European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0120OS00009.22Y.0428.000
Spruch:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Gründe:
[1] In dem von der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption zu AZ 63 St 9/17b (unter anderem) gegen die P* GmbH, Dipl.‑Ing. * P*, U* P* und * U* wegen Verbrechen des Abgabenbetrugs nach §§ 33 Abs 1, 39 Abs 1 lit a, Abs 3 lit b FinStrG und weiterer strafbarer Handlungen geführten Ermittlungsverfahren erfolgte am 22. Oktober 2020 aufgrund gerichtlich bewilligter (ON 300 S 8) Anordnung dieser Staatsanwaltschaft eine Durchsuchung des Wohnsitzes der* U* (ON 329).
[2] Den von der P* GmbH, Dipl.‑Ing. H* P*, U* P* und * U* – soweit hier von Bedeutung – gegen die (behauptete) Personsdurchsuchung der * U*, die Durchsuchung eines Fahrzeugs und die Anordnung und Sicherstellung von Gegenständen anlässlich dieser Maßnahmen erhobenen Einspruch wegen Rechtsverletzung (ON 328), den die Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption mit ablehnender Stellungnahme dem Landesgericht für Strafsachen Wien vorgelegt hatte (ON 345), wies das Erstgericht mit Beschluss vom 17. März 2021, GZ 333 HR 46/18m‑417 (Punkt 2), zurück. Begründend führte es aus, insoweit liege finanzstrafbehördliches Handeln ohne Anordnung der Staatsanwaltschaft vor, weshalb ein Einspruch nach § 106 StPO nicht zulässig sei (BS 9 ff).
[3] Der dagegen gerichteten Beschwerde der P* GmbH, des Dipl.‑Ing. H* P*, der U* P* und der * U* (ON 427) gab das Oberlandesgericht Wien mit Beschluss vom 12. Juli 2021, AZ 23 Bs 134/21f, nicht Folge.
[4] In Bezug auf die letztgenannte Entscheidung erhob * U* einen Antrag auf Erneuerung des Strafverfahrens, der eine Verletzung des Art 1 des 1. ZPMRK, des Art 6 MRK sowie des Art 8 MRK behauptet.
Rechtliche Beurteilung
[5] Dieser Antrag ist unzulässig.
[6] Bei einem – wie hier – nicht auf ein Urteil des EGMR gestützten Erneuerungsantrag (RIS‑Justiz RS0122228), bei dem es sich um einen subsidiären Rechtsbehelf handelt, gelten alle gegenüber dem EGMR normierten Zulässigkeitsvoraussetzungen der Art 34 und 35 MRK sinngemäß (RIS‑Justiz RS0122737 und RS0128394).
[7] Da die Opfereigenschaft nach Art 34 MRK nur anzunehmen ist, wenn der Beschwerdeführer substanziiert und schlüssig vorträgt, in einem bestimmten Konventionsrecht verletzt zu sein (Grabenwarter/Pabel, EMRK7 § 13 Rz 16), hat auch ein Erneuerungsantrag deutlich und bestimmt darzulegen, worin eine vom Obersten Gerichtshof sodann selbst zu beurteilende Grundrechtsverletzung iSd § 363a Abs 1 StPO zu erblicken sei (RIS‑Justiz RS0122737 [T17]).
[8] Dabei hat er sich mit der als grundrechtswidrig bezeichneten Entscheidung in allen relevanten Punkten auseinanderzusetzen (RIS‑Justiz RS0124359) und – soweit er auf Grundlage der Gesamtheit der Entscheidungsgründe nicht Begründungsmängel aufzuzeigen oder erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit getroffener Feststellungen aufzudecken vermag – seine Argumentation auf der Basis der Tatsachenannahmen der bekämpften Entscheidung zu entwickeln (RIS‑Justiz RS0125393 [T1]).
[9] Die Behandlung eines Erneuerungsantrags bedeutet daher nicht die Überprüfung einer gerichtlichen Entscheidung oder Verfügung nach Art einer zusätzlichen Beschwerde- oder Berufungsinstanz, sondern beschränkt sich auf die Prüfung der reklamierten Verletzung eines Rechts nach der MRK oder einem ihrer Zusatzprotokolle (vgl RIS‑Justiz RS0129606 [T2, T3] und RS0132365).
[10] Ebenso wenig eröffnet ein Antrag auf Erneuerung des Strafverfahrens die Möglichkeit, allgemein das Vorgehen von Kriminalpolizei, Staatsanwaltschaft oder Gerichten in einer bestimmten Strafsache einer höchstgerichtlichen Kontrolle zu unterziehen (jüngst 14 Os 68/21p mwN).
[11] Diesen Kriterien wird der vorliegende Erneuerungsantrag nicht gerecht.
[12] Vielmehr beschränkt er sich darauf, nach weitwendigen allgemeinen Rechtsausführungen zur Zulässigkeit einer Durchsuchung von Personen, Orten und Gegenständen (§§ 119 ff StPO) sowie zur Sicherstellung (§§ 110 f StPO) willkürliches Verhalten der einschreitenden Beamten, Rechtswidrigkeit der Sicherstellungen und eine daraus resultierende Verletzung des Rechts auf Eigentum (Art 1 des 1. ZPMRK), auf ein faires Verfahren (Art 6 MRK) und auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art 8 MRK) zu behaupten.
[13] Eine Auseinandersetzung mit den bezughabenden Erwägungen des Oberlandesgerichts (BS 12 ff), dessen Rechtsansicht bloß pauschal als „unrichtig“ bezeichnet wird, ist dem Antrag hingegen nicht im Ansatz zu entnehmen.
[14] Der solcherart unzulässige Erneuerungsantrag war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung gemäß § 363b Abs 1 und Abs 2 StPO zurückzuweisen.
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