OGH 1Ob149/21z

OGH1Ob149/21z7.9.2021

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Erwachsenenschutzsache des H*, geboren am *, verstorben am * (zuletzt wohnhaft in *), über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Erwachsenenvertreters Dr. G*, Rechtsanwalt in *, gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz als Rekursgericht vom 22. Juni 2021, GZ 15 R 57/21i‑46, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Freistadt vom 26. Jänner 2021, GZ 3 P 39/20s‑41, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E132890

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zuückgewiesen.

Begründung:
Rechtliche Beurteilung

[1] 1.1. Zählt – wie hier – die Vermögensverwaltung zum Aufgabenkreis des Erwachsenenvertreters, ist er gegenüber dem Gericht zur Rechnungslegung verpflichtet (§ 134 AußStrG; zur Anwendbarkeit auf den Erwachsenenvertreter vgl ErläutRV 1461 BlgNR 25. GP  74). Diese umfasst auch die Legung einer Schlussrechnung. Gemäß § 136 Abs 1 AußStrG, der auf die Schlussrechnung sinngemäß anzuwenden ist (§ 138 Abs 1 AußStrG), hat die Abrechnung zuerst das Vermögen der vertretenen Person, wie es am Anfang des Rechnungszeitraums vorhanden war, auszuweisen. Anschließend sind die Veränderungen des Stammvermögens, die Einkünfte und Ausgaben und schließlich der Stand des Vermögens am Ende des Rechnungszeitraums anzugeben. Die Rechnung muss – für sich genommen – leicht nachvollziehbar, also übersichtlich und plausibel sein. Wenngleich die erforderliche Detailliertheit der Abrechnung gesetzlich nicht näher geregelt ist, wird im Allgemeinen eine chronologisch geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben gefordert, die dem Gericht eine konkrete und präzise Auskunft über den Zuwachs bzw die Verringerung des Vermögens gibt. Es ist nicht dessen Aufgabe, die Abrechnung durch für ihre Schlüssigkeit notwendige Angaben zu ergänzen (vgl Beck in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG I² § 136 Rz 3 f).

[2] Die Entscheidung über die – hier von den Vorinstanzen versagte – Bestätigung der (Schluss‑)Rechnung beschränkt sich gemäß § 137 Abs 1 AußStrG auf eine Plausibilitätsprüfung. Wird die Rechnung nach formalen Kriterien als vollständig und richtig erachtet, ist sie mit Beschluss zu bestätigen. Sonst ist der gesetzliche Vertreter aufzufordern, sie entsprechend zu ergänzen oder zu berichtigen; misslingt dies (oder unterbleibt eine Verbesserung), ist die Bestätigung zu versagen (§ 137 Abs 1 AußStrG).

[3] Die Frage der Genehmigung der Rechnungslegung ist eine solche des Einzelfalls, der typischerweise keine erhebliche Bedeutung iSd § 62 Abs 1 AußStrG zukommt (RIS‑Justiz RS0099285 [T3, T4]). Als Einzelfallentscheidung wäre sie vom Obersten Gerichtshof nur bei einem groben Fehler der Vorinstanzen überprüfbar (8 Ob 6/12h). Einen solchen vermag der Revisionsrekurswerber, der in seinem Rechtsmittel teilweise bloß die (unzureichenden) Angaben aus seiner Schlussrechnung wiederholt, nicht aufzuzeigen.

[4] 1.2. Er übersieht, dass die von ihm gelegte – trotz Aufforderung durch das Erstgericht nicht verbesserte – Schlussrechnung schon den dargestellten formalen Voraussetzungen nicht entsprach. Weder ergab sich aus dieser das Vermögen des Betroffenen, wie es am Anfang des Rechnungszeitraums vorhanden war (der Sachwalter beschränkte sich auf die unzureichende und aktenmäßig nicht gedeckte Anmerkung, die Einkommens- und Vermögensverhältnisse seien „ohnehin amtsbekannt“), noch enthielt sie vollständige und konkrete Angaben zur Veränderung seines Vermögens (es wurde bloß angemerkt, dass „kleinere Überweisungen“ wie etwa für „Heilbehelfe“ erfolgten, ohne zumindest eine Gesamtsumme zu nennen; soweit dazu auf vorgelegte Kontoauszüge verwiesen wurde, weisen die Auszüge zum Girokonto des Betroffenen bloß Buchungen bis zum 21. 11. 2019 aus; das für den Betroffenen geführte „Anderkonto“ lässt zwar den Empfänger von Überweisungen, nicht aber den Gegenstand der Zahlungen konkret erkennen) sowie zu seinen Einkünften (es fehlten Angaben zur Höhe des vom Betroffenen bezogenen Pflegegeldes). Auch zum Stand des Vermögens des Betroffenen zum Ende des Rechnungszeitraums (die Beendigung der Tätigkeit des Sachwalters erfolgte mit dem Tod des Betroffenen am *; vgl § 246 Abs 1 Z 1 ABGB) finden sich in der Schlussrechnung – sowie in den ihr beigeschlossenen Beilagen – keine ausreichenden Angaben, vielmehr wurde sowohl zu seinen Kredit- und Darlehensverbindlichkeiten als auch zu seinem Girokonto nur ein Saldo per 31. 12. 2019 angegeben.

[5] Dass sich die Vorinstanzen daher schon aus formalen Gründen außerstande sahen, die unverbessert gebliebene Pflegschaftsrechnung im Hinblick auf ihre (formale) Richtigkeit und Vollständigkeit zu bestätigen, bedarf keiner Korrektur durch den Obersten Gerichtshof.

[6] 1.3. Mit seiner Behauptung, er habe für den Zeitraum nach dem 31. 12. 2019 keine weiteren Kontoauszüge (betreffend die Kreditkonten und das Girokonto des Betroffenen) mehr „zugestellt“ bekommen und „die angeforderte Vorlage von Kontoauszügen aus dem Jahr 2020 sei ihm offensichtlich aus datenschutz- und bankrechtlichen Gründen unmöglich gewesen“, zeigt der Revisionsrekurswerber schon deshalb keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG auf, weil er nicht (nachvollziehbar) darlegen kann, dass ihm von den kontoführenden Banken für den Zeitraum seiner Vertretungstätigkeit auch dann keine Unterlagen übermittelt worden wären, wenn er diesen gegenüber darauf hingewiesen hätte, die Belege für die Erstellung der gesetzlich gebotenen Schlussrechnung zu benötigen.

[7] 1.4. Ob der Erwachsenenvertreter im Rahmen seiner Vertretungstätigkeit „eine gegen den Betroffenen gerichtete Unterhaltserhöhung verhindert“ und die Einstellung eines gegen diesen geführten Exekutionsverfahrens bewirkt hat, ist im Verfahren über die Genehmigung der Schlussrechnungen ebensowenig zu beurteilen, wie die Frage, warum es zu keiner Erhöhung des Pflegegeldes kam und ob er durch seine Vertretungstätigkeit Rechte Dritter beeinträchtigte. Auf die dazu behaupteten zweitinstanzlichen Verfahrensmängel muss daher nicht eingegangen werden. Soweit der Revisionswerber darüber hinaus behauptet, „das Gericht“ (womit er offenbar das Erstgericht meint) habe „kein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und seiner Feststellungs- und Begründungspflicht nicht entsprochen“, bleibt dieser Vorwurf gänzlich substanzlos.

[8] 2. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist der Revisionsrekurs über den „Kostenpunkt“ jedenfalls unzulässig (§ 62 Abs 2 Z 1 AußStrG). Dies umfasst auch alle Entscheidungen über die Kosten und Entschädigung eines Kurator bzw (früher) Sachwalters (RS0007696; RS0008673 [T12]; RS0017311; RS0007695 [T23]) und gilt auch für die Belohnung bzw Entschädigung des gerichtlichen Erwachsenenvertreters (6 Ob 202/20d mwN). Soweit sich dessen Revisionsrekurs dagegen wendet, dass sein Antrag auf Bestimmung einer Entschädigung abgewiesen wurde, ist er schon aus diesem Grund zurückzuweisen.

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