OGH 3Ob109/22h

OGH3Ob109/22h20.7.2022

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun‑Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ö* Aktiengesellschaft, *, vertreten durch Dr. Alfred Hawel und andere Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei E*gesellschaft mbH *, vertreten durch Saxinger, Chalupsky & Partner Rechtsanwälte GmbH in Linz, wegen Feststellung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 6. April 2022, GZ 2 R 31/22z‑13, womit das Urteil des Landesgerichts Linz vom 17. Dezember 2021, GZ 29 Cg 19/21x‑9, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0030OB00109.22H.0720.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.234,70 EUR (hierin enthalten 372,45 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

[1] Das Berufungsgericht bestätigte die Abweisung des Feststellungsbegehrens, wonach die auf einer näher bezeichneten Liegenschaft der Klägerin errichteten Gebäude (Wohn‑ und Geschäftshaus sowie Garagenanlage) nicht im Eigentum der Beklagten stünden. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteigt, und ließ die Revision zu, weil gesicherte höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage der Konversion des von den Parteien gewollten, jedoch mangels bücherlicher Eintragung nicht entstandenen Baurechts in ein Superädifikat fehle.

[2] Die Revision der Klägerin ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch des Berufungsgerichts mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig. Die Zurückweisung eines ordentlichen Rechtsmittels wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).

Rechtliche Beurteilung

[3] 1. Die Klägerin zieht die Rechtsansicht der Vorinstanzen, wonach die Voraussetzungen für das Entstehen eines Superädifikats grundsätzlich gegeben gewesen seien, nicht in Zweifel, was vom Senat folglich nicht zu prüfen ist. Die Klägerin wendet sich ausschließlich gegen die Annahme einer Konversion des Baurechts in ein Superädifikat wegen angeblich daraus resultierender Verschlechterung der Rechtslage für die Beklagte.

[4] 2. Ist ein Rechtsgeschäft so, wie es nach seinem Inhalt gelten sollte, wegen Fehlens der gesetzlichen Erfordernisse oder wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig, entspricht es aber zugleich den gesetzlichen Erfordernissen einer anderen rechtsgeschäftlichen Regelung, dann kann es im Wege der „Konversion“ in dieses andere Rechtsgeschäft „umgedeutet“ werden, wenn anzunehmen ist, dass dessen Geltung bei Kenntnis der Nichtigkeit gewollt wäre (RS0017372). Kann angenommen werden, dass ein solches Geschäft dem von den Parteien ins Auge gefassten Zweck eher entspricht als seine Nichtigkeit, so darf es „umgedeutet“ werden. Es ist als jenes Geschäft anzusehen, dessen Voraussetzungen es erfüllt. Der hypothetische Parteiwille muss das Ergebnis der Umdeutung decken und die Rechtsfolgen für die Parteien dürfen nach der Umdeutung nicht ungünstiger werden, als sie es bei Wirksamkeit des nichtigen Geschäfts gewesen wären (7 Ob 210/03p mwN). Ob die Voraussetzungen einer solchen „Konversion“ vorliegen, kann naturgemäß stets nur anhand der Umstände des konkreten Einzelfalls beurteilt werden.

[5] 3. Nach den Feststellungen haben die (Rechtsvorgänger der) Parteien hinsichtlich mehrerer Liegenschaften der Klägerin ein Baurecht für die Beklagte vereinbart, ua vor Beginn der Errichtung des Wohn‑ und Geschäftshauses und in der Folge einer Garagenanlage auf der betreffenden Liegenschaft der Klägerin durch die Beklagte; insoweit unterblieb die Verbücherung des Baurechts. Dennoch wurden die „nicht eingetragenen Baurechte“ von den Parteien in der Folge jedenfalls bis Anfang 2020 wie die eingetragenen Baurechte behandelt. Die Kosten für die Erhaltung der Gebäude wurden seit ihrer Errichtung von der (Rechtsvorgängerin der) Beklagten getragen, die auch die Mieten vorschrieb und einnahm. Die Klägerin nahm jedoch ein „Einweisungsrecht“ in Mietgegenstände im Haus wahr und gewährte der Beklagten bzw ihrer Rechtsvorgängerin Darlehen zu einem geringeren als dem marktüblichen Zinssatz, um im Gegenzug ihren Mitarbeitern günstige Wohnungen anbieten zu können. Ausgehend davon stellt die vom Berufungsgericht vorgenommene Umdeutung des von den Parteien gewollten Baurechts in ein Superädifikat keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung dar. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist mit dieser Umdeutung keine Verschlechterung der Rechtsposition der Beklagten – eine solche der Klägerin behauptet sie ohnehin nicht – verbunden, weil der Wirksamkeit der getroffenen Vereinbarung über die Höhe der anlässlich des „Heimfalls“ der Bauwerke an die Klägerin von dieser an die Beklagte zu leistenden Entschädigung auch unter Annahme des Vorliegens von Superädifikaten keine gesetzliche Regelung entgegensteht.

[6] 4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

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