European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0010NC00014.21F.0421.000
Spruch:
Die Ablehnung des „Oberlandesgerichts Wien“ „in eventu: sämtlicher RichterInnen des Oberlandesgerichts Wien“ zur Entscheidung über die Ablehnung der drei Mitglieder des Berufungssenats wird zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Der Kläger – ein Rechtsanwalt – begehrt im Wege der Amtshaftung den Ersatz von 7.586,26 EUR sowie die Feststellung der Haftung des Bundes für sämtliche künftige Schäden aus der Zurückweisung seiner Revision durch den Verwaltungsgerichtshof in einem Verfahren zur Beitragspflicht zur anwaltlichen Zusatzpension.
[2] Das Erstgericht wies die Klage ab.
[3] Das Berufungsgericht – der Senat 14 des Oberlandesgerichts Wien – verwarf seine Berufung wegen Nichtigkeit und gab ihr im Übrigen nicht Folge. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision gemäß § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei.
[4] Dagegen erhob der Kläger außerordentliche Revision. Zugleich lehnte er mit Schriftsatz vom 8. 4. 2021 die drei Mitglieder des Berufungssenats als befangen ab. Weiters seien sämtliche Richterinnen und Richter des Oberlandesgerichts Wien in Bezug auf die Entscheidung über diese Ablehnung befangen. Beim Oberlandesgericht Wien werde systematisch und mit Duldung seines Präsidenten gegen § 183 Geo verstoßen, was zur Folge habe, dass jeder Antragsteller, der dort eine Ablehnung einreiche „von vornherein seinem gesetzlichen Richter entzogen wird, denn der abgelehnte Richter kann definitionsgemäß niemals der gesetzliche Richter zur Behandlung eines Ablehnungsantrages sein. Gerade der abgelehnte Richter erhält aber den Ablehnungsantrag nach der [...] systematischen missbräuchlichen Vorgangsweise zur Bearbeitung vorgelegt“. Nach seinem ausdrücklichen Antrag erachtet er „das Oberlandesgericht Wien“ „(in eventu: sämtliche RichterInnen des Oberlandesgerichts Wien) zur Entscheidung über den Ablehnungsantrag vom 8. 4. 2021“ betreffend die Mitglieder des Berufungssenats „infolge von Befangenheit [für] ausgeschlossen“.
Rechtliche Beurteilung
[5] Die Ablehnung der Richter des Oberlandesgerichts Wien ist zurückzuweisen.
[6] 1. Wird ein Gerichtshof durch eine Ablehnung beschlussunfähig, so entscheidet über diese Ablehnung nach § 23 JN der zunächst übergeordnete Gerichtshof. Im vorliegenden Fall wurde das Oberlandesgericht Wien, dessen „Ablehnungssenat“ über die Ablehnung der drei Richter des Berufungssenats zu entscheiden hat, durch die Ablehnung aller in Betracht kommenden Richterinnen und Richter beschlussunfähig. Zur Entscheidung über die Ablehnung ist daher insoweit der Oberste Gerichtshof berufen (vgl RS0045997; RS0109137 [T2]).
[7] 2. Nach § 19 Z 2 JN kann ein Richter in bürgerlichen Sachen abgelehnt werden, wenn nach objektiver Prüfung und Beurteilung ein zureichender Grund vorliegt, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Die Ablehnung eines ganzen Gerichts ist nur bei Ablehnung jedes einzelnen seiner Richter unter Angabe detaillierter und konkreter Ablehnungsgründe möglich (RS0045983 [T6]; RS0046005 [T1]).
[8] 3. Dem Kläger ist die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bekannt, dass eine Entscheidung über eine mögliche Befangenheit nicht als Akt der Justizverwaltung, sondern als Akt der unabhängigen Rechtsprechung anzusehen ist. Dementsprechend wurde mit der Geo‑Novelle 1999, BGBl II 1999/69, § 511 Abs 2 Geo, demzufolge Ablehnungen in das Jv‑Register einzutragen waren, ersatzlos aufgehoben. § 183 Abs 1 und 3 sowie § 509 Abs 1 Z 3 Geo wurden im gegebenen Zusammenhang dadurch derogiert. Ablehnungen und Befangenheitsanzeigen in bürgerlichen Rechtssachen als Nc‑Sachen sind seither nur mehr in das Nc‑Register einzutragen (RS0132677).
[9] Bei der Behauptung, beim Oberlandesgericht Wien werde bei Ablehnungen systematisch gegen § 183 Geo verstoßen, woraus sich die Befangenheit der Richterinnen und Richter des Oberlandesgerichts Wien ergebe, die über die die Mitglieder des Berufungssenats betreffende Ablehnung entscheiden müssten, handelt es sich um eine Pauschalablehnung ohne zureichenden Grund. Anhaltspunkte für eine persönliche Befangenheit der Richter dieses Gerichtshofs gegenüber dem Kläger werden nicht dargelegt; vielmehr wird behauptet, dass alle Ablehnungswerber gleich behandelt würden.
[10] 4. Damit bedarf es vor der (zurückweisenden) Entscheidung keiner Äußerung der abgelehnten Richter (RS0045983 [T14]); auch eine Anhörung der Gegenseite ist nicht erforderlich (1 Nc 3/19k mwN).
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