OGH 8Ob112/21k

OGH8Ob112/21k22.10.2021

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Tarmann‑Prentner und Mag. Korn, den Hofrat Dr. Stefula und die Hofrätin Mag. Wessely‑Kristöfel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C***** H*****, vertreten durch die Dr. Ganner Lawfirm Rechtsanwalts GmbH in Innsbruck, gegen die beklagte Partei R***** S*****, vertreten durch Mag. Roland Seeger, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 8.228 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 12. Mai 2021, GZ 1 R 41/21t‑31, womit das Urteil des Bezirksgerichts Schwaz vom 22. Jänner 2021, GZ 2 C 1402/19d‑25, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0080OB00112.21K.1022.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 833,88 EUR (darin enthalten 138,98 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

[1] Der Kläger ließ seine Ehegattin im Zeitraum von zumindest Oktober 2018 bis Mai 2019 durch eine Detektei observieren. Im Februar 2019 brachte die Ehegattin die Scheidungsklage ein, worauf der Kläger Widerklage erhob. Am 5. 7. 2019 beauftragte er, „um den Beweis zu haben, dass bei der Scheidung nur gelogen wird“, ein anderes Detektivunternehmen mit der abermaligen Observierung der Ehegattin. Bei dieser zwischen 22. 7. und 11. 9. 2019 durchgeführten Observierungsphase mit 24 Observationen konnte – in Hinsicht auf den Beklagten – nur beobachtet werden, dass die Ehegattin an zwei Tagen in dessen Pkw neben ihm auf dem Beifahrersitz saß.

[2] Die Vorinstanzen wiesen übereinstimmend die auf den Ersatz der Kosten der zweiten Observierungsphase gerichtete Schadenersatzklage unter anderem mit der Begründung ab, die Überwachung durch das zweite Detektivunternehmen sei offenkundig überflüssig und erkennbar unzweckmäßig gewesen, zumal, wie der Kläger selbst vorgebracht habe, bereits durch die erste Detektei eine intime Beziehung zwischen der Ehegattin und dem Beklagten nachgewiesen worden sei. Das Erstgericht traf mit diesem Vorbringen des Klägers auch korrespondierende Feststellungen.

[3] Die Abweisung der Klage hält sich im Rahmen der höchstgerichtlichen Rechtsprechung.

Rechtliche Beurteilung

[4] Der Ehestörer hat unabhängig vom Erfolg einzelner Beobachtungen alle Detektivkosten zu ersetzen, die der in seinen Rechten verletzte Ehegatte nach objektiven Maßstäben für notwendig ansehen konnte, um sich über das Verhalten seines Ehepartners Gewissheit zu verschaffen (RS0022959 [T1, T20]). Das Recht, sich durch Betrauung eines Detektivs Gewissheit zu verschaffen, findet – auch unter dem Gesichtspunkt der Schadenminderungspflicht – dort seine Grenze, wo die Überwachung (a) offenkundig überflüssig oder (b) von vornherein aussichtslos und erkennbar unzweckmäßig ist oder wenn (c) Rechtsmissbrauch vorliegt (3 Ob 575/92; RS0022959 [T7, T12, T14]). Ob und inwieweit die Voraussetzungen für den Zuspruch von Detektivkosten vorliegen, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, weshalb abseits einer – hier nicht vorliegenden – korrekturbedürftigen Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts und der Missachtung der vom Obersten Gerichtshof aufgestellten Leitlinien in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO vorliegt (9 Ob 62/20p [Rz 11]; 8 ObA 8/21s [Rz 3]). Worin ein berechtigtes Interesse des Klägers liegen sollte, die ehewidrige Beziehung seiner Ehegattin abermals dokumentiert zu bekommen, wird in der Revision nicht zur Darstellung gebracht. Angesichts der bereits erfolgten Dokumentation des ehewidrigen Verhaltens der Ehegattin und des Beklagten durch die erste Detektei die Beauftragung eines weiteren Detektivunternehmens als offenkundig überflüssig zu qualifizieren, ist jedenfalls vertretbar.

[5] Das Berufungsgericht stützte seine Entscheidung zudem auf die – als RS0022959 (T5) und in EFSlg 41.076 veröffentlichte – Entscheidung 1 Ob 516/82. Darin wurde ausgesprochen, dass die Feststellung einer ehewidrigen Beziehung durch das Detektivunternehmen zu einem früheren Zeitpunkt noch nicht die Verpflichtung zum Ersatz der Kosten einer Monate später in Auftrag gegebenen, aber erfolglos gebliebenen Überwachung bewirke, weil insofern ein rechtswidriges, zum Schadenersatz verpflichtendes Verhalten nicht vorliege. Die Revision lässt eine Auseinandersetzung mit dieser Begründung der Klageabweisung vermissen.

[6] „Ob auch eine Ersatzpflicht von Detektivkosten gerechtfertigt sein kann, wenn (nur mehr) die Glaubwürdigkeit des Ehegatten (in einem schon anhängigen Scheidungsverfahren) erschüttert werden soll“, stellt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts keine erhebliche Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO dar. Ob die Ehegattin abseits der Bestreitung einer – hier bereits durch die erste Detektei dokumentierten – intimen Beziehung zum Beklagten log, liegt nämlich außerhalb des Rechtswidrigkeitszusammenhangs einer vom Beklagten zu verantwortenden Verletzung der fremden Ehe, weshalb der Beklagte damit in Zusammenhang stehende Detektivkosten dem Kläger auch nicht zu ersetzen hat (vgl 9 Ob 62/20p = iFamZ 2021/78 [Deixler‑Hübner]). Wenn die bereits dargelegte ständige Rechtsprechung im Zusammenhang mit einem auf Ersatz von Detektivkosten gerichteten Schadenersatzanspruch gegen den Ehestörer von einem Anspruch des verletzten Ehegatten ausgeht, sich über das Verhalten seines Ehepartners Gewissheit zu verschaffen, so bezieht sich dies naturgemäß stets allein auf eine vom Ehepartner mit dem Ehestörer gemeinsam begangene Ehewidrigkeit, nicht auf ein sonstiges, allein vom Ehepartner zu verantwortendes Verhalten.

[7] Die Revision ist aus den genannten Gründen entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) Ausspruch des Berufungsgerichts mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig und daher zurückzuweisen.

[8] Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Der Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

Stichworte