European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0130OS00017.22G.0420.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten * L* fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * L* des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs 4 StGB schuldig erkannt.
[2] Danach hat er am 4. Juni 2021 in W* * S* vorsätzlich (US 5) am Körper verletzt und dadurch, wenn auch nur fahrlässig, eine schwere Verletzung des * S* herbeigeführt, indem er ihm mehrere Faustschläge gegen das Gesicht versetzte, wodurch * S* mehrere Rissquetschwunden erlitt und drei Schneidezähne verlor.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und 9 lit b StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten * L*.
[4] Nach den Feststellungen des Erstgerichts hielt es der Angeklagte beim Versetzen der Faustschläge gegen das Gesicht des * S* ernstlich für möglich und fand sich damit ab, den Genannten dadurch am Körper zu verletzen. Weiters war für * L* wie für jedermann vorhersehbar, dass solche Faustschläge zu einem Verlust von Schneidezähnen, welcher mit einer wesentlichen Beeinträchtigung der Kaufunktion verbunden ist, führen können (US 5).
[5] Dem Einwand der Undeutlichkeit (Z 5 erster Fall) zuwider sind dadurch die für die subjektive Tatseite relevanten Feststellungen (dazu RIS‑Justiz RS0131591) im Urteil unmissverständlich getroffen worden (US 12).
[6] Der Vorwurf der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) in Bezug auf die Feststellungen zur objektiven Tatseite trifft nicht zu:
[7] Die Angaben des Zeugen Sc* hat das Erstgericht sehr wohl berücksichtigt (US 6).
[8] Die Verantwortung des * L* wurde von den Tatrichtern ebensowenig übergangen, sondern mit eingehender Begründung als unglaubwürdig verworfen (US 6 f).
[9] Zu einer Auseinandersetzung mit sämtlichen Details dieser Aussagen waren sie schon mit Blick auf das Gebot zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht verhalten (RIS‑Justiz RS0098778 und RS0106295). Dass das Gericht aus den Verfahrensergebnissen nicht die vom Angeklagten gewünschten Schlüsse zog, begründet keine Nichtigkeit (RIS‑Justiz RS0098400 [insb T8 bis T11]).
[10] Entgegen dem Einwand offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) der Feststellungen zur subjektiven Tatseite (US 5) begegnet deren Ableitung aus dem objektiven Geschehen (US 7) unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit keinen Bedenken (RIS‑Justiz RS0116882).
[11] Der hinsichtlich der Konstatierungen zur subjektiven Tatseite erhobene Vorwurf der bloßen Verwendung der verba legalia (Z 9 lit a) lässt offen, warum es den insoweit getroffenen Feststellungen (US 5) am gebotenen Sachverhaltsbezug fehlen sollte (RIS‑Justiz RS0119090 [T3]).
[12] Die Verantwortung des Angeklagten L* in Richtung Notwehr hat das Schöffengericht (mit mängelfreier Begründung) als Schutzbehauptung qualifiziert (US 7). Indem die weitere Rechtsrüge (Z 9 lit b) die daraus abgeleitete Negativ‑Feststellung zum allfälligen Vorliegen einer Notwehrsituation anhand eigener Beweiswerterwägungen bestreitet, bringt sie den insoweit behaupteten Feststellungsmangel nicht prozessordnungskonform zur Darstellung (RIS‑Justiz RS0099689 [T9] und RS0099784).
[13] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.
[14] Über die Berufung und die – gemäß § 498 Abs 3 dritter Satz StPO als erhoben zu betrachtende – Beschwerde hat das Oberlandesgericht zu entscheiden (§§ 285i, 498 Abs 3 letzter Satz StPO).
[15] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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