OGH 3Ob87/22y

OGH3Ob87/22y22.6.2022

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun‑Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Dr. E*, 2. Dipl.‑Ing. E*, 3. Mag. E*, alle vertreten durch Dr. Peter-Leo Kirste, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei G*gesellschaft m.b.H., *, vertreten durch Dr. Klaus Plätzer, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Räumung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 29. März 2022, GZ 22 R 55/22z‑27, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0030OB00087.22Y.0622.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:
Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Die im Rechtsmittel als erheblich iSd § 502 Abs 1 ZPObezeichnete Rechtsfrage, ob das von der Beklagten gemietete Geschäftslokal aufgrund der behördlichen Betretungsverbote während der „Lockdowns“ zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie unbrauchbar iSd § 1105 ABGB war und ob bzw inwieweit ihr deshalb ein Mietzinsminderungsanspruch zustand, stellt sich hier nicht (mehr), weil die Beklagte sämtliche eingeklagte Mietzinse samt Zinsen vor Schluss der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz nachgezahlt hat.

[2] 2.1. Grobes Verschulden iSd § 33 Abs 2 iVm Abs 3 MRG setzt ein besonderes Maß an Sorglosigkeit voraus, sodass der Vorwurf berechtigt erscheint, der Mieter habe die Interessen des Vermieters aus Rechthaberei, Willkür, Leichtsinn oder Streitsucht verletzt (RS0069304). Grobes Verschulden ist etwa dann zu bejahen, wenn der Mieter den Mietzinsrückstand aus reiner Gleichgültigkeit entstehen ließ (vgl RS0069304 [T7]). Die Frage, ob den Mieter am Mietzinsrückstand ein grobes Verschulden trifft, ist jeweils von den Umständen des Einzelfalls abhängig (RS0042773 [T1]).

[3] 2.2. Die Beklagte hat das Mietobjekt, in dem eine Pizzeria betrieben wird, verpachtet und für sämtliche der Klage zugrunde liegenden Zeiträume mit Ausnahme des Monats April 2020 die vereinbarten Pachtzinse in voller Höhe erhalten; dennoch stellte sie sich nicht nur vor Klageeinbringung, sondern auch noch während des erstinstanzlichen Verfahrens auf den Standpunkt, dass ein Fall des § 1105 ABGB vorliege und sie daher überhaupt keinen Mietzins schulde; erst in der Folge räumte sie ein, dass ihre zuständige Mitarbeiterin den Eingang der Pachtzinse in den betreffenden Zeiträumen „übersehen“ habe, weshalb der offene Betrag nun nachbezahlt werde. Ausgehend von diesem Sachverhalt haben die Vorinstanzen, die ein grobes Verschulden der Beklagten am Zahlungsrückstand bejahten, ihren Beurteilungsspielraum nicht überschritten.

[4] 3. Die behauptete Aktenwidrigkeit wurde geprüft; sie liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Stichworte