OGH 15Ns81/21m

OGH15Ns81/21m13.10.2021

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Oktober 2021 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden unddie Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in der Strafsachegegen ***** S*****und andere Angeklagte wegen des Verbrechens der staatsfeindlichen Verbindung nach § 246 Abs 2 erster und vierter Fall StGB, (nunmehr) AZ 601 Hv 5/21b des Landesgerichts für Strafsachen Wien, über die Anregung dieses Gerichts auf Delegierung nach Anhörung der Generalprokuratur gemäß § 62 Abs 1 zweiter Satz OGH-Geo 2019 den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0150NS00081.21M.1013.000

 

Spruch:

Der Delegierungsanregung wird nicht gefolgt.

Die Akten werden dem Oberlandesgericht Wien zurückgestellt.

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

[1] Das (nunmehr – vgl 15 Os 59/20w und 15 Ns 41/21d) beim Landesgericht für Strafsachen Wien (AZ 601 Hv 5/21b) gegen***** S***** und ***** E***** geführte Verfahren wegen Verbrechen der staatsfeindlichen Verbindung nach § 246 Abs 1 erster und vierter Fall StGB (Anklage ON 472) wurde von jenem Gericht mit dem vom Landesgericht für Strafsachen Graz (AZ 18 Hv 11/20k) zur Einbeziehung abgetretenen Verfahren gegen***** H***** und ***** B***** wegen Verbrechen der staatsfeindlichen Verbindung nach § 246 Abs 1 erster und vierter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen (Anklage ON 553 in ON 521) verbunden (ON 1 S 153).

[2] Das Landesgericht für Strafsachen Wien regt an, die Strafsache gegen die (nunmehr) vier Angeklagten an das Landesgericht für Strafsachen Graz zu delegieren.

[3] Die Angeklagten S*****, E***** und B***** haben sich gegen eine Delegierung an dieses Gericht ausgesprochen (ON 525, 527, 528), der Angeklagte H***** hat sich zur Frage einer allfälligen Delegierung nicht geäußert (vgl ON „434“ [im Hinblick auf die Aktenübersicht wohl richtig: ON 535] S 2).

[4] Mit Blick auf das Erfordernis strikter Auslegung von Delegierungsbestimmungen (RIS-Justiz RS0053539 [T3]; Oshidari, WK-StPO § 39 Rz 3; Nordmeyer, WK-StPO § 28 Rz 2; Lässig, WK-StPO Vor §§ 43–47 Rz 3) stellen die vorgebrachten Zweckmäßigkeitsüberlegungen keinen wichtigen Grund im Sinn des § 39 Abs 1 StPO dar.

[5] Zwar mögen gewisse Umstände (Wohnsitz des Angeklagten H***** in Graz [ON 499 und 522; zur Angeklagten B***** siehe ON 507 und 523 sowie deren ablehnende Äußerung ON 527], Wohnsitz einiger Zeugen in Graz bzw sonst der Steiermark, umfassende Aktenkenntnis der Staatsanwaltschaft Graz) für eine Durchführung der Hauptverhandlung vor dem Landesgericht für Strafsachen Graz sprechen, doch ist im vorliegenden Fall nicht zweifelsfrei ersichtlich, dass die Strafsache von diesem Gericht aller Voraussicht nach rascher und mit geringerem Kostenaufwand zu Ende geführt werden könnte als vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien (RIS-Justiz RS0097952; vgl vom Ansatz her auch RS0053169, RS0046324, RS0046589 jeweils zu § 31 JN).

[6] Immerhin sind voraussichtlich auch Zeugen mit Wohnsitzen in Niederösterreich (ON 508, 511), Oberösterreich (ON 500, 501) und Tirol (ON 601) sowie ein informierter Vertreter des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) mit Sitz in Wien zu laden. Zudem ist die Notwendigkeit einer unmittelbaren Vernehmung von weiteren Zeugen aus und um Wien (ON 480) und aus dem (nördlichen und östlichen) Ausland (ON 485, 486) derzeit nicht auszuschließen.

[7] Im Übrigen müssten besonders schwerwiegende Gründe vorliegen, um eine Strafsache dem zuständigen Gericht gegen den Willen eines Angeklagten (hier: der Mehrzahl der Angeklagten) abzunehmen (vgl etwa RIS‑Justiz RS0046455 zu § 31 JN). Solche sind im gegenständlichen Fall nicht zu erkennen.

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