622) zugrunde. Sie lauten auszugsweise:

Was ist versichert? – Artikel 1

[...]

2. Grunddeckung

Im Rahmen der Grunddeckung sind versichert:

2.1. Gebäude

Sämtliche in der Polizze angegebenen Gebäude [...]

im Rahmen der Höchsthaftungssumme für die Feuer‑ Grunddeckung

‑ Stützmauern, Terrassen, Schwimmbecken einschließlich der dazugehörigen Dusche,

‑ Carports, Pavillons, Pergolen, Firmenschilder, Reklameanlagen, Laternen, Fahnenstangen,

‑ Schwimmbadabdeckung einschließlich der dazu gehörigen Tragekonstruktion,

‑ Quellenfassungen,

‑ S ilos.

[...]

mitversichert sind:

‑ die unter Erdniveau befindlichen Fundamente oder Grund‑ und Kellermauern

sowie, wenn sie nicht betrieblichen – ausgenommen landwirtschaftlichen – Zwecken dienen

‑ Elektro‑ und Gasinstallationen samt dazugehörigen Messgeräten,

‑ Wasserver‑ und Entsorgungsanlagen samt dazugehörigen Messgeräten,

‑ Erdkabel und Hauswasserpumpen,

‑  Beheizungs‑, Sanitär‑ und Blitzschutzanlagen,

‑ Aufzüge,

‑ elektromechanisch betriebe ne und/oder elektrisch beheizte Tore (in den Einfriedungen auch Schranken) samt ihren Betätigungs- und/oder Heizelementen,

‑ Markisen und Außenjalousien,

‑ Antennen und Solaranlagen – auch freistehend,

‑ Fotovoltaikanlagen, ausschließlich für den eigenen Verbrauch,

‑ Erdwärmepumpen inkl. Kollektoren im Freien,

‑ befestigte Bauteile, die innen oder außen fix mit den Gebäuden verankert sind.

[…]

Die Leistung der Versicherung – Artikel 7

[…]

2. Wir ersetzen

[...]

Außerdem ersetzen wir nach einem ersatzpflichtigen Schaden:

Im Rahmen der Höchsthaftungssumme für die Grunddeckung

[...]

‑ Mehrkosten für bauliche Verbesserungen bis 3.700 EUR auf 'Erstes Risiko'

Das sind Kosten, die sich anlässlich der Wiederherstellung von Gebäuden nach einem versicherten Schadenereignis gemäß Art 3 daraus ergeben, dass aufgrund geänderter gesetzlicher, baupolizeilicher, feuerpolizeilicher oder technischer Vorschriften, Anlageteile gänzlich oder teilweise erneuert oder zusätzlich hergestellt werden müssen.“

[2] Am 24. 8. 2017 kam es durch einen Blitzeinschlag zur Entzündung des Stallgebäudes der Klägerin, wodurch Gebäude und Inventar beschädigt bzw zerstört wurden.

[3] Gegenstand des Revisionsverfahrens sind im Rahmen der Neuherstellung angefallene Kosten für Asphaltierungsarbeiten von Grundflächen, die an das Gebäude angrenzen und Kosten für technische Verbesserungen des Gebäudes.

Rechtliche Beurteilung

[4] Die Revision ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSv § 502 Abs 1 ZPO unzulässig:

[5] 1. Der Oberste Gerichtshof ist zur Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht jedenfalls, sondern nur dann berufen, wenn die zweite Instanz Grundsätze höchstgerichtlicher Rechtsprechung missachtete oder für die Rechtseinheit und Rechtsentwicklung bedeutsame Fragen zu lösen sind (RS0121516). Dass die Auslegung von Versicherungsbedingungen, zu denen nicht bereits höchstgerichtliche Judikatur existiert, im Hinblick darauf, dass sie in aller Regel einen größeren Personenkreis betreffen, grundsätzlich revisibel ist, gilt nach ständiger Rechtsprechung dann nicht, wenn der Wortlaut der betreffenden Bestimmung so eindeutig ist, dass keine Auslegungszweifel verbleiben können (RS0121516 [T6]; 7 Ob 204/20f; 7 Ob 191/21w). Ein solcher Fall liegt hier vor:

[6] 2.1. Unter Zugrundelegung des Gebäudebegriffs in den Versichungsbedingungen ist die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass der Begriff „Asphaltflächen“ nicht unter den Gebäudebegriff fällt und von den ausdrücklich aufgezählten mitversicherten Gebäudeteilen nicht umfasst ist, wovon ein durchschnittlich verständiger Versicherungsnehmer auch nicht ausgehen könne, nicht korrekturbedürftig.

[7] 2.2. Auch die Beurteilung, dass die nach den Feststellungen aufgrund behördlicher Vorschriften im Rahmen der Neuherstellung erforderliche Blitzschutzanlage unter „Mehrkosten für bauliche Verbesserungen“ fällt, die nach den Versicherungsbedingungen bis zu einem Betrag von 3.700 EUR auf erstes Risiko zu ersetzen sind, ist nicht zu beanstanden. Entgegen der Ansicht der Klägerin greift diese Bedingung nicht erst nach Erreichen der Höchsthaftungssumme, sondern gilt nach dem eindeutigen Wortlaut der Bedingungen im Rahmen der Höchsthaftungssumme für die Grunddeckung.

[8] 3. Die in der Revision weiters angesprochene Frage der wirksamen und rechtsverbindlichen Einleitung eines Sachverständigenverfahrens (§ 64 Abs 1 VersVG) kann dahinstehen, weil die Frage, ob überhaupt ein Versicherungsfall vorliegt, von der Kompetenz eines Schiedsgutachterverfahrens nach § 64 VersVG grundsätzlich nicht umfasst ist (RS0080449). Dieser Rechtsfrage fehlt es damit an der geforderten Präjudizialität (RS0088931).

[9] 4. Dieser Beschluss bedarf keiner weiteren Begründung (§ 510 Abs 3 ZPO).

[10] 5. Die Revision war daher spruchgemäß zurückzuweisen.

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