European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E132757
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage ist auch im Anwendungsbereich des § 62 Abs 1 AußStrG nach dem Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel durch den Obersten Gerichtshof zu beurteilen (RS0112769 [T10]). Eine im Zeitpunkt der Einbringung des Rechtsmittels tatsächlich aufgeworfene erhebliche Rechtsfrage fällt weg, wenn die Rechtsfrage durch eine andere Entscheidung des Obersten Gerichtshofs bereits vorher geklärt wurde (RS0112921 [T5, T14]). Das ist hier der Fall:
[2] Der erkennende Fachsenat des Obersten Gerichtshofs hat mittlerweile in der ausführlich begründeten Entscheidung 6 Ob 246/20z ausgesprochen, dass im Verfahren über die Höhe der Barabfindung des ausgeschlossenen Minderheitsgesellschafters nach § 6 Abs 2 GesAusG iVm §§ 225c ff AktG keine individuellen, ziffernmäßig bestimmten Leistungszusprüche vorzunehmen sind und ein Ausspruch über die Verzinsung der baren Zuzahlung im Überprüfungsverfahren nicht erforderlich ist.
[3] Der Rechtsmittelwerber zeigt keine in dieser Entscheidung noch nicht behandelten weiteren Argumente auf, sodass kein Anlass besteht, von dieser Rechtsprechung, der der Beschluss des Rekursgerichts entspricht, wieder abzugehen.
[4] 2. Eine Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens liegt nicht vor (§ 71 Abs 3 AußStrG). Da sich der Unternehmenswert nicht mathematisch exakt bestimmen lässt, hat das Gericht im Rahmen des Überprüfungsverfahrens die Unternehmensbewertung bzw die Angemessenheit der Barabfindung lediglich einer Plausibilitätskontrolle zu unterziehen (6 Ob 246/20z). Ungeachtet der lediglich kursorischen Bemängelung im Rekurs des Viertantragstellers hat sich das Rekursgericht ohnehin bei der Behandlung des Rekurses der Antragsgegnerin eingehend mit den im Sachverständigengutachten erfolgten Ausführungen zur Berücksichtigung eines Insolvenzrisikos auseinandergesetzt und diese für überzeugend erachtet.
[5] 3.1 Besteht für die Wertermittlung durch einen Sachverständigen keine gesetzlich vorgeschriebene Methode, unterliegt nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs das von den Tatsacheninstanzen gebilligte Ergebnis des Sachverständigengutachtens – als Tatfrage – keiner Nachprüfung durch den Obersten Gerichtshof (RS0118604); eine Ausnahme bestünde nur dann, wenn eine grundsätzlich inadäquate Methode angewendet wurde (RS0010087 [T2]; vgl etwa 6 Ob 25/12p [Liquidationswert oder Ertragswert?]). Diese Grundsätze gelten auch im Außerstreitverfahren, in dem der Oberste Gerichtshof ebenfalls nur Rechts- und nicht Tatsacheninstanz ist (vgl RS0006737; RS0007236).
[6] Eine gesetzlich vorgeschriebene Methode der Unternehmensbewertung besteht auch zur Ermittlung der angemessenen Barabfindung nicht (6 Ob 246/20z); die richtige Methode zu ermitteln, ist somit ein Problem der Betriebswirtschaftslehre (RS0010087). Dass sich der Sachverständige durch Heranziehen des DCF-Verfahrens (Discounted Cash-Flow-Verfahren) einer „grundsätzlich inadäquaten“ Methode der Unternehmensbewertung bedient hätte, behauptet der Revisionsrekurs nicht.
[7] 3.2 Die Frage, ob ein Sachverständigengutachten schlüssig und nachvollziehbar ist, gehört zur Beweiswürdigung (vgl RS0043320 [T12]) und kann daher im Revisionsrekursverfahren nicht überprüft werden. Mittels Rechtsrüge wären die Gutachtensergebnisse nur bekämpfbar, wenn dabei ein Verstoß gegen zwingende Denkgesetze oder zwingende Gesetze des sprachlichen Ausdrucks unterlaufen wäre (vgl RS0043404). Solche Verstöße zeigt der Revisionsrekurs jedoch nicht auf.
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