OGH 2Ob154/22v

OGH2Ob154/22v27.9.2022

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Grohmann als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Nowotny, Hon.‑Prof. PD Dr. Rassi, MMag. Sloboda und Dr. Kikinger als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der am * 2020 verstorbenen B*, wegen Feststellung des Erbrechts zwischen 1. Verlassenschaft nach dem am * 2021 verstorbenen D*, vertreten durch den Verlassenschaftskurator Mag. Johannes Diwald, dieser verteten durch PLOIL BOESCH Rechtsanwälte GmbH in Wien, 2. K*, vertreten durch Mag. Julia Karall, Rechtsanwältin in Wiener Neustadt und 3. Ö*, vertreten durch Dr. Wolfgang Wiedner, Rechtsanwalt in Wien, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Zweitantragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 11. Juli 2022, GZ 43 R 50/22d‑78, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0020OB00154.22V.0927.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Begründung:
Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Maßgeblich für die Auslegung einer letztwilligen Verfügung ist nach § 553 ABGB in der hier anzuwendenden Fassung des ErbRÄG 2015 (§ 1503 Abs 7 Z 1 und 2 ABGB) der wahre Wille des Erblassers (RS0012238 [T2]) im Zeitpunkt der Verfügung (RS0012238 [T9]), der in ihrem Wortlaut zumindest angedeutet sein muss (vgl zur „Andeutungstheorie“: RS0012372). Die Auslegung soll dabei so erfolgen, dass der vom Erblasser angestrebte Erfolg eintritt (vgl RS0012370). Bekämpft der Rechtsmittelwerber – wie im vorliegenden Fall – die Entscheidungen der Vorinstanzen lediglich mit Argumenten aus dem Testamentsinhalt, wendet sich aber nicht gegen die getroffenen Feststellungen, ist die Auslegung eine bloße Rechtsfrage (RS0043463 [T16]), deren Lösung von den Umständen des Einzelfalls abhängt. Ihr kommt daher regelmäßig keine erhebliche Bedeutung iSd § 62 Abs 1 AußStrG zu (RS0043463 [T12]).

[2] 2. Wenn die Vorinstanzen angesichts des klaren Wortlauts der letztwilligen Verfügung und des Fehlens konkreter Anhaltspunkte für einen vom Wortlaut abweichenden Willen der Erblasserin davon ausgingen, dass die Zweitantragstellerin nur dann als (Ersatz‑)Erbin zum Zug kommen sollte, wenn die Erblasserin und ihr Ehemann gleichzeitig versterben, stellt dies keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung dar.

[3] Auch wenn man die für die Ersatzerbschaft letztwillig verfügte Voraussetzung des „gleichzeitigen“ Ablebens nicht restriktiv, sondern dahin verstünde, dass die Erblasserin Ersatzerben auch für den Fall bestellen wollte, dass ihr als Vorerbe vorgesehener Ehegatte den Erbfall nicht erleben sollte (vgl 9 Ob 61/00m), wäre für sie nichts gewonnen, weil auch diese Konstellation nicht vorliegt.

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