OGH 5Ob172/21m

OGH5Ob172/21m28.10.2021

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache des Antragstellers G*, vertreten durch Thurnher Wittwer Pfefferkorn & Partner, Rechtsanwälte GmbH in Dornbirn, wegen Grundbuchshandlungen ob der EZ * KG *, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 16. Jänner 2020, AZ 3 R 172/19g, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Hermagor vom 12. November 2019, TZ 1128/2019, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E133194

 

Spruch:

Aus Anlass des Revisionsrekurses wird der angefochtene Beschluss des Rekursgerichts dahin abgeändert, dass der vom Rechtspfleger des Erstgerichts erlassene Beschluss aufgehoben und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung durch den Richter aufgetragen wird.

 

Begründung:

[1] Der am 13. 5. 2018 in Köln verstorbene deutsche Staatsangehörige N*, zuletzt gewöhnlich aufhältig in Köln, ist nach wie vor als grundbücherlicher Eigentümer einer Liegenschaft eingetragen. Das Nachlassverfahren ist beim Amtsgericht Köln anhängig. Der Antragsteller ist sein Sohn. Er ist ebenfalls deutscher Staatsangehöriger mit gewöhnlichem Aufenthalt in Köln. Er hat beim Amtsgericht Köln gegen den Nachlass den Anspruch auf Rückübertragung des Eigentums an dieser Liegenschaft aufgrund Vertragsanbot vom 9. 7. 1975 und Annahmeerklärung vom 22. 7. 1975 geltend gemacht.

[2] An diesem Tag hat der Verstorbene dem Antragsteller und dessen (damaliger) Gattin folgendes Anbot gemacht:

„Erstens: Mit Kaufvertrag vom 13. 5. und 20. 6. 1975 hat Frau R*, [...], einen erst zu vermessenden Teil der Liegenschaft [...] erworben. Auf diesem Grundstück soll ein Zweifamilienhaus errichtet werden, welches für Frau R* und ihre Familie als ständiger Wohnsitz dienen soll und welches von ihrem Schwiegervater, Herr N*, finanziert werden soll. Für den Fall, dass Frau R* die genannte Liegenschaft an ihren Ehegatten Herrn G* ins Alleineigentum übergibt und dieser die Liegenschaft wiederum seinem Vater Herrn N* ins Eigentum überträgt, bietet Herr N* der Frau R* und dem Herrn G* [...], den Abschluss des folgenden Vertrags an:

a) Herr N* übernimmt die genannte Liegenschaft von Herrn G* in sein Eigentum, samt allem, was damit verbunden ist, allen Rechten und Pflichten und entsprechend dem Besitzstand nach erfolgter Vermessung. Die Übergabe der Liegenschaft an Herrn N* hat zu den Bedingungen zu erfolgen, die in den folgenden Punkten festgelegt sind.

b) Herr N* verpflichtet sich, auf dieser Liegenschaft, die dann in seinem Eigentum stehen wird, ein Zweifamilienhaus binnen zehn Jahren ab Vertragsabschluss zu errichten. Diese Verpflichtung geht auf seine Erben über, soweit sie nicht von ihm zu seinen Lebzeiten erfüllt ist. [...]

c) Herr N* übergibt die genannte Liegenschaft auf seinen Todesfall an Frau R* und Herrn G* je zur Hälfte samt allem, was im Zeitpunkt seines Ablebens mit der Liegenschaft verbunden sein wird, insbesondere dem darauf befindlichen Haus und entsprechend den Grenzen des Besitzstandes im Zeitpunkt der Übergabe. Die Übergabe erfolgt mit dem Ableben des Herrn N*, nicht aber vor Fertigstellung des Hauses. Die Übergabe ist dadurch bedingt, dass im Zeitpunkt des Ablebens des Herrn N* die Ehe zwischen den beiden Übernehmern nicht geschieden ist und Frau R* Herrn N* überlebt. Wenn diese Bedingung nicht erfüllt ist, gilt die Übergabe auf den Todesfall nur als an Herrn G* erfolgt, nach welchem der Anspruch aus dem abzuschließenden Vertrag auch schon vor dem Ableben des Herrn N* vererblich ist.

d) Soweit Gegenleistungen für diese Übergabe nicht vereinbart sind, erfolgt die Übergabe auf den Todesfall schenkungsweise, wie Herr N* ausdrücklich erklärt. Er verzichtet darauf, diesen Vertrag zu widerrufen.

e) Als teilweise Gegenleistung für die Übergabe sind die Übernehmer verpflichtet, der Frau [...], der Mutter der Frau R*, ein Wohnungsrecht in dem zu errichtenden Haus einzuräumen [...].

f) Auf die Rechtsverhältnisse aus den abzuschließenden Verträgen ist österreichisches Recht anzuwenden [...].

g) Herr N* verpflichtet sich, die in seinem Eigentum stehende Liegenschaft nicht ohne Zustimmung des Herrn G* und der Frau R* zu veräußern oder zu belasten, damit ihre Ansprüche aus dem Übergabsvertrag auf den Todesfall abgesichert sind. [...]

h) Herr N* bewilligt im Grundbuch bei der für das vertragsgegenständliche Grundstück noch zu eröffnenden Grundbuchseinlage der Katastralgemeinde *

aa) [...]

bb) aufgrund dieses Vertrages und der amtlichen Sterbeurkunde des Herrn N* die Einverleibung des Eigentumsrechts je zur Hälfte über gemeinsamen Antrag für beide Übernehmer oder die Einverleibung des Eigentumsrechts nur für G* über seinen Antrag unter Nachweis des Eintritts der Bedingung für die Übergabe der Liegenschaft nur an ihn alleine.

i) [...]“

[3] Mit Notariatsakt vom 22. 7. 1975 haben der Antragsteller und seine (damalige) Gattin dieses Anbot angenommen. Die Gattin des Antragstellers ist bereits am 5. 11. 2005 verstorben, da war ihre Ehe mit dem Antragsteller bereits geschieden. Ein Haus wurde auf dem nach erfolgter Vermessung als 516/1 bezeichneten Grundstück der EZ * KG * nicht errichtet.

[4] Der Antragsteller beantragte als aus dem Schenkungsfall auf den Todesfall nunmehr allein Berechtigter die Einverleibung seines Eigentumsrechts ob dieser Liegenschaft. Er legte Vertragsanbot und Annahmeerklärung vom 9. 7./22. 7. 1975, die Sterbeurkunden seines Vaters und seiner geschiedenen Frau, eine Unbedenklichkeitsbescheinigung, den Beschluss über die Anordnung der Nachlasspflegschaft durch das Amtsgericht Köln, eine Bescheidkopie des Einheitswertsbescheids und ein Luftbild des Grundstücks vor.

[5] Das Erstgericht wies – durch seinen Diplomrechtspfleger – das Grundbuchsgesuch mangels ausreichender urkundlicher Nachweise des Eintritts sämtlicher Bedingungen gemäß Vertragsanbot ab, wobei es von der Anwendbarkeit österreichischen Rechts ausging.

[6] Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Die Bestimmungen der EuErbVO seien nicht anzuwenden, weil im Vertragsanbot österreichisches Recht vereinbart worden sei. Den Eintritt der im Vertrag vorgesehenen aufschiebenden Bedingungen habe der Antragsteller durch grundbuchsfähige Urkunden darzutun. Die Übergabe aufgrund Schenkung auf den Todesfall hätte nicht vor Fertigstellung des Hauses erfolgen sollen, der Eintritt dieser Bedingung sei nicht nachgewiesen.

[7] Der ordentliche Revisionsrekurs wurde zur Frage zugelassen, ob eine binnen zehn Jahren ab Vertragsabschluss zu erfüllende Verpflichtung, die zu Lebzeiten des Verpflichteten nicht erfüllt wird, selbst bei Überbindung an Erben – innerhalb der Zehnjahresfrist – bei einer Schenkung auf den Todesfall über den Zeitpunkt des Todes hinaus wirke.

[8] Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers, in dem er eine Abänderung im Sinn einer Bewilligung seines Grundbuchsantrags anstrebt. Er macht zusammengefasst geltend, zur Frage, ob das anwendbare Recht bei einer Schenkung auf den Todesfall nach der EuErbVO zu ermitteln sei, fehle höchstgerichtliche Rechtsprechung. Seiner Auffassung nach sei die EuErbVO nicht anzuwenden, weil die Schenkung auf den Todesfall schuldrechtlich zu qualifizieren sei. Auch zur Frage, ob die vorgesehene zehnjährige Befristung zur Erfüllung der Bedingung weiter beachtlich sei oder eine auflösende Befristung vorliege, die dem Grundbuch urkundlich nicht (mehr) nachzuweisen sei, obwohl die Befristung abgelaufen sei, vermisst er höchstgerichtliche Rechtsprechung. Die Vertragsklauseln 1b und 1c des Vertrags seien dahin auszulegen, dass die Bedingung auflösend befristet sei, sodass eine unbedingte Schenkung auf den Todesfall vorliege. Letztlich sei eine unzulässige (und damit als nicht beigesetzt anzusehende) Bedingung anzunehmen, die die Schenkung auf den Todesfall aber nicht unzulässig mache, weil aufgrund des einverleibten Belastungs‑ und Veräußerungsverbots von einem vollständigen Widerrufsverzicht auszugehen sei.

Rechtliche Beurteilung

[9] 1.1. Aus Anlass dieses Revisionsrekurses leitete der Oberste Gerichtshof zu 5 Ob 61/20m ein Vorabentscheidungsersuchen zur Klärung der Fragen ein, ob Art 3 Abs 1 lit b der EuErbVO dahin auszulegen ist, dass ein zwischen zwei deutschen Staatsangehörigen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben, abgeschlossener Schenkungsvertrag auf den Todesfall betreffend eine in Österreich gelegene Liegenschaft, wonach der Beschenkte nach dem Tod des Geschenkgebers einen schuldrechtlichen Anspruch gegenüber dem Nachlass auf grundbücherliche Einverleibung seines Eigentumsrechts aufgrund dieses Vertrags und der Sterbeurkunde des Geschenkgebers, somit ohne Zutun der Abhandlungsbehörde haben soll, ein Erbvertrag im Sinn dieser Bestimmung ist. Für den Fall, dass diese Frage bejaht wird, fragte der erkennende Senat danach, ob Art 83 Abs 2 der EuErbVO dahin auszulegen ist, dass damit auch die Wirksamkeit einer vor dem 17. 8. 2015 getroffenen Rechtswahl für einen als Erbvertrag iSd Art 3 Abs 1 lit b EuErbVO zu qualifizierenden Schenkungsvertrag auf den Todesfall geregelt wird.

[10] 1.2. Der Gerichtshof der Union hat auf diese Fragen wie folgt geantwortet (C‑270/20 ):

1. Art 3 Abs 1 Buchst b der Verordnung (EU) Nr 261/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Juli 2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines europäischen Nachlasszeugnisses ist dahin auszulegen, dass ein Vertrag, in dem eine Person vorsieht, dass bei ihrem Tod das Eigentum an einer ihr gehörenden Liegenschaft auf andere Vertragsparteien übergeht, einen Erbvertrag im Sinn dieser Bestimmung darstellt.

2. Art 83 Abs 2 der Verordnung Nr 650/2012 ist dahin auszulegen, dass er nicht auf die Prüfung der Wirksamkeit einer Rechtswahl anzuwenden ist, die vor dem 17. 8. 2015 lediglich für einen Erbvertrag iSv Art 3 Abs 1 Buchst b dieser Verordnung, der einen bestimmten Vermögenswert des Erblassers und nicht dessen gesamte Rechtsnachfolge von Todes wegen betrifft, getroffen wurde.

[11] 1.3. Zur ersten Frage verweist der Gerichtshof auf den Wortlaut von Art 3 Abs 1 Buchst b der EuErbVO, der allgemein auf eine Vereinbarung Bezug nehme, die Rechte am künftigen Nachlass begründe (Rn 30). Nach Art 3 Abs 1 Buchst a der Verordnung bezeichne der Ausdruck „Rechtsnachfolge von Todes wegen“ jede Form des Übergangs von Vermögenswerten, sei es im Weg der gewillkürten Erbfolge durch eine Verfügung von Todes wegen oder im Weg der gesetzlichen Erbfolge (Rn 31). Diese Auslegung werde durch das mit der Verordnung verfolgte Ziel bestätigt, eine Nachlassspaltung gemäß dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Erbfolge zu verhindern und eine einheitliche Regelung zu schaffen, die auf alle zivilrechtlichen Aspekte einer Rechtsnachfolge von Todes wegen mit grenzüberschreitendem Bezug anwendbar sei (Rn 33).

[12] 1.4. Zur Antwort auf die zweite Frage verweist der Gerichtshof darauf, dass Art 83 Abs 2 EuErbVO die Gültigkeit der Rechtswahl nur für die gesamte Rechtsnachfolge von Todes wegen regle. Da hier die Wahl des österreichischen Rechts nach der Aktenlage nur den Erbvertrag betroffen habe, sei die Voraussetzung für die Anwendung von Art 83 Abs 2 EuErbVO nicht erfüllt.

[13] 2.1. Durch die Antwort des Gerichtshofs der Europäischen Union auf die Frage 1 ist somit für den Obersten Gerichtshof bindend geklärt, dass der hier als Eintragungsgrundlage vorgelegte Vertrag aufgrund autonomer Auslegung des Art 3 Abs 1 lit b EuErbVO als Erbvertrag im Sinn dieser Bestimmung anzusehen ist und die Ausnahmebestimmungen des Art 1 lit g und lit l EuErbVO darauf nicht anzuwenden sind.

[14] 2.2. Da der Vater des Antragstellers am 13. 5. 2018 verstorben ist, ist nach der Übergangsbestimmung des Art 83 Abs 1 EuErbVO die Verordnung grundsätzlich auf die Rechtsnachfolge nach ihm anzuwenden. Auch die Zulässigkeit der im Vertrag getroffenen Rechtswahl ist daher nach den Bestimmungen der EuErbVO zu beurteilen.

2.3. Kapitel III der EuErbVO sieht dazu vor:

[15] Gemäß Art 22 Abs 1 EuErbVO kann eine Person für die Rechtsnachfolge von Todes wegen das Recht des Staates wählen, dem sie im Zeitpunkt der Rechtswahl oder im Zeitpunkt ihres Todes angehört. Eine Person, die mehrere Staatsangehörigkeiten besitzt, kann das Recht eines der Staaten wählen, denen sie im Zeitpunkt der Rechtswahl oder im Zeitpunkt ihres Todes angehört. Gemäß Art 22 Abs 2 EuErbVO muss die Rechtswahl ausdrücklich in einer Erklärung in Form einer Verfügung von Todes wegen erfolgen oder sich aus den Bestimmungen aus solchen Verfügungen ergeben. Diese Bestimmung bezieht sich – wie der Gerichtshof der Europäischen Union im Zug der Beantwortung der Frage 2 klargestellt hat – nur auf eine Rechtswahl für die gesamte Rechtsnachfolge von Todes wegen, demgemäß ist auch die Übergangsbestimmung des Art 83 Abs 2 EuErbVO hier nicht anzuwenden, wonach im Fall, dass der Erblasser das auf seine Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwendende Recht vor dem 17. 8. 2015 gewählt hat, die Rechtswahl nur unter der Voraussetzung wirksam ist, dass sie die Voraussetzungen des Kapitels III erfüllt oder wenn sie nach den zum Zeitpunkt der Rechtswahl geltenden Vorschriften des internationalen Privatrechts in dem Staat, in dem der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, oder in einem Staat, dessen Staatsangehörigkeit er besaß, wirksam ist.

[16] 2.4. Abzustellen ist aufgrund der Antwort des Gerichtshofs der Europäischen Union vielmehr auf Art 25 EuErbVO. Dessen Abs 1 sieht für Erbverträge vor, dass die Zulässigkeit, die materielle Wirksamkeit und die Bindungswirkungen eines Erbvertrags, der den Nachlass einer einzigen Person betrifft, einschließlich der Voraussetzungen für seine Auflösung dem Recht unterliegen, dass nach dieser Verordnung auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwenden wäre, wenn diese Person zu dem Zeitpunkt verstorben wäre, in dem der Erbvertrag geschlossen wurde. Ungeachtet dieser Bestimmung können nach Art 25 Abs 3 EuErbVO die Parteien für die Zulässigkeit, die materielle Wirksamkeit und die Bindungswirkungen ihres Erbvertrags, einschließlich der Voraussetzungen für seine Auflösung, das Recht wählen, dass die Person oder eine der Personen, deren Nachlass betroffen ist, nach Art 22 oder den darin genannten Bedingungen hätten wählen können.

[17] 2.5. Nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Bestimmungen und unter Berücksichtigung des Erbstatuts des Art 21 Abs 1 EuErbVO, das grundsätzlich die Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers im Todeszeitpunkt anordnet, war daherdie Wahl österreichischen Rechts des sowohl zum Zeitpunkt des Abschlusses des Schenkungsvertrags auf den Todesfall als auch zum Zeitpunkt seines Todes in Deutschland gewöhnlich aufhältigen Erblassers, der deutscher Staatsangehöriger war, nach den aktuellen Bestimmungen der EuErbVO nicht zulässig.

[18] 2.6. In einem weiteren Schritt ist die Übergangsbestimmung in Art 83 Abs 3 EuErbVO zu erörtern. Danach ist eine vor dem 17. 8. 2015 errichtete Verfügung von Todes wegen zulässig sowie materiell und formell wirksam, wenn sie die Voraussetzungen des Kapitels III erfüllt oder wenn sie nach den zum Zeitpunkt der Errichtung der Verfügung geltenden Vorschriften des internationalen Privatrechts in dem Staat, in dem der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, oder in einem Staat, dessen Staatsangehörigkeit er besaß oder in dem Mitgliedstaat, dessen Behörde mit der Erbsache befasst ist, zulässig sowie materiell und formell wirksam ist. Als Verfügung von Todes wegen im Sinn dieser Bestimmung ist nach Art 3 Abs 1 lit d EuErbVO auch ein Erbvertrag – somit nach der Antwort des Gerichtshofs der Europäischen Union auf Frage 1 auch der hier zu beurteilende Schenkungsvertrag auf den Todesfall – anzusehen. Nach der Auslegung des Art 83 Abs 2 EuErbVO durch den Gerichtshof (und seiner Antwort auf Frage 2) ist davon auszugehen, dass die in einer Verfügung von Todes wegen nur für einzelne Nachlassgegenstände verfügte Rechtswahl im Hinblick auf ihre Zulässigkeit nur nach Art 83 Abs 3 der EuErbVO zu beurteilen ist (vgl hiezu Rudolf, EuErbVO – Übergangsvorschriften für die Wirksamkeit einer Rechtswahl und letztwilliger Verfügungen, intertemporales Kollisionsrecht, ZfRV 2015/26 [217]).

[19] 2.7. Zunächst ist der Schenkungsvertrag auf den Todesfall daher darauf zu prüfen, ob er den Anforderungen des Kapitels III der EuErbVO (Art 24 bis 27) entspricht. Dass dies nicht der Fall ist, wurde bereits erörtert. Nach den weiteren in Art 83 Abs 3 EuErbVO genannten Möglichkeiten könnte sich die Zulässigkeit und die materielle und formelle Wirksamkeit aber auch aus dem Sachrecht des Staats ergeben, auf welches die kollisionsrechtlichen Bestimmungen des Staats des gewöhnlichen Aufenthalts des Erblassers oder des Staats, dessen Staatsangehörigkeit er besaß, jeweils im Errichtungszeitpunkt des Erbvertrags verweisen (Rudolf aaO). Letztlich würde alternativ zu diesen Varianten – in Abweichung zu Art 83 Abs 2 EuErbVO – die Zulässigkeit und Wirksamkeit der letztwilligen Verfügung auch nach dem Sachrecht ausreichen, in das (im Zeitpunkt der Errichtung) die kollisionsrechtlichen Vorschriften des Mitgliedstaats verweisen, dessen Behörde nach der EuErbVO befasst ist (Rudolf aaO 218). Alle diese Alternativen verweisen im hier zu beurteilenden Fall aber auf das deutsche (Kollisions-)recht, weil der Erblasser zum Zeitpunkt der Errichtung des Erbvertrags deutscher Staatsangehöriger mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland war und das Amtsgericht Köln als die mit der Nachlasssache nach der EuErbVO befasste Behörde anzusehen ist. Die Zulässigkeit und Wirksamkeit der hier getroffenen Rechtswahl hängt daher davon ab, ob das zum Zeitpunkt der Errichtung des Schenkungsvertrags auf den Todesfall geltende deutsche Kollisionsrecht eine derartige Rechtswahl für zulässig ansah oder nicht. Dies ist als Vorfrage zwingend zu klären, bevor die Berechtigung des Einverleibungsbegehrens des Antragstellers abschließend beurteilt werden kann.

[20] 3.1. Gemäß § 16 Abs 2 Z 6 RpflG bleiben – auch in Grundbuchsachen – dem Richter Entscheidungen vorbehalten, bei denen ausländisches Recht anzuwenden ist, wobei es für das Wirksamwerden des Richtervorbehalts nach dieser Bestimmung ausreicht, dass die Notwendigkeit der Berücksichtigung einer ausländischen Rechtsvorschrift zumindest in Betracht kommt (RIS‑Justiz RS0125906; 5 Ob 208/09p; 5 Ob 108/17v; 5 Ob 186/17i). Hier ist von der Notwendigkeit der Anwendung nicht nur der zum österreichischen Rechtsbestand gehörenden EuErbVO (5 Ob 186/17i), sondern jedenfalls deutschen Kollisionsrechts zum Zeitpunkt der Errichtung des hier zu beurteilenden Schenkungsvertrags auf den Todesfall (so etwa Art 25 Abs 2 EGBGB aF) und – je nach Ergebnis dieser Prüfung – allenfalls auch deutschen Sachrechts auszugehen.

[21] 3.2. Ein vom Rechtspfleger in Überschreitung der im Gesetz eingeräumten Entscheidungsgewalt erlassener Beschluss und das ihm vorangegangene Verfahren, soweit es vom Rechtspfleger durchgeführt wurde, leiden an Nichtigkeit im Sinn des § 477 Abs 1 Z 2 ZPO, sodass ein solcher Beschluss im Fall seiner Anfechtung aufzuheben ist. Die Nichtigkeit ist, auch wenn sie im Rechtsmittel nicht geltend gemacht wurde, bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens wahrzunehmen (RS0007465 [T2]). Nunmehr folgt diese Konsequenz (auch) aus § 58 Abs 4 Z 2 iVm § 58 Abs 3 AußStrG und § 75 Abs 2 GBG (RS0007465 [T10]; 5 Ob 186/17i), wobei das Außerstreitgesetz den Begriff der Nichtigkeit vermeidet. Eine Sachentscheidung durch den Obersten Gerichtshof scheidet in dieser Konstellation allerdings aus (5 Ob 108/17v; 5 Ob 186/17i).

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