OGH 4Ob41/22s

OGH4Ob41/22s24.5.2022

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Kodek als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon.‑Prof. PD Dr. Rassi und MMag. Matzka sowie die Hofrätin Mag. Istjan, LL.M., als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Agrargemeinschaft *, dieser vertreten durch Mag. Antonius Falkner Rechtsanwalt GmbH in Mieming, gegen die beklagte Partei DI K* P*, vertreten durch Mag. Wolfgang Webhofer, Rechtsanwalt in Telfs, wegen Einwilligung in die grundbücherliche Einverleibung (Streitwert 35.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 17. Dezember 2021, GZ 5 R 29/21k‑34, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0040OB00041.22S.0524.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Das Berufungsgericht legte die im Kaufvertrag zwischen den Streitteilen aus dem Jahr 1986 enthaltene Wiederkaufsklausel nach dem „wahren übereinstimmenden Parteiwillen“ so aus, dass diese Vertragsbestimmung nicht darauf ausgerichtet war, die Ausübung des Gestaltungsrechts der verkaufenden Klägerin von einer (Nicht‑)Bebauung des Grundstücks abhängig zu machen, sondern es sei um die Verhinderung der Grundstücksspekulation gegangen.

Rechtliche Beurteilung

[2] Die Klägerin zeigt mit ihrer außerordentlichen Revision, mit der sie die gegenteilige Vertragsauslegung anstrebt, keine erhebliche Rechtsfrage auf:

[3] 1. Fragen der Vertragsauslegung kommt in der Regel keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu. Nur eine auffallende Fehlbeurteilung wäre im Interesse der Rechtssicherheit wahrzunehmen (RS0042776; RS0112106 ua). Eine solche liegt hier aber nicht vor.

[4] 1.1. Nach der von der Klägerin intendierten Vertragsauslegung wäre sie berechtigt (gewesen), das Wiederkaufsrecht bis zur Bebauung der Liegenschaft jederzeit und ohne Angabe von Gründen, also zeitlich völlig frei wählbar und willkürlich auszuüben, und zwar bereits unmittelbar nach dessen Zustandekommen.

[5] 1.2. Wenn das Berufungsgericht demgegenüber – gestützt auf den vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt, wonach es laut den ehemaligen Obmännern der Klägerin nie darum gegangen sei, wann tatsächlich das Kaufgrundstück bebaut werde, sondern um die Verhinderung der Spekulation – zum Ergebnis kam, dass das Wiederkaufsrecht nur im Fall einer spekulativen Veräußerung ausgeübt werden könne, so überschreitet es damit nicht seinen Beurteilungsspielraum.

[6] 2. Die relevierte Aktenwidrigkeit liegt nicht vor.

[7] 2.1. Eine Aktenwidrigkeit liegt nicht in der Gewinnung tatsächlicher Feststellungen durch Schlussfolgerungen, selbst wenn diese unrichtig wären (RS0043298). Sie verlangt vielmehr einen Widerspruch zwischen dem Inhalt eines bestimmten Aktenstücks und dessen Wiedergabe durch das Berufungsgericht (vgl RS0043298 [T11]).

[8] 2.2. Hier vermeint die Revisionswerberin, darin eine Aktenwidrigkeit zu erkennen, dass das Berufungsgericht ausführte, der Grund der Aufnahme einer bestimmten Klausel in den gegenständlichen Kaufvertrag gehe zwar aus dem Sachverhalt nicht hervor, lasse sich aber damit erklären, dass diese Vertragsbestimmung wohl standardmäßig in sämtlichen derartigen Kaufverträgen mit der Agrargemeinschaft enthalten gewesen sei. Damit wird aber keine Aktenwidrigkeit aufgezeigt. Abgesehen davon ist die Frage, welche Klauseln in anderen Verträgen enthalten sind, für die rechtliche Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts nicht relevant (vgl RS0043265; RS0043367 [T1]).

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