OGH 15Os42/21x

OGH15Os42/21x30.4.2021

Der Oberste Gerichtshof hat am 30. April 2021 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in der Strafsache gegen R***** A***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 19. Februar 2021, GZ 24 Hv 1/21x‑62, sowie über die Beschwerden der Genannten gegen den unter einem gefassten Beschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur nichtöffentlich (§ 62 Abs 1 zweiter Satz OGH‑Geo 2019) den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0150OS00042.21X.0430.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerden werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde R***** A***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (1./) und des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 zweiter Fall SMG (2./) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er in G***** und W***** vorschriftswidrig Suchtgift

1./ in einer das 25‑fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen, indem er zwischen Mitte Juli 2018 und Ende 2019 zumindest 2.870 Gramm Rohopium mit einem Reinheitsgehalt von mindestens 10,9 % (312 Gramm Morphin‑Base sowie 63 Gramm Codein-Base) gewinnbringend an T***** G*****, A***** R***** und G***** F***** (gesamt 2.800 Gramm) sowie G***** R***** (50 Gramm) und S***** V***** (20 Gramm) verkaufte, wobei sein Vorsatz auf eine Tatbildverwirklichung in Teilmengen gerichtet war und auch die kontinuierliche Tatbegehung über einen längeren Deliktszeitraum sowie den daran geknüpften Additionseffekt und die Überschreitung des 25‑fachen der Grenzmenge mitumfasste;

2./ in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge mit dem Vorsatz besessen, dass es in Verkehr gesetzt werde, indem er am 4. August 2020 531 Gramm Rohopium mit einem Reinheitsgehalt von durchschnittlich 8,1 % (43 Gramm Morphin‑Base) in seiner Wohnung lagerte.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die dagegen aus dem Grund des § 281 Abs 1 Z 5 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.

[4] Die Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) nimmt auf die zu 1./ und 2./ getroffenen Feststellungen zur subjektiven Tatseite Bezug und behauptet, das Erstgericht habe „in diesem Zusammenhang (...) wesentliche Beweisergebnisse offenbar einfach stillschweigend übergangen bzw. Widersprüche nicht aufgeklärt“. Welche erheblichen, in der Hauptverhandlung vorgekommenen (§ 258 Abs 1 StPO) Verfahrensergebnisse bei der für die genannten Feststellungen angestellten Beweiswürdigung unberücksichtigt geblieben sind (vgl dazu RIS‑Justiz RS0118316) macht die Rüge nicht klar.

[5] Die von der Beschwerde (Z 5 vierter Fall) zu 1./ vermisste Begründung der Feststellungen zur Menge des überlassenen Suchtgifts (US 3 f) befindet sich auf US 5. Indem sie die Angaben des Zeugen D***** kritisiert und die (vom Schöffengericht für unglaubwürdig erachteten [US 5]) Aussagen der Zeugen T***** und R***** in der Hauptverhandlung eigenständig bewertet, greift sie die Beweiswürdigung bloß nach Art einer – im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen – Schuldberufung an.

[6] Der zu 1./ mit Juli 2018 festgestellte (US 3) Beginn der Überlassung von Suchtgift betrifft hier keine entscheidende Tatsache (vgl RIS‑Justiz RS0098557 [T1, T9, T11, T14]). Eine solche wird – weil gewerbsmäßige Begehung kein Tatbestandsmerkmal des § 28a Abs 1 und Abs 4 Z 3 SMG ist – auch nicht durch Bezugnahme auf die Feststellungen zum Beschluss des Angeklagten, sich durch den Verkauf von Rohopium in größeren Mengen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (US 3), angesprochen.

[7] Dass der Angeklagte zu 2./ das Rohopium mit Inverkehrsetzungsvorsatz besessen hat (US 4), haben die Tatrichter aus der Verantwortung des Angeklagten geschlossen, selbst kein Suchtgift mehr zu konsumieren (US 7). Der Beschwerde zuwider ist daher die „Beweisgrundlage“ der getroffenen Feststellung nicht „völlig unklar“ geblieben.

[8] Indem der Beschwerdeführer die Feststellungen zu den überlassenen (zu 1./) und für die Inverkehrsetzung bestimmten (zu 2./) Suchtgiftmengen als unplausibel erachtet, weil dadurch „erhebliche Geldmittel im Umlauf gewesen sein müssten“ und ungeklärt geblieben sei, woher er „derartig große Mengen“ bezogen haben soll, wie er diese vorfinanzieren hätte sollen und wohin der „Erlös verschwunden wäre“, übt er abermals in unzulässiger Art Beweiswürdigungskritik. Gleiches gilt für die Überlegungen zum Fehlen eines Motivs für die Taten, den Verweis auf Angaben des Zeugen R*****, geringe Mengen Opium vom Angeklagten geschenkt bekommen zu haben, und die Behauptung, man habe bei Letzterem keine „in Relation“ zu den angelasteten Taten stehenden Geldbeträge gefunden.

[9] Mit der Behauptung, zu den die subjektive Tatseite betreffenden Feststellungen würden widersprechende Beweisergebnisse vorliegen, wird Widersprüchlichkeit iSd Z 5 dritter Fall von vornherein nicht zur Darstellung gebracht (RIS‑Justiz RS0117402; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 439). Im Übrigen wurden die genannten Konstatierungen keineswegs nur „undifferenziert“ auf die Ergebnisse der Telefonüberwachung gestützt, sondern haben die Tatrichter diese auch „aus dem objektiven Tatgeschehen in Verbindung mit der allgemeinen Lebenserfahrung“, dem Eigenkonsum des Angeklagten in der Vergangenheit sowie seiner einschlägigen Vorverurteilung abgeleitet (US 7). Warum diese Begründung offenbar unzureichend iSd Z 5 vierter Fall (vgl dazu RIS‑Justiz RS0116732) sein soll, macht die Beschwerde mit der Behauptung, die Ausführungen des Erstgerichts seien unkonkret sowie abstrakt und würden Einzelheiten nicht berücksichtigen, nicht klar. Dass aus den Beweisergebnissen und der Verantwortung des Angeklagten für den Beschwerdeführer günstigere Schlussfolgerungen möglich gewesen wären, begründet keine Nichtigkeit (RIS‑Justiz RS0098400).

[10] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerden folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

[11] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte