OGH 1Ob139/22f

OGH1Ob139/22f14.9.2022

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Wessely‑Kristöfel und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Familienrechtssache des Antragstellers L*, vertreten durch Mag. Ing. Peter Huber, Rechtsanwalt in Hallein, gegen die Antragsgegnerin K*, vertreten durch Mag. Dr. Silvia Maus, Rechtsanwältin in Salzburg, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 9. Juni 2022, GZ 21 R 39/22i‑71, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0010OB00139.22F.0914.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten seiner Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.

 

Begründung:

[1] Das Erstgericht bewilligte die grundbücherliche Abschreibung jenes im gemeinsamen Eigentum der Ehegatten stehenden Grundstücks(‑teils), auf dem sich das Einfamilienhaus mit der ehemaligen Ehewohnung befindet. Es ordnete dessen Übertragung in das Alleineigentum des Mannes an, der die Realteilung auf seine Kosten vorzunehmen und eine im Erdgeschoss gelegene selbständige Wohnung vom Rest des Hauses baulich zu trennen habe. Der Frau wurde an dieser Wohnung ein lebenslanges Wohnungsgebrauchsrecht eingeräumt. Für eine dem Mann zugewiesene Liegenschaft in Ungarn wurde er zu einer Ausgleichszahlung in Höhe von 15.000 EUR verpflichtet.

[2] Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

[3] Der außerordentliche Revisionsrekurs der Frau zeigt keine solche Rechtsfrage auf.

[4] 1. Gegenstand des Revisionsrekurses ist nur die Frage, wem der abzuschreibende Grundstücksteil mit dem Einfamilienhaus zukommen soll und ob bzw in welcher Höhe für diesen eine Ausgleichszahlung zu leisten ist.

[5] 2. Der Mann war vor Eheschließung Alleineigentümer des Grundstücks, auf dem das Haus mit der Ehewohnung errichtet wurde. Er schenkte der Frau den halben Miteigentumsanteil an diesem (damals unbebauten) Grundstück unter der aufschiebenden Bedingung der nachfolgenden Eheschließung.

[6] 3. Dass die Vorinstanzen den dem Mann verbliebenen Hälfteanteil am Grundstück(‑steil) mit dem Haus als von ihm in die Ehe eingebrachte Sache nicht in die Aufteilung einbezogen, begegnet im Hinblick auf § 81 Abs 1 Z 1 EheG keinen Bedenken. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass durch die Fertigstellung des Hauses während der Ehe eine den bloßen Grundwert erheblich überwiegende Wertschöpfung des Grundstücks erzielt worden und dieses in die Aufteilung einzubeziehen gewesen wäre (RS0057681), liegen nicht vor.

[7] 4. Hinsichtlich des vom Mann der Frau geschenkten Miteigentumsanteils am Grundstück mit dem Haus wandte das Rekursgericht zutreffend die Rechtsprechung an, wonach der Gegenstand einer Schenkung dem schenkenden Ehegatten grundsätzlich – soweit der beschenkte Ehegatte nicht behauptet und beweist, dass ausnahmsweise eine Schenkung aus vom Bestand der Ehe unabhängiger Freigiebigkeit vorliegt – ohne Wertausgleich zurückzustellen ist (RS0113358 [T4, T5]; RS0115775 [T2]; vgl auch RS0033063 [T1]). Dass die Schenkung hier im Vertrauen auf den Fortbestand der Ehe erfolgte, ergibt sich schon daraus, dass sie unter der aufschiebenden Bedingung der Eheschließung vereinbart wurde. Warum die Rückübertragung des geschenkten Miteigentumsanteils an den Mann daran scheitern soll, dass dieser durch Fertigstellung des Hauses während der Ehe eine erhebliche Wertsteigerung erfahren habe, ist nicht ersichtlich. Eine solche (zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz noch vorhandene) Wertsteigerung ist bei der Aufteilung nur wertmäßig zu berücksichtigen (RS0115775 [T2]; RS0113358 [T3, T4]), was hier durch Einräumung des Wohnrechts, ohnehin erfolgt ist (unten 6.). Dass die Vorinstanzen die gesamte durch den vor Eheschließung begonnenen Hausbau bewirkte Wertsteigerung des Grundstücks der Aufteilungsmasse zurechneten, kommt ohnehin der Frau zugute.

[8] 5. Dass sich die Frau eine Ausgleichszahlung für den Grundstücksteil mit dem Haus leisten könnte, widerspricht den erstinstanzlichen Feststellungen. Es kommt darauf auch nicht an, weil eine Übertragung des Miteigentumsanteils des Mannes an sie schon daran scheitert, dass dieser als in die Ehe eingebrachte Sache nicht der Aufteilung unterliegt, und die Frau den ihr geschenkten Anteil an den Mann zurückzuübertragen hat.

[9] 6. Hilfsweise strebt die Revisionsrekurswerberin für den Grundstücksanteil mit dem Haus für die während der Ehe durch den Hausbau eingetretene Wertsteigerung eine weitere Ausgleichszahlung von 20.000 EUR an. Dem ist jedoch entgegegenzuhalten, dass der Gebäudewert zum maßgeblichen Bewertungsstichtag rund 110.000 EUR betrug. Unter Zugrundelegung einer (unbestrittenen) 50%igen Aufteilungsquote – sowie unter der Voraussetzung, dass die Wertsteigerung zur Gänze durch eheliche Beiträge erwirtschaftet worden wäre – stünde der Frau daran ein Anteil von 55.000 EUR zu. Dem ist der Wert des ihr eingeräumten Wohnungsgebrauchsrechts gegenüberzustellen, der von ihr mit rund 54.000 EUR angegeben wird. Berücksichtigt man auch die vom Mann zu tragenden Kosten für die Realteilung des Grundstücks sowie für die bauliche Abtrennung der Wohnung der Frau, begegnet es keinen Bedenken, dass die Vorinstanzen den Mann zu keiner weiteren Ausgleichszahlung verpflichteten.

[10] 7. Der Antragsteller hat die Kosten seiner Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen, weil der von ihm vor Freistellung gemäß § 71 Abs 2 AußStrG eingebrachte Schriftsatz nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung diente (§ 508a Abs 2 ZPO analog; RS0124792).

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