European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0140OS00153.21P.0222.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung der Staatsanwaltschaft werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde – soweit hier von Bedeutung – Dr. * K* des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 12 zweiter Fall, 146, 147 Abs 3 StGB schuldig erkannt.
[2] Unmittelbar nach der Urteilsverkündung erklärte der Angeklagte – auch nach den Ergebnissen der vom Obersten Gerichtshof durchgeführten tatsächlichen Aufklärung (§ 285f StPO) – nach Rechtsmittelbelehrung, „Rechtsmittel“ anzumelden (ON 430 S 62). Innerhalb der dreitägigen Frist des § 284 Abs 1 erster Satz StPO und des § 294 Abs 1 StPO wurde keine weitere Erklärung abgegeben.
[3] Nach Zustellung einer Urteilsausfertigung an den Verteidiger am 28. September 2021 (Zustellschein bei ON 1 S 223) führte dieser (nachdem die Frist zur Ausführung des Rechtsmittels um zwei Monate verlängert worden war [ON 467]) mit am 15. Dezember 2021 eingebrachtem Schriftsatz eine auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde und eine Berufung des Angeklagten gegen den Ausspruch über die Strafe aus (ON 483).
Rechtliche Beurteilung
[4] Wenngleich es bei der Anmeldung eines Rechtsmittels weder auf den Wortlaut noch auf die Einhaltung einer bestimmten Form ankommt (RIS‑Justiz RS0099951, RS0101785, RS0099067 [T9]; siehe aber § 84 Abs 2 StPO), muss zur Rechtzeitigkeit und Beachtlichkeit einer Nichtigkeitsbeschwerde deutlich und bestimmt erklärt werden, ein (bezeichnetes) Urteil wegen des Vorliegens von Nichtigkeitsgründen anzufechten (RIS‑Justiz RS0100007, RS0100000; Ratz, WK‑StPO § 284 Rz 7).
[5] Diesem Erfordernis wird die vorliegende, Nichtigkeitsgründe nicht einmal ansatzweise behauptende (vgl RIS‑Justiz RS0099013, RS0099067 [T12, T16]), allgemeine Erklärung, „Rechtsmittel“ anzumelden, nicht gerecht (RIS‑Justiz RS0100007 [T2], 15 Os 125/20a). Sie ist vielmehr als Absichtsäußerung zu werten, innerhalb der dafür gesetzlich vorgesehenen Frist eine dem Bestimmtheitserfordernis entsprechende Rechtsmittelerklärung abgeben zu wollen. Entsprechendes gilt für die Anmeldung der Berufung (RIS‑Justiz RS0099993; 15 Os 168/18x und 15 Os 125/20a; vgl Ratz, WK‑StPO § 294 Rz 2).
[6] Da der Angeklagte erstmals in der Rechtsmittelausführung, somit nach Ablauf der Fristen des § 284 Abs 1 erster Satz StPO und des § 294 Abs 1 StPO, erklärt hat, Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung zu erheben, waren – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – Erstere gemäß § 285d Abs 1 Z 1 iVm § 285a Z 1 StPO (RIS‑Justiz RS0100010, 15 Os 168/18x) und Letztere gemäß § 296 Abs 2 iVm § 294 Abs 4 StPO (vgl RIS‑Justiz RS0100243) bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.
[7] Die Zuständigkeit zur Entscheidung über die Berufung der Staatsanwaltschaft kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).
[8] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)