OGH 6Ob173/21s

OGH6Ob173/21s22.6.2022

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Nowotny, Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer, Dr. Faber und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H* GmbH, *, vertreten durch Dr. Mathias Görg, LL.M., Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Marktgemeinde S*, vertreten durch Dr. Franz Nistelberger, Rechtsanwalt in Wien, wegen 2.853,30 EUR sA und Feststellung, über die Revision der beklagten Partei gegen den Beschluss und das Teilurteil des Landesgerichts Korneuburg als Berufungsgericht vom 22. Juni 2021, GZ 22 R 9/21k‑19, womit das Urteil des Bezirksgerichts Gänserndorf vom 22. Oktober 2020, GZ 4 C 76/20p‑15, teilweise aufgehoben und teilweise bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0060OB00173.21S.0622.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

 

1. Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

2. Der Revision wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Teilurteil dahin abgeändert, dass es zu lauten hat:

„Es wird mit Wirkung zwischen den Streitteilen festgestellt, dass hinsichtlich des zwischen ihnen auf unbestimmte Dauer abgeschlossenen Nutzungsvertrages vom 07.10./02.12.1998 (samt Nachträgen vom 09.08./04.07.2007 und 26.03./15.04.2014), einschließlich des Kündigungsverzichts der beklagten Partei für die Dauer von zuletzt 30 Jahren ab dem 04.09.2007, über die Nutzung der Liegenschaft KG *, EZ *, zwecks Errichtung und Betriebes eines Mobilfunkstandorts mit Antennentragemast durch die klagende Partei, der ein laufendes wertgesichertes Nutzungsentgelt – zahlbar vierteljährlich zum Quartalsersten – vorsieht, die bestehende Vereinbarung in dem Umfang unzulässig bzw. unwirksam ist, in welchem das von der klagenden Partei laut Vereinbarung für den Zeitraum vom 01. 12. 2018 bis zum 31. 10. 2021 zu zahlende Nutzungsentgelt insgesamt die der Wertminderung der genannten Liegenschaft entsprechende Abgeltung iSd § 5 Abs 7 TKG 2003 für den Zeitraum vom 01. 12. 2018 bis zum 31. 10. 2021 übersteigt.

Das Mehrbegehren, es werde mit Wirkung zwischen den Streitteilen festgestellt, dass hinsichtlich des genannten Nutzungsvertrags die bestehende Vereinbarung in dem Umfang unzulässig bzw. unwirksam sei, in welchem das von der klagenden Partei laut Vereinbarung für den Zeitraum ab dem 01. 11. 2021 bis zur erstmaligen Beendigungsmöglichkeit durch ordentliche Kündigung seitens der beklagten Partei zu zahlende Nutzungsentgelt insgesamt die der Wertminderung der genannten Liegenschaft entsprechende Abgeltung iSd § 5 Abs 7 TKG 2003 übersteigt, wird abgewiesen.

Die Kostenentscheidung wird der Endentscheidung vorbehalten.“

 

3. Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

 

Entscheidungsgründe:

[1] Die beklagte Gemeinde ist Eigentümerin eines als Grünland gewidmeten Grundstücks, das nicht dem Gemeingebrauch dient, sondern für landwirtschaftliche Zwecke genutzt wird, demnach kein öffentliches Gut iSd § 5 Abs 3 TKG 2003 darstellt. Die Klägerin ist Mobildienstleisterin und Bereitstellerin eines öffentlichen Kommunikationsnetzes iSd § 3 Z 2 und 17 TKG 2003. Am 7. 10./2. 12. 1998 räumte die Beklagte der Rechtsvorgängerin der Klägerin in einem Nutzungsvertrag auf unbestimmte Zeit das Recht ein, auf einer 96 m² großen Teilfläche dieses Grundstücks eine Funkübertragungsstelle samt Antennenanlage und allen sonstigen notwendigen technischen Anlagen zu errichten und zu betreiben. Es wurde für beide Vertragsparteien eine Kündigungsfrist von drei Monaten zum Ende des Kalendermonats vereinbart, die Beklagte verzichtete jedoch für die Dauer von 20 Jahren auf die Kündigung. Mit Nachtrag vom 9. 8./4. 9. 2007 gab sie erneut einen Kündigungsverzicht für 20 Jahre ab, der mit Nachtrag vom 26. 3./15. 4. 2014 um weitere zehn Jahre beginnend ab 4. 9. 2007 verlängert wurde. Die Beklagte kann das Nutzungsverhältnis daher frühestens per 4. 9. 2037 mit Kündigung auflösen. Die Vertragsparteien vereinbarten zunächst ein wertgesichertes Nutzungsentgelt von 36.000 ATS (2.610,53 EUR) jährlich, das zuletzt mit Nachtrag vom 26. 3./15. 4. 2014 auf 6.000 EUR jährlich angehoben wurde. Wertgesichert betrug das Nutzungsentgelt ab 1. 12. 2018 6.301,80 EUR jährlich.

[2] Die Klägerin begehrt nach Klageänderung 1. die Zahlung von 2.853,30 EUR samt Zinsen und 2.a) die Feststellung der Unzulässigkeit bzw der Unwirksamkeit des Nutzungsvertrags in dem Umfang, in welchem das laut Vereinbarung für den Zeitraum seit dem 1. 12. 2018 (in eventu: für den Zeitraum seit dem 1. 1. 2019) bis zur erstmaligen Beendigungsmöglichkeit durch ordentliche Kündigung seitens der Beklagten von der Klägerin zu zahlende Nutzungsentgelt insgesamt die der Wertminderung der Liegenschaft entsprechende Abgeltung iSd § 5 Abs 7 TKG 2003 übersteigt; wiederum hilfsweise: die Feststellung, wonach der Vereinbarung der Inhalt zukomme, dass an die Stelle des laut Vereinbarung für den Zeitraum seit dem 1. 12. 2018 (in eventu: für den Zeitraum seit dem 1. 1. 2019) bis zur erstmaligen Beendigungsmöglichkeit durch ordentliche Kündigung seitens der Beklagten von der Klägerin zu zahlenden Nutzungsentgelts die der Wertminderung der genannten Liegenschaft entsprechende Abgeltung iSd § 5 Abs 7 TKG 2003 trete; b) die Feststellung, wonach kein Recht der Beklagten bestehe, dass für den Zeitraum seit dem 1. 12. 2018 (in eventu: für den Zeitraum seit dem 1. 1. 2019) bis zur erstmaligen Beendigungsmöglichkeit durch ordentliche Kündigung seitens der Beklagten von der Klägerin insgesamt mehr als 8.700 EUR für eine solche Nutzung bezahlt werde.

[3] Am 1. 12. 2018 sei eine Novelle zum Telekommunikationsgesetz 2003 (BGBl I 78/2018) in Kraft getreten. § 5 Abs 7 TKG 2003 sehe nunmehr vor, dass dem Eigentümer einer ausschließlich im Eigentum einer Gebietskörperschaft stehenden und nicht öffentliches Gut darstellenden Liegenschaft, auf welcher ein Antennentragemast iSd § 3 Z 35 errichtet wurde, – ebenso wie für gesetzliche Leitungsrechte – (nur) eine der Wertminderung entsprechende Abgeltung zu leisten sei. Die Regelung basiere auf einer bewussten Wertungsentscheidung des Gesetzgebers; dessen Zielsetzung sei die Förderung des Ausbaus von breitbandfähiger Infrastruktur. Dieses öffentliche Interesse rechtfertige, dass öffentlichen Grundeigentümern für die Gebrauchsüberlassung ein über die Abgeltung nach § 5 Abs 7 TKG 2003 hinausgehendes Nutzungsentgelt nicht zukommen soll. § 5 Abs 7 TKG 2003 sei auch auf vor dessen Inkrafttreten abgeschlossene Nutzungsverträge anzuwenden. Nach der auf Basis des § 5 Abs 8 TKG 2003 erlassenen Wertminderungs-Richtsätze-Verordnung 2019 [kurz: WR-V 2019] (BGBl II 310/2019) betrage der Richtsatz für eine solche Abgeltung im vorliegenden Fall einmalig netto 8.700 EUR (§ 10 Abs 2 WR‑V 2019). Seit Inkrafttreten der Novelle habe die Klägerin einen die Wertminderungsabgeltung von 8.700 EUR um das Leistungsbegehren überschreitenden Betrag bezahlt, den sie insbesondere gestützt auf unrechtmäßige Bereicherung infolge Teilunwirksamkeit des Nutzungsvertrags zurückfordere. Die Beklagte berühme sich demgegenüber eines weiterhin bestehenden Anspruchs auf die vertraglichen Nutzungsentgelte. Schon dies begründe ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung.

[4] Die Beklagte hält dem entgegen, § 5 Abs 7 TKG 2003 sei nicht auf bestehende Verträge anzuwenden. Ein derartiger Eingriff in einen Altvertrag sei gesetzlich nicht angeordnet und daher unzulässig. Selbst im Fall einer Rückwirkung bestehe aber der Entgeltanspruch aus dem Nutzungsvertrag fort: Der Gesetzgeber unterscheide auch nach der Novellierung des TKG 2003 zwischen „Leitungsrechten“ und „Antennentragemasten“. Bereitsteller eines Kommunikationsnetzes seien – unter Einhaltung der Vorgaben des § 6 TKG 2003 – zwar berechtigt, Leitungsrechte an öffentlichem Gut unentgeltlich in Anspruch zu nehmen. Eine gleichlautende Ermächtigung, öffentliches oder privates Gut (unentgeltlich) für die Errichtung von Antennentragemasten in Anspruch zu nehmen, gebe es aber nicht, sodass ein Antennentragemast nur auf vertraglicher Grundlage errichtet werden könne. „Wertminderung“ sei als Ersatz für die Minderung der Substanz des Grundstücks zu verstehen, auf der ein Leitungsrecht genutzt oder ein Antennenmast errichtet werde; es handle sich dabei nicht um einen vertraglich vereinbarten Bestandzins. § 5 Abs 7 TKG 2003 schließe bei verfassungskonformer Interpretation die Vereinnahmung von Mietzinszahlungen nicht aus, die Wertminderung sei daher zusätzlich zum Nutzungsentgelt abzugelten. Der Entfall der Möglichkeit, Mietzinszahlungen zu vereinnahmen, würde nämlich zwangsläufig zu einem sachlich nicht gerechtfertigten Eingriff in das Grundrecht auf Eigentum und einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz führen. Die gegenständliche Liegenschaft stehe im Privateigentum der Beklagten. Im Übrigen folge aus den Kalkulationsgrundlagen für die Wertminderungsabgeltung ein Abschreibungszeitraum von 12,5 Jahren. Der vorliegende Nutzungsvertrag sei erst 2037 auflösbar, sodass die Beklagte weit länger keinen Mietzins erhalten würde. Dies könne vom Gesetzgeber nicht bezweckt worden sein. Die Abgeltung sei daher zumindest alle 12,5 Jahre neu zu leisten. Allenfalls müsste bei länger dauernden Bestandverhältnissen die Abgeltung verhältnismäßig erhöht werden.

[5] Das Erstgericht wies die Klage zur Gänze ab; der zugleich gefasste Beschluss auf Zurückweisung des Zwischenantrags auf Feststellung blieb unangefochten. Rechtlich führte es aus, bei Dauertatbeständen wie Dauerrechtsverhältnissen sei bei einer Gesetzesänderung der in den zeitlichen Geltungsbereich der neuen Rechtslage reichende Teil des Dauertatbestands nach dem neuen Gesetz zu beurteilen, wenn für den Übergang – wie im vorliegenden Fall – nichts anderes vorgesehen sei. § 5 Abs 7 TKG 2003 lasse daher Auswirkungen auf Altverträge grundsätzlich zu. Dieser Bestimmung lasse sich aber nicht entnehmen, dass ausschließlich eine Wertminderung zustehe. Es liege unter Einbeziehung sämtlicher Interpretationsmethoden nahe, dass allfällige Vereinbarungen über Nutzungsentgelte neben der in § 5 Abs 7 TKG 2003 vorgesehenen Abgeltung (weiter) bestehen sollten, durch einen Abzug der Wertminderung vom Nutzungsentgelt aber „zusätzliches Entgelt“ vermieden werden solle.

[6] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin folge, hob das Ersturteil im Umfang der Abweisung des Leistungsbegehrens laut Punkt 1. sowie des Feststellungsbegehrens laut Punkt 2.b) des Urteilstenors auf, verwies die Rechtssache insoweit an das Erstgericht zurück und änderte die Entscheidung in Ansehung der Abweisung des Feststellungsbegehrens laut Punkt 2.a) des Spruchs mit Teilurteil dahin ab, dass es dem Hauptbegehren auf Feststellung stattgab. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR übersteige, und ließ sowohl den Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss als auch die Revision gegen das Teilurteil zu.

[7] Rechtlich folgerte es, mit der Novellierung des TKG 2003 im Jahr 2011 (BGBl I 102/2011) sei die Errichtung von Antennentragemasten ausdrücklich von den Leitungsrechten ausgenommen worden (§ 5 Abs 1 Z 1 TKG 2003), nach der Regierungsvorlage deshalb, weil die Errichtung derartiger Anlagen regelmäßig von Diskussionen mit den Anrainern begleitet sei und die in solchen Fällen übliche und eingespielte Vorgangsweise des Dialogs und der einvernehmlichen Lösung mit den betroffenen Anrainern nicht durch Zwangsrechte ersetzt werden sollte. Ausgangspunkt einer weiteren Novellierung des TKG 2003 im Jahr 2018 (BGBl I 78/2018) sei das im Regierungsprogramm 2017 bis 2022 genannte Ziel einer landesweiten Versorgung mit Gigabit-Anschlüssen und die Umsetzung der „5G-Strategie“ zur Einführung der 5G-Mobilfunktechnologie in Österreich gewesen. Dabei sei es zu einer gewissen Neuregelung in Bezug auf Antennentragemasten gekommen: Nach § 5 Abs 7 TKG 2003 sei dem Eigentümer einer ausschließlich im Eigentum einer Gebietskörperschaft stehenden und nicht öffentliches Gut iSv Abs 3 darstellenden Liegenschaft, auf welcher ein Antennentragemast errichtet wurde, eine der Wertminderung entsprechende Abgeltung zu leisten. In § 5 Abs 8 TKG 2003 werde dazu ergänzend geregelt, dass die Regulierungsbehörde Richtsätze für derartige der Wertminderung entsprechende Abgeltungen festzulegen habe. Die R*-GmbH sei damit beauftragt worden, für die der Wertminderung von Liegenschaften oder Objekten entsprechenden Abgeltungen nach § 5 Abs 5 und Abs 7 TKG 2003, getrennt nach Infrastrukturtypen sowie nach Art und Lage der in Anspruch genommenen Liegenschaften oder Objekte, durch Verordnung Richtsätze festzulegen. Die auf Basis des § 5 Abs 8 TKG 2003 erlassene WR-V 2019 (BGBl II 310/2019) sehe in § 10 Abs 1 für den hier in Rede stehenden Mobilfunkstandort einen Richtsatz (Nr 6) von einmalig 8.700 EUR vor. In den Erläuterungen zur WR‑V 2019 werde dazu ausgeführt, dass die Richtsätze 6 und 7 auf jährlichen Durchschnittsentgelten, einer durchschnittlichen (Rest‑)Laufzeit von 12,5 Jahren sowie einem Kapitalisierungszinssatz in Höhe von 4 % beruhen und sich als 30 % des nachschüssigen Rentenbarwerts errechnen. Weiters werde darauf verwiesen, dass in zahlreichen Stellungnahmen im Konsultationsverfahren die Frage thematisiert worden sei, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die mit dieser Verordnung festgelegten Richtsätze auch für bei Inkrafttreten der Novelle BGBl I 78/2018 bzw bei Inkrafttreten dieser Verordnung bereits bestehende Verträge heranzuziehen seien, wobei die R*-GmbH die Frage letztlich offen gelassen habe. § 5 ABGB sehe zwar grundsätzlich keine Rückwirkung von Gesetzen vor; der Gesetzgeber könne aber eine Rückwirkung anordnen. Dauertatbestände seien mangels anderer Anordnung nach dem neuen Gesetz zu beurteilen, soweit sie in dessen Geltungszeitraum hinüberreichen. In diesem Fall würden die Rechtsfolgen des neuen Gesetzes für den Dauersachverhalt ab seinem Inkrafttreten gelten. Das Bestehen eines unbefristeten Nutzungsverhältnisses sei ein Dauertatbestand; in den Übergangsbestimmungen (§ 133 TKG idF BGBl I 78/2018) sei keine Anordnung zu § 5 Abs 7 TKG 2003 enthalten. Das TKG müsse schon deshalb auf Altverträge zurückwirken, weil nur so eine nach den Richtlinien der Europäischen Union (vgl Erwägungsgrund 23 der Richtlinie 96/19/EG ) verbotene Diskriminierung am Telekommunikationsmarkt vermieden werden könne. Gesetzesziel sei die Herstellung gleicher Wettbewerbsbedingungen für alle Telekommunikationsunternehmen zum Nutzen der Verbraucher (vgl § 1 Abs 1 TKG 2003). § 5 Abs 7 TKG 2003 sei daher auch im vorliegenden Fall anzuwenden. In der Entscheidung 6 Ob 310/04p habe der Oberste Gerichtshof den Einfluss der gesetzlich in § 6 Abs 1 TKG 1997 vorgesehenen Unentgeltlichkeit auf bestehende entgeltliche Dauerschuldverhältnisse zu beurteilen gehabt und sei zum Ergebnis gelangt, dass es den dargelegten rationes zuwider laufen würde, an entgeltlichen privatrechtlichen Dauerschuldverhältnissen festzuhalten. Die Zielsetzung der EU‑Richtlinien und der österreichischen Umsetzungsnormen würden zur Rechtsauslegung führen, dass ein auf einem privatrechtlichen Gestattungsvertrag beruhendes entgeltliches Dauerschuldverhältnis kraft Gesetzes in ein unentgeltliches Dauerschuldverhältnis umgewandelt werde. § 6 Abs 1 TKG 2003 sei demnach zwingendes Recht, das zum Wegfall der privatrechtlichen Zahlungsverpflichtung führe. Nichts anderes könne jedoch für den vorliegenden Fall gelten, dies mit der Maßgabe, dass das vorliegende entgeltliche Dauerschuldverhältnis kraft Gesetzes zwar nicht in ein unentgeltliches Dauerschuldverhältnis, aber in ein solches umgewandelt worden sei, für das „lediglich“ eine Wertminderung zu bezahlen ist. Für dieses Auslegungsergebnis seien auch der Wortlaut von § 5 Abs 7 TKG 2003 (arg: „errichtet wurde“) sowie systematische Erwägungen unter Bedachtnahme auf § 5 Abs 3 TKG 2003 fruchtbar zu machen, in dem es in Bezug auf das dort eingeräumte unentgeltliche Leitungsrecht ausdrücklich heiße, dass die Unentgeltlichkeit „nicht die bereits am 1. August 1997 bestanden habenden rechtlichen Grundlagen der Einhebung von Abgaben“ betreffe. In Ermangelung einer entsprechenden Übergangsvorschrift in § 5 Abs 7 TKG 2003 könne daher aus der dargelegten Regelung in § 5 Abs 3 TKG 2003 der Umkehrschluss gezogen werden, dass sich der Anspruch auf Wertminderung nach Abs 7 sehr wohl auch auf bei Inkrafttreten der TKG-Novelle bereits geltende Verträge beziehe. Außerdem füge sich dieses Ergebnis in die aus der Regierungsvorlage erkennbare historische Absicht des Gesetzgebers, wonach „die öffentliche Hand“ wegen ihres rechtspolitischen Interesses am Aufbau qualitativ hochwertiger Infrastruktur „vermehrt zu deren Verwirklichung beitragen“ solle. Auch die Formulierung im Ausschussbericht unterstütze dieses Auslegungsergebnis, wonach der Ausschuss davon ausgehe, „dass die Entgelte für vertraglich eingeräumte Entgelte für Antennenmasten sich ausschließlich an der Wertminderung orientieren“. Die Klägerin habe daher ab Inkrafttreten der Novelle des TKG 2003 BGBl I 2018/78, sohin ab 1. 12. 2018, lediglich eine der Wertminderung entsprechende Abgeltung zu zahlen, und die privatrechtliche Zahlungsverpflichtung sei weggefallen. Demgegenüber widerspräche eine Auslegung, wonach die in § 5 Abs 7 TKG 2003 genannte Abgeltung für Wertminderung zum vereinbarten Entgelt hinzutrete, jedenfalls der erkennbaren Intention des Gesetzgebers des Jahres 2018. Dies gelte auch für das vom Erstgericht gewonnene Auslegungsergebnis, weil damit den Gebietskörperschaften ein „Mindestentgelt“ gesichert, wirtschaftlich für sie günstigere Entgeltvereinbarungen aber unberührt gelassen würden. Dass von der Berechnung der Wertsicherung nicht nur die Leitungsrechte, sondern auch die Antennentragemasten (iS der vertraglichen Regelung) umfasst sind, gehe schon aus den Erläuterungen zur WR‑V 2019 „zu den Richtsätzen 6 und 7 – Mobilfunkstandorte“ hervor: Demnach „umfasst die Verordnungsermächtigung der R*-GmbH die Verpflichtung, auch Richtsätze für Antennentragemasten auf öffentlichem Eigentum festzulegen. In den Erläuterungen zum Konsultationsentwurf wurde bereits darauf hingewiesen, dass sich die rechtliche Situation bei Antennentragemasten von den übrigen Richtsätzen dadurch unterscheidet, dass die Errichtung von Antennentragemasten von den Leitungsrechten nach dem TKG ausgenommen ist. Da somit gerade der Eingriff in das Eigentumsrecht, der bei Leitungsrechten die Wertminderung begründet […], für Antennentragemasten nicht gegeben ist, hat der Begriff der Wertminderung hier einen anderen Inhalt […]. Um angesichts der fehlenden gesetzlichen Verpflichtung zur Duldung von Antennentragemasten dennoch einen Anreiz zu erhalten bzw zu setzen, die Verträge über bestehende Masten nicht zu kündigen und auch neue Verträge abzuschließen, erachtet es die R*-GmbH für erforderlich, die derzeitigen Vertragssituationen in die Festlegung des Richtsatzes hier mit einzubeziehen. Dazu werden […] als marktüblich angenommene laufende (jährliche) Zahlungen an die Grundeigentümer kapitalisiert und anteilsmäßig als Basis der Wertminderung herangezogen“. Mangels Bezugnahme auf § 5 Abs 7 TKG 2003 in § 6 Abs 3 TKG 2003 scheide bei Nichtzustandekommen einer Einigung über die Höhe einer der Wertminderung entsprechenden Abgeltung eine Vorlage zur Entscheidung an die Regulierungsbehörde aus; berufen seien hierzu die ordentlichen Gerichte. Im vorliegenden Fall habe die Beklagte auch die Höhe des Zahlungsbegehrens unter Hinweis auf ihren Kündigungsverzicht bis zum 4. 9. 2037 bestritten, zumal eine Abgeltung in Höhe des festgelegten Richtsatzes von 8.700 EUR, dessen Abschreibung auf 12,5 Jahre ausgelegt worden sei, nicht als Kalkulation der Abgeltung für den Zeitraum (von 1. 12. 2018) bis zum 4. 9. 2037 gelten könne. Schon die R*-GmbH habe darauf hingewiesen, dass die mit dieser Verordnung festgelegten Richtsätze keine verbindlichen Anordnungen der Abgeltung für Leitungsrechte oder Antennentragemasten darstellen würden, sondern vielmehr lediglich die Größenordnung der gesetzlich vorgesehen Abgeltungen transparent machen sollen, weshalb die Abgeltung im jeweils einzuleitenden Verfahren auch unter Bedachtnahme auf das bezughabende Parteienvorbringen bzw Beweise festzusetzen sei. Folglich könne weder das Zahlungsbegehren der Klägerin noch deren Feststellungsbegehren zu Spruchpunkt 2.b) – anders als jenes nach Spruchpunkt 2.a) – abschließend beurteilt werden. Dies aufgrund der vorliegenden Anhaltspunkte dafür, dass der herangezogene Richtwert nicht auf jenen Zeitraum ausgelegt sei, für den die Beklagte einen Kündigungsverzicht abgegeben habe.

[8] Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision gegen das Teilurteil und den Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss mit der sinngemäßen Begründung zu, dass keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage existiere, ob § 5 Abs 7 TKG 2003 idF BGBl I 78/2018 auf vor Inkrafttreten der Bestimmung abgeschlossene entgeltliche Nutzungsverträge anzuwenden sei und ob ein solcher Vertrag dadurch so umgewandelt werde, dass er für die Gebrauchsüberlassung „ausschließlich“ eine der Wertminderung entsprechende Abgeltung vorsehe und ab dem Inkrafttreten des TKG im Jahre 2018 die privatrechtliche Zahlungsverpflichtung der Klägerin wegfalle.

[9] Gegen den Aufhebungsbeschluss sowie das Teilurteil des Berufungsgerichts richten sich – jeweils gestützt auf den Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung – der Rekurs und die ordentliche Revision der Beklagten mit auf Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils gerichteten Abänderungsanträgen.

Rechtliche Beurteilung

[10] Die Rechtsmittel der Beklagten sind aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zulässig. Der Rekurs ist nicht berechtigt, hingegen ist die Revision teilweise berechtigt.

Hiezu wurde erwogen:

1. Rechtslage nach dem Telekommunikations-gesetz 2003 (TKG 2003):

1.1. §§ 1, 3 und 5 TKG 2003 idF BGBl I 78/2018lauteten auszugsweise wie folgt:

„Zweck

§ 1. (1) Zweck dieses Bundesgesetzes ist es, durch Förderung des Wettbewerbes im Bereich der elektronischen Kommunikation die Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft mit zuverlässigen, preiswerten, hochwertigen und innovativen Kommunikationsdienstleistungen zu gewährleisten.

(2) Durch Maßnahmen der Regulierung sollen folgende Ziele erreicht werden:

1. Schaffung einer modernen elektronischen Kommunikationsinfrastruktur zur Förderung der Standortqualität auf hohem Niveau;

2. Sicherstellung eines chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs bei der Bereitstellung von Kommunikationsnetzen und Kommunikationsdiensten […];

3. Förderung der Interessen der Bevölkerung […].

[…]“

 

„Begriffsbestimmungen

§ 3. Im Sinne dieses Bundesgesetzes bedeutet

[…]

35. 'Antennentragemasten' Masten oder sonstige Baulichkeiten, die zu dem Zweck errichtet wurden oder tatsächlich dazu verwendet werden, um Antennen, das sind jene Teile einer Funkanlage, die unmittelbar zur Abstrahlung oder zum Empfang von elektromagnetischen Wellen dienen, zu tragen; nicht als Antennentragemasten gelten die Befestigungen von Kleinantennen;

36. 'Kleinantennen' Funkanlagen, die den Formfaktor von 0,03 m3 nicht überschreiten;

[…]“

 

„Leitungsrechte

§ 5. (1) Leitungsrechte umfassen unbeschadet der nach sonstigen gesetzlichen Vorschriften zu erfüllenden Verpflichtungen das Recht

1. zur Errichtung und zur Erhaltung von Kommunikationslinien mit Ausnahme der Errichtung von Antennentragemasten im Sinne des § 3 Z 35,

[…]

3a. zur Errichtung und zur Erhaltung von Kleinantennen einschließlich deren Befestigungen und der erforderlichen Zuleitungen,

[…]

Der Inhalt des jeweiligen Leitungsrechtes ergibt sich aus der Vereinbarung oder aus der Entscheidung der Regulierungsbehörde.

[…]

(3) Bereitsteller eines Kommunikationsnetzes sind berechtigt, Leitungsrechte an öffentlichem Gut, wie Straßen, Fußwege, öffentliche Plätze und den darüber liegenden Luftraum, unentgeltlich und ohne gesonderte Bewilligung nach diesem Gesetz in Anspruch zu nehmen. Unentgeltlichkeit im Sinne dieser Bestimmung betrifft nicht die bereits am 1. August 1997 bestanden habenden rechtlichen Grundlagen der Einhebung von Abgaben.

(4) Bereitsteller eines öffentlichen Kommunikationsnetzes sind berechtigt, Leitungsrechte ausgenommen das Leitungsrecht nach Abs. 1 Z 3a, an privaten Liegenschaften in Anspruch zu nehmen, sofern öffentliche Rücksichten nicht im Wege stehen und wenn

1. die widmungsgemäße Verwendung der Liegenschaft durch diese Nutzung nicht oder nur unwesentlich dauernd eingeschränkt wird und

2. eine Mitbenutzung von Anlagen, Leitungen oder sonstigen Einrichtungen […] nicht möglich oder nicht tunlich ist.

(5) Dem Eigentümer einer gemäß Abs. 4 oder Abs. 6 belasteten Liegenschaft ist eine der Wertminderung entsprechende Abgeltung zu leisten.

(6) Bereitsteller eines öffentlichen Kommunikationsnetzes sind berechtigt, das Leitungsrecht nach Abs. 1 Z 3a an Objekten in Anspruch zu nehmen, die ausschließlich im Eigentum einer Gebietskörperschaft oder eines Rechtsträgers, der ausschließlich im Eigentum einer Gebietskörperschaft steht, stehen und die nicht öffentliches Gut im Sinn von Abs. 3 darstellen, sofern öffentliche Rücksichten nicht im Wege stehen und wenn

1. die widmungsgemäße Verwendung der Objekte und Liegenschaften durch diese Nutzung nicht oder nur unwesentlich dauernd eingeschränkt wird und

2. eine Mitbenutzung von Anlagen, Leitungen oder sonstigen Einrichtungen […] nicht möglich oder nicht tunlich ist.

(7) Dem Eigentümer einer ausschließlich im Eigentum einer Gebietskörperschaft oder eines Rechtsträgers, der ausschließlich im Eigentum einer Gebietskörperschaft steht, stehenden und nicht öffentliches Gut im Sinn von Abs. 3 darstellenden Liegenschaft oder eines solchen Objektes, auf welcher ein Antennentragemast im Sinne des § 3 Z 35 errichtet wurde oder für welche ein Leitungsrecht im Sinne von § 5 Abs. 1 auf vertraglicher Grundlage eingeräumt wurde, ist eine der Wertminderung entsprechende Abgeltung zu leisten.

(8) Die Regulierungsbehörde hat für die der Wertminderung von Liegenschaften oder Objekten entsprechenden Abgeltungen nach Abs. 5 und Abs. 7 getrennt nach Infrastrukturtypen sowie nach Art und Lage der in Anspruch genommenen Liegenschaft oder Objekts durch Verordnung Richtsätze festzulegen. Bei Erlassung der Verordnung nach diesem Absatz hat die Regulierungsbehörde die Zielbestimmungen des § 1 zu berücksichtigen. […]“

1.2. §§ 1 und 10 Wertminderungs-Richtsätze-Verordnung 2019 (WR‑V 2019) in der Stammfassung BGBl II 310/2019 lauten auszugsweise wie folgt:

„Begriffsbestimmungen

§ 1. Im Sinne dieser Verordnung bedeutet

[…]

7. 'Mobilfunkstandort/Greenfield' auf unbebauten Liegenschaften (Z 12) errichtete Antennentragemasten iSd § 3 Z 35 TKG 2003, samt allen vor Ort erforderlichen Einrichtungen, die, unabhängig von der eingesetzten Mobilfunktechnologie, für den technischen Betrieb erforderlich sind;

[…]“

 

„Richtsatz 6 – Mobilfunkstandort/Greenfield

§ 10. (1) Richtsatz 6 gilt für Mobilfunkstandorte/ Greenfield (§ 1 Z 7) auf unbebauten Liegenschaften im öffentlichen Eigentum (§ 1 Z 10).

(2) Richtsatz 6 wird in Höhe von einmalig 8 700 Euro festgelegt.“

2. Zur Zulässigkeit des Rechtswegs:

[11] Auf die Zulässigkeit des Rechtswegs ist hier schon wegen der den Obersten Gerichtshof bindenden Bejahung dieser Frage durch die Vorinstanzen nicht weiter einzugehen (§ 42 Abs 3 JN). Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung ist für eine bindende Entscheidung über eine Prozessvoraussetzung iSd § 42 Abs 3 JN nicht erforderlich, dass das Gericht über ihr Vorliegen ausdrücklich und spruchgemäß entschieden hat. Zwar wird eine bloß implizite Bejahung der Prozessvoraussetzung durch meritorische Behandlung als nicht ausreichend erachtet, sehr wohl aber eine bindende Entscheidung dann angenommen, wenn das Gericht sich – wie hier – mit dem Vorliegen der Prozessvoraussetzung in den Entscheidungsgründen auseinandergesetzt hat(RS0114196 [T9a]; vgl weiters RS0046249 [T1]).

[12] 3. Zur Anwendbarkeit des § 5 Abs 7 und 8 TKG 2003 idF BGBl I 78/2018 auf vor Inkrafttreten der Bestimmung abgeschlossene Nutzungsverträge:

[13] 3.1. Zu Unrecht wendet sich die Beklagte zunächst gegen die Annahme der Vorinstanzen, die mit 1. 12. 2018 in Kraft getretenen Vorschriften betreffend die der Wertminderung der Liegenschaft entsprechende Abgeltung gemäß § 5 Abs 7 und 8 TKG 2003 idF BGBl I 78/2018 seien auf Altverträge, also auf vor dem Inkrafttreten abgeschlossene entgeltliche Nutzungsvereinbarungen betreffend die Errichtung und den Betrieb von Antennentragemasten nicht anzuwenden.

[14] 3.2. Wie schon vom Berufungsgericht unter Verweis auf Potacs/Graf (Zur Neuregelung von Antennentragemasten im TKG, wbl 2019, 432 [434]) zutreffend ausgeführt, deutet zum einen schon der Wortlaut des § 5 Abs 7 TKG 2003 in seiner systematischen Einbettung, insbesondere unter Bedachtnahme auf die eigens in Abs 3 leg cit aufgenommene Übergangsregelung, die eine Anwendung dieser Bestimmung auf „die bereits am 1. August 1997 bestanden habenden rechtlichen Grundlagen der Einhebung von Abgaben“ explizit ausschließt, darauf hin, dass die Regelung nicht nur auf Neuverträge Anwendung finden soll. Angesichts des allgemeinen Grundsatzes, dass bei Dauerrechtsverhältnissen im Fall einer Gesetzesänderung mangels abweichender Übergangsregelung der in den zeitlichen Geltungsbereich reichende Teil des Dauertatbestands nach dem neuen Gesetz zu beurteilen und nur eine Rückwirkung auf Sachverhalte, die sich abschließend vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung verwirklicht haben, im Zweifel nicht anzunehmen ist (stRsp, s bloß 5 Ob 78/00g; zu § 5 TKG 2003 6 Ob 310/04p [ErwGr V.1.]), wäre auch in Ansehung der in Abs 7 statuierten Abgeltung der Wertminderung eine ausdrückliche gesetzliche Anordnung zu erwarten gewesen, dass die Regelung für laufende Nutzungsverträge auch nicht ex nunc, also ab dem Inkrafttreten der Bestimmung gelten soll. Darauf nimmt die Beklagte nicht Bedacht, wenn sie moniert, das Berufungsgericht hätte berücksichtigen müssen, dass „die Rückwirkung dieser Bestimmung gesetzlich nicht angeordnet wurde“.

[15] Zum anderen sind die bereits in der Entscheidung 6 Ob 310/04p [Pkt V.1.] angestellten teleologischen Erwägungen – entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten – auch auf die vorliegende Fallkonstellation übertragbar: Dort wurde zur Frage des zeitlichen Geltungsbereichs einer zwischenzeitig neu ins Gesetz aufgenommenen zwingenden Unentgeltlichkeitsanordnung festgehalten, es liefe dem Gesetzesziel, der Herstellung gleicher Wettbewerbsbedingungen für alle Telekommunikationsunternehmen zum Nutzen der Verbraucher (vgl § 1 Abs 1 TKG 2003), zuwider, an entgeltlichen privatrechtlichen Dauerschuldverhältnissen festzuhalten, nach denen Netzbetreiber entgegen der normierten Unentgeltlichkeit weiterhin und wettbewerbs-verzerrend ein Entgelt zu bezahlen hätten. Die – auf die Vermeidung verbotener Diskriminierung am Telekommunikationsmarkt gerichtete – Zielsetzung der EU‑Richtlinien (vgl ErwGr 23 zu RL 96/19/EG ) und der österreichischen Umsetzungsnormen führe zur Rechtsauslegung, dass ein auf einem privatrechtlichen Gestattungsvertrag beruhendes entgeltliches Dauerschuldver-hältnis kraft Gesetzes in ein unentgeltliches Dauerschuldverhältnis umgewandelt werde.

[16] Entsprechendes muss aber angesichts der unverändert gebliebenen gesetzgeberischen Intention auch für die hier zu beurteilende Frage gelten, ob Alt- und Neuverträge von Gebietskörperschaften mit Mobilfunkbetreibern über die Gestattung der Errichtung und des Betriebs von Antennentragemasten hinsichtlich der nunmehr in § 5 Abs 7 TKG 2003 vorgesehenen Einschränkungen der Zulässigkeit und der Höhe von Standortmieten differenziert zu behandeln sind (idS auch schon Potacs/Graf, wbl 2019, 434).

[17] 3.3. Nicht von vornherein von der Hand zu weisen sind zwar die von der Beklagten sinngemäß geäußerten Bedenken, wonach der durch die Anwendung der nachträglich eingeführten Regelungen des § 5 Abs 7 und 8 TKG 2003 bewirkte Eingriff in ihre vertraglich abgesicherten Vermögensrechte, insbesondere unter Bedachtnahme auf die vorliegende lange vertragliche Bindung, unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes (vgl dazu allgemein Vonkilch/Kehrer in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 § 5 ABGB Rz 6, 12 mwN) und der Eigentumsgarantie (näher dazu Grabenwarter/Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention7 [2021] § 25 Rz 1 ff), verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet. Dem lässt sich nämlich nicht ohne weiteres entgegenhalten, dass Gemeinden als Gebietskörperschaften in ihrem Grundrechtsschutz (generell) erheblich herabgesetzt sind (so aber offenbar Potacs/Graf, wbl 2019, 435). Vielmehr ist nach herrschender Ansicht anhand der Art der Tätigkeit zu differenzieren: Treten staatliche oder dem Staat nahestehende Organe im weitesten Sinne anderen Privaten gleichgestellt auf, etwa – wie hier – im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung, so müssen ihnen auch die gleichen Rechte wie anderen Privaten zukommen (umfassend zum Problemkreis zuletztHeißl, Grundrechtsträgerschaft juristischer Personen, ZÖR 2016, 215 [221 ff] mwN zum Diskussionsstand; so im Ergebnis auch Grabenwarter/Pabel, EMRK7§ 13 Rz 13 und § 17 Rz 5 mwN zur Judikatur des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte).

[18] Allerdings bringt der zur Erreichung der – oben erwähnten – legitimen rechtspolitischen Zielsetzung erforderliche Eingriff in den schon vor Inkrafttreten des § 5 Abs 7 TKG 2003 in der zuletzt geltenden Fassung unbedingt entstandenen Anspruch der Beklagten auf wiederkehrende Leistung des vertraglichen Bestandzinses keine unverhältnismäßige Beeinträchtigung bereits erworbener vermögenswerter Rechte der Beklagten mit sich; einerseits aufgrund der bloßen Anwendung pro futuro (so auch Potacs/Graf, wbl 2019, 435), andererseits unter Bedachtnahme auf den Umstand, dass bei der Bemessung der Abgeltung der Wertminderung ohnedies die marktüblich angenommenen laufenden (jährlichen) Zahlungen an die Grundeigentümer kapitalisiert und – wenngleich nur anteilsmäßig – als Basis der Wertminderung herangezogen werden (vgl die Erläuterungen zur WR‑V 2019, S 13). Auch was die bei der Richtwertfestsetzung herangezogene durchschnittliche Abschreibungsdauer von (lediglich) 12,5 Jahren betrifft, ist – bei gebotener verfassungskonformer Auslegung – mit dem Berufungsgericht davon auszugehen, dass die nach den Umständen des Falls möglicherweise auch längere Nutzungsdauer jedenfalls bei der letztlich im (Gerichts-)Verfahren vorzunehmenden Bemessung der Anspruchshöhe über entsprechenden Prozessvortrag zu berücksichtigen ist, zumal die in der WR‑V 2019 festgelegten Richtsätze ohnehin nicht verbindlich sind (vgl Erläuterungen zur WR‑V 2019, S 17).

[19] 3.4. Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass das Berufungsgericht die Frage der Anwendbarkeit der Bestimmung des § 5 Abs 7 TKG 2003 auf den vorliegenden Nutzungsvertrag zutreffend bejaht hat.

[20] 4. Ein vertraglicher Entgeltanspruch der Grundstückseigentümerin neben dem Anspruch auf Abgeltung der Wertminderung nach § 5 Abs 7 TKG 2003 oder zumindest unter Anrechnung dieses Abgeltungsanspruchs besteht nicht fort:

[21] 4.1. Die Beklagte will, so die Norm überhaupt auf den laufenden Vertrag zwischen den Streitteilen zur Anwendung gelangen sollte, § 5 Abs 7 TKG 2003 dahin verstehen, dass ihr seit Inkrafttreten der Bestimmung ein Abgeltungsanspruch zusätzlich zum vertraglich vereinbarten Entgelt für die Gebrauchsüberlassung gebühre. Sie vermag allerdings in ihren Rechtsmittelausführungen keine stichhaltigen Gründe für diese Rechtsansicht anzuführen.

[22] 4.2. Entgegen ihrer Argumentation geht die von ihr vertretene Auslegung keineswegs eindeutig schon aus dem Wortsinn der Regelung hervor. Der bloße Umstand, dass im Gesetzestext nicht davon die Rede ist, dass „nur“ bzw „ausschließlich“ eine der Wertminderung entsprechende Abgeltung zu leisten sei, lässt den von der Beklagten gezogenen Gegenschluss nicht zu. Das zeigt schon der idente Wortlaut in Abs 5 leg cit, dem ein entsprechendes Verständnis (Abgeltungsanspruch des Eigentümers zusätzlich zu einer sonstigen Vergütung) von vornherein nicht unterstellt werden kann.

[23] 4.3. Auch die Gesetzesmaterialien zur TKG‑Novelle weisen in eine andere Richtung: Gegen eine Kumulierung von vertraglichem Entgelt- und Abgeltungsanspruch des öffentlichen Grundeigentümers spricht etwa schon deutlich die in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage angestellte Überlegung, wonach „durch die öffentliche Hand rechtspolitisches Interesse am Aufbau qualitativ hochwertiger Infrastruktur definiert“ worden sei, weshalb öffentliche Grundeigentümer auch „vermehrt zu deren Verwirklichung beitragen sollen als private Grundeigentümer“ (ErläutRV 257 BlgNR 26. GP  4; vgl dazu auch Potacs/Graf, wbl 2019, 434). Diese Festlegung erfolgte zwar zur Neuregelung des § 5 Abs 6 TKG 2003, lässt sich aber verallgemeinern und solcherart für die Auslegung von Abs 7 leg cit fruchtbar machen. Wie das ausdrücklich angeführte gesetzgeberische Motiv mit der Ansicht vereinbar sein soll, dass gerade Gebietskörperschaften für die Nutzung ihres Grundes fortan eine Abgeltung der Wertminderung zusätzlich zur vereinbarten Standortmiete zusteht, versucht die Beklagte gar nicht erst zu begründen. Die Auffassung der Beklagten lässt sich auch nicht mit der im Verkehrsausschuss zum Ausdruck gebrachten Position in Einklang bringen, es sei davon auszugehen, „dass diese Bestimmung sicherstellt, dass die Entgelte für vertraglich eingeräumte Entgelte für Antennentragemasten sich ausschließlich an der Wertminderung orientieren“ (AB 315 BlgNR 26. GP  4). Ebenso wenig geht die von der Beklagten postulierte Auslegung aus der in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage nicht näher konkretisierten Vorstellung hervor, wonach die Wertminderung „bei der Festsetzung wiederkehrender Leistungen (zB Miete) zu berücksichtigen“ ist (ErläutRV 257 BlgNR 26. GP 5).

[24] 4.4. Wieso schließlich gerade der mit der Novelle BGBl I 78/2018 bezweckte Ausbau breitbandfähiger Infrastruktur für die Auslegungsvariante der Beklagten sprechen soll, ist nicht ersichtlich. Den von ihr geäußerten Bedenken, wonach der Breitbandausbau durch eine Reduktion der an die (öffentlichen) Grundstückseigentümer zu leistenden Vergütungen gebremst werden könnte, weil ohne (zusätzliches) Entgelt zu wenig Anreiz dafür bestehen könnte, Netzbetreibern Grundstücksflächen zur Nutzung zu überlassen, wurde ohnehin im Rahmen der Festsetzung der Richtwerte für die Abgeltung der Wertminderung in der WR‑V 2019 hinreichend Rechnung getragen (vgl die Erläuterungen zur WR‑V 2019, S 13).

[25] 4.5. Auch die vom Erstgericht vertretene „Anrechnungslösung“, wonach das vertraglich vereinbarte Entgelt der Beklagten weiter zustehen solle, allerdings unter Anrechnung der Abgeltung nach § 5 Abs 7 TKG 2003, ist nicht mit der unter Punkt 4.3. dargelegten gesetzgeberischen Intention vereinbar: Es ist nämlich nicht zu erkennen, welchen „vermehrten Beitrag“ öffentliche Grundeigentümern gegenüber privaten im Interesse des Aufbaus qualitativ hochwertiger Infrastruktur zu leisten hätten, wenn sie ohnedies weiterhin jedenfalls das einvernehmlich vereinbarte Nutzungsentgelt vereinnahmen könnten. Ebenso wenig lässt sich die vom Erstgericht vertretene Lösung mit dem schon erwähnten Bericht des Verkehrsausschusses in Einklang bringen. Schließlich soll nicht unerwähnt bleiben, dass auch die R*-GmbH im Rahmen ihrer Erläuterungen zur WR‑V 2019 die Absicht des Gesetzgebers des § 5 Abs 7 TKG 2003 in der zuletzt gültigen Fassung unzweifelhaft dahin gedeutet hat, dass dem Grundstückseigentümer gerade keine über die gesetzlich vorgesehene Abgeltung hinausgehende Vergütung zukommen soll (Erläuterungen zur WR-V 2019, S 13).

[26] 4.6 Auch aus dem Verweis der Beklagten auf den Ministerialentwurf betreffend ein Telekommunikations-gesetz 2020 (82/ME 26. GP ) – mittlerweile ist das Telekommunikationsgesetz 2021 in Kraft getreten (dazu sogleich) –, der keine § 5 Abs 7 TKG 2003 entsprechende Bestimmung enthält, ist für die hier vorzunehmende Auslegung nichts zu gewinnen, weil dies keine Rückschlüsse auf das maßgebliche historische Normverständnis des Gesetzgebers des TKG 2003 in der Novelle BGBl I 78/2018 zulässt.

[27] 5. Die Änderung der Rechtslage durch das Telekommunikationsgesetz 2021 mit 1. 11. 2021 ist auch im Rechtsmittelverfahren zu berücksichtigen:

[28] 5.1. Am 1. 11. 2021 trat das Telekommunikationsgesetz 2021 (BGBl I 190/2021) in Kraft. Mit seinem Inkrafttreten trat gemäß § 211 TKG 2021 das TKG 2003 außer Kraft, damit auch § 5 Abs 7 TKG 2003. Übergangsbestimmungen, die eine weitere Anwendung dieser Bestimmung in Fällen wie dem hier vorliegenden vorsehen, bestehen nicht (vgl § 212 TKG 2021).

[29] 5.2. Im TKG 2021 wurde – worauf auch die Revisionsbeantwortung hinweist – öffentlichen Kommunikationsdienstleistern ermöglicht, unter bestimmten Voraussetzungen Liegenschaften, die unmittelbar oder mittelbar im ausschließlichen Eigentum einer Gebietskörperschaft stehen, für die Errichtung (etc) von Antennentragemasten in Anspruch zu nehmen (§ 59 TKG 2021, „Standortrecht“). Dem belasteten Grundeigentümer ist in diesem Fall eine der Wertminderung durch das Standortrecht entsprechende Abgeltung zu bezahlen. Kommt keine Vereinbarung über das Standortrecht zustande, kann die Entscheidung der Regulierungsbehörde beantragt werden (§ 59 Abs 3 bis 5 TKG 2021). Ungeachtet dessen, dass eine solche Inanspruchnahme hier nicht zu beurteilen ist, soll diese Bestimmung nicht in bestehende Verträge eingreifen (ErläutRV 1043 BlgNR 27. GP 24).

[30] 5.3. Eine der Bestimmung § 5 Abs 7 TKG 2003 entsprechende Nachfolgeregelung existiert im TKG 2021 nicht. Damit ist ab dem Inkrafttreten des TKG 2021 die in § 5 Abs 7 TKG 2003 geregelte generelle Beschränkung der Höhe der Gegenleistung für das hier prozessgegenständliche vertragliche Nutzungsrecht zwecks Errichtung und Betrieb eines Antennentragemasts weggefallen.

[31] 5.4. Auf eine Änderung der Rechtslage hat das Gericht in jeder Lage des Verfahrens Bedacht zu nehmen, sofern die neuen Bestimmungen nach ihrem Inhalt auf das in Streit stehende Rechtsverhältnis anzuwenden sind. Es ist daher grundsätzlich nach den Übergangsbestimmungen zu beurteilen, ob eine Gesetzesänderung für ein laufendes Verfahren zu beachten ist (RS0031419). Bei Dauerrechtsverhältnissen ist im Falle einer Gesetzesänderung mangels abweichender Übergangsregelung der in den zeitlichen Geltungsbereich des neuen Gesetzes reichende Teil des Dauertatbestands danach zu beurteilen (siehe Punkt 3.2.). Da hier das Feststellungsbegehren in die Zukunft gerichtet ist und davon auch künftige Zeiträume betroffen sind, ist die Änderung der Rechtslage mit 1. 11. 2021 auch im Rechtsmittelverfahren zu berücksichtigen; es ist für den Zeitraum ab dem 1. 11. 2021 bereits die neue Rechtslage anzuwenden (vgl 10 Ob 45/10f; 6 Ob 263/04a; Posch in Schwimann/Kodek, ABGB5 § 5 Rz 9). Zu dieser haben die Parteien hier in ihren Revisionsschriften auch bereits Stellung genommen.

[32] 5.5. Dies führt dazu, dass das Feststellungsbegehren, über das das Berufungsgericht mit seinem Teilurteil entschieden hat, ab dem 1. 11. 2021 nicht mehr berechtigt ist. Insoweit hat die Revision daher Erfolg.

[33] Dem Rekurs war hingegen aus den vom Berufungsgericht angeführten Gründen ein Erfolg zu versagen. Allerdings wird im fortgesetzten Verfahren bei der Ermittlung der abzugeltenden Wertminderung darauf Bedacht zu nehmen sein, dass dafür lediglich der Zeitraum 1. 12. 2018 bis 31. 10. 2021 maßgeblich ist.

[34] 6. Der Kostenvorbehalt gründet auf § 52 Abs 4 ZPO.

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