European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0140NS00069.22S.0906.000
Spruch:
Die Sache wird dem Oberlandesgericht Linz zur Zuweisung an das zuständige Gericht übermittelt.
Gründe:
[1] Mit beim Landesgericht Innsbruck eingebrachter Anklageschrift vom 22. Juli 2022, AZ 5 St 70/21v (ON 96), legt die Staatsanwaltschaft Innsbruck * K* dem Verbrechen des gewerbsmäßig und im Rahmen einer kriminellen Vereinigung begangenen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, § 129 Abs 1 Z 1, § 130 Abs 2 erster und zweiter Fall (iVm Abs 1 erster und zweiter Fall), § 15 StGB subsumierte Taten zur Last.
[2] Danach habe er als Mitglied einer kriminellen Vereinigung unter Mitwirkung (§ 12 StGB) anderer Mitglieder dieser Vereinigung, nämlich im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit * P* und unbekannten Tätern, fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 Euro übersteigenden Wert durch Einbruch gewerbsmäßig mit dem Vorsatz weggenommen (2./ und 5./) und wegzunehmen versucht (1./, 3./ und 4./), sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar
1./ am 2. Dezember 2020 in L* Gewahrsamsträgern des Fahrradgeschäfts „R*“ durch Abdrehen des Schließzylinders eines Seiteneingangs des Geschäfts und Schieben des Innenteils des Schlosses in das Rauminnere hochpreisige Fahrräder, wobei die Tat beim Versuch blieb;
2./ am 3. Dezember 2020 in L* Gewahsamsträgern des Fahrradgeschäfts „R*“ durch Aufzwängen der Haupteingangstüre des Geschäfts mit Körperkraft sowie einem unbekannten Gegenstand Bargeld in unerhobener Höhe und „vorzufindende hochpreisige Fahrräder“;
3./ am 7. Dezember 2020 in T* Gewahrsamsträgern des Fahrradgeschäfts „W*“ durch Aufbrechen eines Kunststoffrahmenfensters des Geschäfts mit einem Flachwerkzeug hochpreisige Fahrräder, wobei die Tat beim Versuch blieb;
4./ am 8. Dezember 2020 in S* Gewahrsamsträgern des Fahrradgeschäfts „Ra*“ durch Entfernen eines eingeschobenen Fensters und Einsteigen in das Objekt durch dieses hochpreisige Fahrräder, wobei die Tat beim Versuch blieb;
5./ zwischen 9. und 10. Dezember 2020 in R* Gewahrsamsträgern des Fahrradgeschäfts „T*“ durch Abdrehen eines Schließzylinders einer auf der Rückseite des Objekts befindlichen Werkstatttür mittels „Ziehfix“ 43 Fahrräder im Gesamtwert von 174.879,03 Euro.
[3] Die Annahme der örtlichen Zuständigkeit des Landesgerichts Innsbruck wurde in der Anklageschrift nicht begründet.
[4] Der Angeklagte verzichtete auf einen Einspruch gegen die Anklageschrift.
Rechtliche Beurteilung
[5] Die Akten wurden von der Vorsitzenden des Schöffengerichts (ON 100) wegen Bedenken gegen die örtliche Zuständigkeit des Landesgerichts Innsbruck gemäß § 213 Abs 6 zweiter Satz StPO dem Oberlandesgericht Innsbruck und von diesem – weil es für möglich hielt, dass ein im Sprengel eines anderen Oberlandesgerichts liegendes Gericht zuständig sei – nach Verneinen des Bestehens eines der in § 212 Z 1 bis 4 StPO genannten Gründe (vgl RIS‑Justiz RS0124585) gemäß § 215 Abs 4 zweiter Satz StPO dem Obersten Gerichtshof vorgelegt.
Der Oberste Gerichtshof hat erwogen:
[6] Gemäß § 36 Abs 3 erster Satz StPO ist für das Hauptverfahren das Gericht zuständig, in dessen Sprengel die Straftat ausgeführt wurde oder ausgeführt werden sollte.
[7] Wird eine Person (wie hier) wegen mehrerer Straftaten angeklagt, ist das Hauptverfahren vom selben Gericht gemeinsam zu führen (§ 37 Abs 1 erster Satz StPO). Dabei ist (soweit gegenständlich relevant) unter Gerichten verschiedener Ordnung das höhere zur Führung aller Verfahren zuständig (§ 37 Abs 2 erster Satz StPO).
[8] Im Fall einer Subsumtionseinheit (hier: nach § 29 StGB) ist die örtliche Zuständigkeit hinsichtlich jeder der zusammenzufassenden Straftaten nach den Kriterien des § 36 Abs 3 StPO zu ermitteln. Begründet (für sich betrachtet) eine einzige davon die sachliche Zuständigkeit eines höherrangigen Gerichts, ist dieses zur gemeinsamen Verfahrensführung zuständig (vgl RIS‑Justiz RS0131445; Oshidari, WK-StPO § 37 Rz 5/1).
[9] Gemäß § 31 Abs 3 Z 6a StPO kommt dem Landesgericht als Schöffengericht das Hauptverfahren (unter anderem) wegen des Vergehens des schweren Diebstahls (§ 128 Abs 1 Z 5 StGB) und des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Diebstahls (§ 130 Abs 2 erster Fall StGB) bei einem 50.000 Euro übersteigenden Schaden zu.
[10] Da die Anklageschrift (nur) zu 5./ einen diesen Betrag übersteigenden Wert inkriminiert, ist jenes Landesgericht zur (gemeinsamen) Verfahrensführung zuständig, in dessen Sprengel die zu 5./ dargestellte Tat ausgeführt wurde.
[11] Demnach wäre nach der Aktenlage (zum Bezugspunkt der Zuständigkeitsprüfung vgl RIS‑Justiz RS0131309 [T3]) das Landesgericht Salzburg zur Führung des Hauptverfahrens zuständig.
[12] Die Strafsache war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – dem Oberlandesgericht Linz zur Zuweisung an das zuständige Landesgericht zu übermitteln.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)