OGH 15Os53/22s

OGH15Os53/22s27.7.2022

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Juli 2022 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart der Mag. Marko, BA, BA, als Schriftführerin in der Strafsache gegen * H* wegen des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach §§ 15, 84 Abs 4 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 9. März 2022, GZ 20 Hv 43/20i‑170, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0150OS00053.22S.0727.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * H* der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (a./ und b./) sowie des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach §§ 15, 84 Abs 4 StGB (c./) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er am 26. Oktober 2019 in K*

a./ * P* vorsätzlich am Körper verletzt, indem er ihm einen gezielten Kopfstoß in das Gesicht versetzte, wodurch dieser eine Schwellung an der Nase erlitt;

b./ * K* vorsätzlich am Körper verletzt, indem er ihm einen Schlag gegen die linke Gesichtshälfte versetzte, wodurch dieser ein Monokelhämatom am linken Auge erlitt;

c./ * K* vorsätzlich eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB) zuzufügen versucht, indem er ihm mit einer gläsernen Wodkaflasche einen Schlag in das Gesicht versetzte, wodurch die Flasche zerbrach und K* ein Monokelhämatom am rechten Auge sowie zahlreiche Schnittwunden im Bereich der Augenbraue, unterhalb des Auges und an der Nase erlitt.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

[4] In der Hauptverhandlung am 7. Juni 2021 teilte der Vorsitzende des Schöffengerichts dem Angeklagten mit, dass das Verfahren gegen ihn vorläufig eingestellt werde, wenn er sich bereit erkläre, gemeinnützige Leistungen im Ausmaß von 160 Stunden zu erbringen und Pauschalkosten von 50 Euro zu zahlen (§§ 199, 201 Abs 4 StPO). Der Angeklagte stimmte der „angebotenen Diversion“ zu. Die Staatsanwaltschaft äußerte sich dazu nicht (ON 111 S 23).

[5] Der Angeklagte erbrachte sodann im Zeitraum von 2. August 2021 bis 26. November 2021 die gemeinnützigen Leistungen im vorgegebenen Ausmaß im Pflegeheim * (US 6 iVm ON 128, 129 und 158).

[6] Mit Beschluss vom 22. September 2021 (ON 138) stellte das Landesgericht Feldkirch das Verfahren gegen den Angeklagten gemäß §§ 199, 201 Abs 1 StPO vorläufig ein.

[7] Der gegen diesen Beschluss gerichteten Beschwerde der Staatsanwaltschaft gab das Oberlandesgericht Innsbruck mit Beschluss vom 18. November 2021, AZ 7 Bs 256/21m (ON 155), Folge, hob den angefochtenen Beschluss auf und ordnete die Fortsetzung des Verfahrens an.

[8] Mit der Sanktionsrüge (Z 11) releviert der Beschwerdeführer – an sich zutreffend –, dass dem in der Folge ergangenen Urteil nicht zu entnehmen sei, in welchem Umfang die vom Angeklagten erbrachten gemeinnützigen Leistungen von 160 Stunden auf die verhängte Strafe angerechnet würden.

[9] Denn im Rahmen einer gescheiterten Diversion erbrachte Leistungen sind angemessen auf die verhängte Strafe anzurechnen (§ 205 Abs 5 vierter und fünfter Satz StPO); diese Anrechnung ist Teil des Strafausspruchs des Urteils (§ 260 Abs 1 Z 3 StPO; RIS‑Justiz RS0130516; Schroll/Kert, WK‑StPO § 205 Rz 12/3, 16; vgl auch Lendl, WK-StPO § 260 Rz 34).

[10] Indem die Beschwerde dieses Unterbleiben einer ziffernmäßigen Anrechnung (vgl US 2, 6) kritisiert, zeigt sie allerdings weder ein Überschreiten der Strafbefugnis (Z 11 erster Fall) noch eine offenbar unrichtige Beurteilung von für die Strafbemessung in Anschlag gebrachten Tatsachen (Z 11 zweiter Fall; RIS‑Justiz RS0116960) oder einen unvertretbaren Verstoß gegen Bestimmungen über die Strafbemessung (Z 11 dritter Fall) auf, sondern erstattet lediglich ein Berufungsvorbringen (EBRV 25 BlgNR 22. GP  239; Fabrizy/Kirchbacher, StPO14 § 205 Rz 7; Birklbauer/Schmid in LiK‑StPO § 205 Rz 49).

[11] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

[12] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte