OGH 5Ob45/22m

OGH5Ob45/22m29.6.2022

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun‑Mohr und den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. B* L*, 2. Mag. A* F*, 3. T* K*, 4. Dr. P* K*, 5. M* B*, 6. J* T*, 7. Elvira H*, alle vertreten durch Mag. Hubertus Rohracher und andere Rechtsanwälte in Kitzbühel, gegen die beklagte Partei R* H*, vertreten durch die CHG Czernich Haidlen Gast & Partner Rechtsanwälte GmbH in Innsbruck, wegen Ausschließung eines Wohnungseigentümers (§ 36 WEG), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 25. Jänner 2022, GZ 5 R 158/21b‑41, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0050OB00045.22M.0629.000

 

Spruch:

I. Der Schriftsatz der beklagten Partei vom 23. 3. 2022 wird zurückgewiesen.

II. Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] I. Jeder Partei steht nur eine einzige Rechtsmittelschrift oder Rechtsmittelgegenschrift zu. Weitere Nachträge oder Ergänzungen sind unzulässig. Der nach Erhebung der Revision eingebrachte Schriftsatz des Beklagten vom 23. 3. 2022 ist daher zurückzuweisen (RIS‑Justiz RS0041666; RS0100170 [T2]).

[2] II. Die Vorinstanzen gaben dem Klagebegehren der Mehrheit der übrigen Wohnungseigentümer, den Beklagten gemäß § 36 WEG aus der Gemeinschaft auszuschließen, übereinstimmend statt.

[3] Die Beurteilung, ob ein Wohnungseigentümer einen die Interessen der übrigen Wohnungseigentümer empfindlich schädigenden Gebrauch iSd § 36 Abs 1 Z 2 WEG macht und/oder ob es sich bei einem konkreten Verhalten des Wohnungseigentümers um ein unleidliches Verhalten mit dem Gewicht des Ausschlussgrundes des § 36 Abs 1 Z 3 WEG handelt, kommt keine erhebliche Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zu, weil eine Abwägung im Einzelfall vorzunehmen ist (RS0042984 [T13]; RS0042786; vgl RS0021018; RS0068103 [jeweils zum erheblich nachteiligen Gebrauch iSd § 30 Abs 2 Z 3 MRG und § 1118 ABGB]). Anderes gilt im Interesse der Rechtssicherheit nur dann, wenn eine auffallende Fehlbeurteilung vorliegt (RS0042984 [T5, T6, T8]).

[4] Eine solche vom Obersten Gerichtshof auch im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung zeigt der Beklagte in seiner außerordentlichen Revision nicht auf. Dessen Argumentation zur Begründung der Zulässigkeit der Revision konzentriert sich auf das nach den Feststellungen (bei weitem) nicht einzige, aber in der Beurteilung der Vorinstanzen zentrale Fehlverhalten des Beklagten im Zusammenhang mit dem von ihm baurechtlich konsenswidrig errichteten Balkon. Die dabei aufgeworfenen Rechtsfragen gehen allerdings an dem dem Beklagten von den Vorinstanzen zur Last gelegten Verhaltensvorwurf vorbei. Die Vorinstanzen sahen die von ihm zu verantwortende gravierende Beeinträchtigung der Interessen aller anderen Wohnungseigentümer nicht in der Tatsache, dass auch sie Adressaten des baubehördlichen Auftrags zum Rückbau des Balkons sind; sie lasteten dem Beklagten vielmehr an, dass er sich nicht nur weigerte, dem baubehördlichen Auftrag selbst nachzukommen, sondern aktiv verhinderte, dass die Wohnungseigentümer dies tun können, und er sie so der Gefahr verwaltungsrechtlicher Zwangsmaßnahmen aussetzt.

[5] Die außerordentliche Revision war somit mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Stichworte