European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0020OB00154.22V.0927.000
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Maßgeblich für die Auslegung einer letztwilligen Verfügung ist nach § 553 ABGB in der hier anzuwendenden Fassung des ErbRÄG 2015 (§ 1503 Abs 7 Z 1 und 2 ABGB) der wahre Wille des Erblassers (RS0012238 [T2]) im Zeitpunkt der Verfügung (RS0012238 [T9]), der in ihrem Wortlaut zumindest angedeutet sein muss (vgl zur „Andeutungstheorie“: RS0012372). Die Auslegung soll dabei so erfolgen, dass der vom Erblasser angestrebte Erfolg eintritt (vgl RS0012370). Bekämpft der Rechtsmittelwerber – wie im vorliegenden Fall – die Entscheidungen der Vorinstanzen lediglich mit Argumenten aus dem Testamentsinhalt, wendet sich aber nicht gegen die getroffenen Feststellungen, ist die Auslegung eine bloße Rechtsfrage (RS0043463 [T16]), deren Lösung von den Umständen des Einzelfalls abhängt. Ihr kommt daher regelmäßig keine erhebliche Bedeutung iSd § 62 Abs 1 AußStrG zu (RS0043463 [T12]).
[2] 2. Wenn die Vorinstanzen angesichts des klaren Wortlauts der letztwilligen Verfügung und des Fehlens konkreter Anhaltspunkte für einen vom Wortlaut abweichenden Willen der Erblasserin davon ausgingen, dass die Zweitantragstellerin nur dann als (Ersatz‑)Erbin zum Zug kommen sollte, wenn die Erblasserin und ihr Ehemann gleichzeitig versterben, stellt dies keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung dar.
[3] Auch wenn man die für die Ersatzerbschaft letztwillig verfügte Voraussetzung des „gleichzeitigen“ Ablebens nicht restriktiv, sondern dahin verstünde, dass die Erblasserin Ersatzerben auch für den Fall bestellen wollte, dass ihr als Vorerbe vorgesehener Ehegatte den Erbfall nicht erleben sollte (vgl 9 Ob 61/00m), wäre für sie nichts gewonnen, weil auch diese Konstellation nicht vorliegt.
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