OGH 12Os42/22a

OGH12Os42/22a2.6.2022

Der Oberste Gerichtshof hat am 2. Juni 2022 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Oshidari, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski und Dr. Brenner und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Marko, BA, BA, in der Strafsache gegen *S* wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 8. November 2021, GZ 22 Hv 49/21b‑32, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0120OS00042.22A.0602.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte *S* des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er am 25. April 2021 in L* * B* gegen deren Willen mit Gewalt, nämlich durch Werfen auf das Bett, Auseinanderdrücken der von ihr zusammengepressten Beine, Drehen auf den Bauch, Herzunterziehen der Unterhose, Ziehen an den Haaren, Schläge gegen das Gesäß, Würgen mit den Händen und Anwenden eines als „Schwitzkasten“ bezeichneten Griffs, zur Duldung des Beischlafs sowie zur Duldung und Vornahme im Urteil beschriebener dem Beischlaf gleichzusetzender geschlechtlicher Handlungen genötigt.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

[4] Die Beurteilung der Überzeugungskraft von Aussagen kann unter dem Gesichtspunkt einer Unvollständigkeit mangelhaft erscheinen, wenn sich das Gericht mit gegen die Glaubwürdigkeit sprechenden Beweisergebnissen nicht auseinandergesetzt hat. Der Bezugspunkt besteht dabei nicht in der Sachverhaltsannahme der Glaubwürdigkeit oder Unglaubwürdigkeit, sondern ausschließlich in den Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (RIS‑Justiz RS0119422 [T4]). Diese Vorgabe verfehlt die Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall), indem sie hinsichtlich des – keine notwendige Bedingung für die Feststellung entscheidender Tatsachen darstellenden (vgl insbes US 9 ff) – Versendens von Audionachrichten bestimmten Inhalts durch das Opfer vor und nach der Tat (US 5 und 12) Verfahrensergebnisse ins Treffen führt, die gegen die Glaubwürdigkeit der Aussage der Zeugin * H* über diese Umstände sprechen würden. Gleiches gilt für den dazu weiters erhobenen Einwand, dass H* während der Hauptverhandlung im Verhandlungssaal anwesend gewesen sei.

[5] Indem die Mängelrüge (Z 5 fünfter Fall) zudem Aktenwidrigkeit in Bezug auf die Aussage des Angeklagten über die Anbahnung des Treffens mit dem Opfer und seine Erwartungshaltung hinsichtlich dessen Verlaufs behauptet, bezeichnet sie keinen eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage (vgl aber RIS‑Justiz RS0099547).

[6] Soweit die Tatsachenrüge (Z 5a) die Erwägungen der Tatrichter zur Unglaubwürdigkeit der Verantwortung des Angeklagten kritisiert, wird der Nichtigkeitsgrund nicht prozessordnungskonform zur Darstellung gebracht (RIS‑Justiz RS0119424).

[7] Indem die Beschwerde weiters Beweisergebnisse nicht gegen die Feststellung entscheidender Tatsachen, sondern isoliert gegen den persönlichen Eindruck der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit des Angeklagten und des Opfers sowie der Zeugin H* ins Treffen führt, werden keine erheblichen Bedenken geltend gemacht (RIS‑Justiz RS0099649, RS0099629).

[8] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft folgt (§ 285i StPO).

[9] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte