European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0100OB00020.22X.0524.000
Spruch:
Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.
Begründung:
[1] Das Erstgericht erhöhte die im Scheidungsvergleich mit 325 EUR festgesetzte monatliche Unterhaltspflicht des Vaters für seinen Sohn auf monatlich 505 EUR für den Zeitraum von 1. 4. 2018 bis 29. 2. 2020 bzw auf 580 EUR ab 1. 3. 2020 bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit des Kindes und verpflichtete den Vater zur Zahlung der bis zur Rechtskraft des Beschlusses fälligen Beträge binnen 14 Tagen bzw der künftig fällig werdenden Unterhaltsbeträge jeweils am Monatsersten im Vorhinein; das über die zugesprochenen Beträge in den jeweiligen Zeiträumen hinausgehende Mehrbegehren des Kindes wies es (rechtskräftig) ab.
[2] Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters Folge und änderte die Entscheidung des Erstgerichts dahin ab, dass es den Erhöhungsantrag zur Gänze abwies. Es sprach aus, dass der Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
[3] Gegen diesen Beschluss erhob das Kind einen „außerordentlichen Revisionsrekurs“, mit dem es begehrt, die angefochtenen Entscheidungen dahin abzuändern, dass die Entscheidung des Erstgerichts wiederhergestellt werde. Das Erstgericht legte das Rechtsmittel unmittelbar dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vor.
[4] Diese Vorlage widerspricht dem Gesetz.
Rechtliche Beurteilung
[5] Nach § 62 Abs 3 und 4 AußStrG ist der Revisionsrekurs, soweit der Entscheidungsgegenstand rein vermögensrechtlicher Natur ist, jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht den Revisionsrekurs nicht für zulässig erklärt hat (§ 59 Abs 1 Z 2 AußStrG). Unter diesen Voraussetzungen kann eine Partei nur einen Antrag an das Rekursgericht (Zulassungsvorstellung gemäß § 63 Abs 1 und 2 AußStrG) stellen, den Zulässigkeitsausspruch dahin abzuändern, dass der Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde; mit dieser Zulassungsvorstellung ist der (ordentliche) Revisionsrekurs zu verbinden.
[6] Der Anspruch des Kindes auf Unterhalt ist rein vermögensrechtlicher Natur im Sinn des § 62 Abs 4 AußStrG (RIS‑Justiz RS0007110 [T32]).
[7] Wird eine Erhöhung oder Herabsetzung eines Unterhaltsbetrags begehrt, so bildet der dreifache Jahresbetrag der begehrten Erhöhung oder Herabsetzung den Streitwert im Sinn des § 58 Abs 1 JN (RS0046543). Für die Bewertung des Entscheidungsgegenstands des Rekursgerichts ist daher der 36‑fache Betrag jenes monatlichen Unterhaltsbetrags maßgeblich, der zum Zeitpunkt von dessen Entscheidung noch strittig war. Der Rückstand ist der dreifachen Jahresleistung nicht hinzuzurechnen (RS0122735).
[8] Maßgeblich ist daher hier der 36‑fache Betrag der Differenz zwischen dem vom Erstgericht mit 580 EUR festgesetzten laufenden monatlichen Unterhalt ab 1. 3. 2020, über den das Rekursgericht infolge Rekurses des Vaters entschied, und dem zuletzt mit 325 EUR festgesetzten Unterhalt. Dieser Betrag liegt deutlich unter 30.000 EUR (255 EUR x 36 = 9.180 EUR).
[9] Das Rechtsmittel des Vaters wäre demnach – auch wenn es als „außerordentliches“ bezeichnet wird – nicht dem Obersten Gerichtshof, sondern vielmehr dem Rekursgericht vorzulegen gewesen; dies hat das Erstgericht nunmehr nachzuholen. Ob das Rechtsmittel, den Erfordernissen des § 63 Abs 1 AußStrG entspricht, oder ob es einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (RS0109516 [T10]).
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