OGH 2Ob57/21b

OGH2Ob57/21b29.4.2021

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden und den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé sowie die Hofräte Dr. Steger und MMag. Sloboda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** P*****, vertreten durch Vogl Rechtsanwalt GmbH in Feldkirch, gegen die beklagten Parteien 1. G***** F*****, 2. B***** AG, *****, und 3. Verband der Versicherungsunternehmen Österreichs, Wien 3, Schwarzenbergplatz 7, alle vertreten durch Dr. Christian Pichler, Rechtsanwalt in Reutte, wegen 39.704,40 EUR sA und Feststellung (Streitwert 10.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse 37.278,30 EUR), gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 28. Jänner 2021, GZ 1 R 179/20p‑68, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0020OB00057.21B.0429.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] Eine Schreckreaktion ist nach der Rechtsprechung dann entschuldbar, wenn das ihr zugrunde liegende Ereignis plötzlich und völlig überraschend in einer derartig bedrohlichen Nähe eintritt, dass ein überstürztes Handeln erforderlich ist (RS0022393, RS0023292, RS0027217). Diese Voraussetzung hat das Berufungsgericht mit unbedenklicher Begründung verneint, steht doch fest, dass der Kläger die Kollision mit einer mittleren Betriebsbremsung vermeiden hätte können. Dass die Annahme bedrohlicher Nähe immer dann zu bejahen wäre, wenn ein Verkehrsteilnehmer das seine Reaktion auslösende Hindernis oder Ereignis (bei gleichbleibender Geschwindigkeit) in weniger als 3 Sekunden erreicht, lässt sich den in der Revision angeführten Entscheidungen 8 Ob 1/87 und 2 Ob 138/09x in dieser Form nicht entnehmen. Entscheidend sind vielmehr die konkreten Umstände des Einzelfalls. Im Übrigen stellt das Auftauchen eines Verkehrsteilnehmers im unübersichtlichen Kreuzungsbereich, dem sich der Kläger trotz eingeschränkter Sichtverhältnisse und des von ihm zu erwartenden Annäherns eines von rechts kommenden und daher ihm gegenüber gemäß § 19 Abs 1 StVO bevorrangten Fahrzeugs mit 30 km/h näherte, kein völlig überraschendes Ereignis dar.

[2] Insgesamt vermag der Kläger mit seinen Rechtsmittelausführungen nicht aufzuzeigen, dass das Berufungsgericht bei der Verschuldensteilung den ihm zur Verfügung stehenden Beurteilungsspielraum verlassen hätte.

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