European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E133172
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurden S* A* und N* A* jeweils eines Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB schuldig erkannt.
[2] Danach haben sie im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 erster Fall StGB) am 6., 12., 13. und 24. Februar 2020 in L* und K* mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, im angefochtenen Urteil teils namentlich genannte Mitarbeiter von Filialen der A* AG durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die Vorgabe, das von S* A* geführte Einzelunternehmen sei zahlungsfähig und ‑willig, zu Handlungen, und zwar zum Abschluss von insgesamt 18 Mobilfunkverträgen samt Ausfolgung von SIM-Karten und zwei Mobiltelefonen, verleitet, welche die A* AG im 5.000 Euro übersteigenden Betrag von 196.084,45 Euro am Vermögen schädigten.
Rechtliche Beurteilung
[3] Die dagegen von S* A* aus den Gründen der Z 5, 9 lit a und 10, von N* A* aus Z 5, jeweils des § 281 Abs 1 StPO, ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerden sind nicht im Recht.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten S* A*:
[4] Der von der Mängelrüge erhobene Einwand der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) geht schon deshalb ins Leere, weil das Erstgericht die als übergangen reklamierte Aussage des Zeugen * B* ohnehin erörterte (US 11 f).
[5] Im Rahmen der Rechtsrüge (Z 9 lit a, der Sache nach Z 10) wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die Annahme der Qualifikation nach § 147 Abs 2 StGB, weil der weitaus überwiegende Teil des Schadens nach dem Urteilssachverhalt innerhalb von zwei Tagen durch Verwendung der betrügerisch herausgelockten SIM‑Karten von Frankreich aus durch unbekannte Personen in Form exorbitant hoher Verbindungsentgelte entstanden sei (US 8). Sie legt jedoch nicht dar, weshalb dieser Umstand angesichts der sonstigen Feststellungen, denen zufolge die Angeklagten bereits beim Abschluss der gegenständlichen Mobilfunkverträge mit dem Vorsatz handelten, durch entgeltliche Weitergabe zumindest eines Mobiltelefons und der SIM‑Karten an Unbekannte sich selbst unrechtmäßig zu bereichern und dabei billigend in Kauf nahmen, dass diese durch missbräuchliche Verwendung der SIM-Karten einen 5.000 Euro übersteigenden Schaden der A* AG herbeiführen würden (US 8 f, 12 f und 15), entscheidend sei (vgl im Übrigen zur rechtlichen Gleichwertigkeit von Versuch und Vollendung RIS‑Justiz RS0122138).
[6] Soweit die weitere Rüge (der Sache nach Z 10) eine rechtliche Unterstellung der Weitergabe der SIM‑Karten und deren nachfolgende missbräuchliche Verwendung unter „eine Vielzahl anderer Tatbestände“ („beispielsweise“ §§ 133, 164 und 148a StGB) erwägt, unterlässt sie die gebotene Darlegung, aus welchen ausdrücklich zu bezeichnenden Tatsachen welche rechtliche Konsequenz konkret hätte abgeleitet werden sollen (RIS‑Justiz RS0117247). Zudem übergeht sie die zuvor wiedergegebenen Feststellungen zur subjektiven Tatseite der Beschwerdeführer (RIS‑Justiz RS0099810; vgl im Übrigen RS0126858, RS0123004; Kirchbacher/Sadoghi in WK2 StGB § 146 Rz 72 und 95 [zur Tatbestandsmäßigkeit eines Verhaltens im Sinn des § 146 StGB, durch welches der Getäuschte dem Täter ein – zu dessen Betrugskonzept gehörendes – Verhalten gestattet, das den schon bei Vornahme der Täuschung von einem konkreten Schädigungs- und Bereicherungsvorsatz umfassten Schadenseintritt auslöst]; vgl auch Leukauf/Steininger/Flora, StGB4 § 146 Rz 73; aM Kert, SbgK § 146 Rz 268).
[7] Der Einwand, es mangle vorliegend an von der Rechtsprechung verlangter „Stoffgleichheit“, weil die (angestrebte) unrechtmäßige Bereicherung sich nicht aus der vermögensschädigenden Handlung des Getäuschten ergebe (vgl RIS-Justiz RS0094140, RS0094158), verfehlt abermals die gebotene Bezugnahme auf den Urteilssachverhalt, nach welchem die täuschungsbedingte Vermögensverfügung von Mitarbeitern der A* AG gerade darin bestand, (diese schädigend) den Angeklagten vertraglich die Nutzung der SIM-Karten einzuräumen, wodurch diese oder Dritte (tatplangemäß) unrechtmäßig bereichert wurden (US 6 ff).
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten N* A*:
[8] Indem die Mängelrüge Einzelheiten seiner – von den Tatrichtern ohnehin erörterten, jedoch mängelfrei als unglaubhaft verworfenen (US 10 ff) – Verantwortung ins Treffen führt, zeigt sie keine Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) auf (vgl RIS-Justiz RS0098642).
[9] Die Kritik an der Feststellung, der Beschwerdeführer habe anlässlich der Vertragsabschlüsse (auch) über den Verwendungszweck der Mobiltelefone und SIM-Karten getäuscht (US 6), spricht angesichts der weiteren Konstatierung zur Täuschung über die Zahlungsfähigkeit und ‑willigkeit der Mitangeklagten (US 6) keine entscheidende Tatsache an, die allein den gesetzlichen Bezugspunkt einer Mängelrüge bildet (RIS-Justiz RS0117499).
[10] Im Übrigen erschöpft sich die Nichtigkeitsbeschwerde darin, den Beweiswerterwägungen des Erstgerichts eigenständige Schlussfolgerungen aus den Aussagen des Beschwerdeführers sowie der Zeugen * P* und B* nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung (vgl § 283 Abs 1 StPO) entgegenzustellen.
[11] Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
[12] Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde (§§ 285i, 498 Abs 3 letzter Satz StPO).
[13] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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