European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0040OB00203.21P.1216.000
Spruch:
Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.
Begründung:
[1] Der Kläger begehrt die Rückzahlung der von ihm in Erfüllung eines Pachtvertrags an die beklagte Partei gezahlten Beträge (Kaution und Gebühren) von insgesamt 23.190 EUR. Die beklagte Partei habe das Bestandverhältnis zu Unrecht aufgelöst.
[2] Die beklagte Partei brachte vor, dass sie vom Vertrag zu Recht zurückgetreten sei. Sie wandte eine auf Schadenersatz gestützte Gegenforderung ein.
[3] Das Erstgericht erkannt die Klags- und Gegenforderung (letztere zumindest bis zur Höhe der Klagsforderung) jeweils als zu Recht bestehend und wies das Klagebegehren ab.
[4] Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
[5] Die gegen dieses Urteil erhobene „außerordentliche Revision (in eventu Antrag nach § 508 ZPO“ des Klägers, mit der er beantragt, das Berufungsurteil im stattgebenden Sinn abzuändern, legte das Erstgericht unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor. Diese Vorgangsweise widerspricht der geltenden Rechtslage:
[6] Gemäß § 502 Abs 3 ZPO ist die Revision – außer im Fall des § 508 Abs 3 ZPO – jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann jedoch eine Partei gemäß § 508 Abs 1 und 2 ZPO binnen vier Wochen nach der Zustellung des Berufungserkenntnisses den beim Erstgericht (§ 508 Abs 2 erster Satz ZPO) einzubringenden Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Ausspruch dahingehend abzuändern, dass die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt werde; ein solcher Antrag, der mit der ordentlichen Revision zu verbinden ist, muss die Gründe dafür anführen, warum entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts nach § 502 Abs 1 ZPO die ordentliche Revision für zulässig erachtet wird.
[7] Ein Fall des § 502 Abs 5 Z 2 ZPO, der die Anwendung des § 508 ZPO ausschließt, liegt hier nicht vor. Die Frage, ob die Vertragsauflösung des Pachtvertrags zu Recht erfolgte, bildet hier nur eine Vorfrage zur Beurteilung der Hauptfrage, ob der Rückzahlungsanspruch zu Recht besteht. Es liegt damit keine Streitigkeit „über das Bestehen oder Nichtbestehen eines (Bestand)Vertrags“ vor (RS0042950).
[8] Der Gegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, übersteigt hier 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR.
[9] Im Hinblick auf die dargestellte Rechtslage wäre das Rechtsmittel daher nicht dem Obersten Gerichtshof, sondern dem Berufungsgericht vorzulegen gewesen. Das Erstgericht wird die Vorlage an das Berufungsgericht nachzuholen haben. Ob die im Rechtsmittelschriftsatz enthaltenen Ausführungen den Erfordernissen des § 508 Abs 1 ZPO entsprechen, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (RS0109623 [T5], RS0109501 [T12]).
[10] Der Akt ist daher dem Erstgericht zurückzustellen.
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