European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0050OB00243.20A.0420.000
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 52 Abs 2 WEG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Die Parteien sind die Mit- und Wohnungseigentümer einer Liegenschaft. Mit den Anteilen des Erstantragstellers ist Wohnungseigentum an einer Wohnung und an zwei Kfz-Abstellplätzen verbunden. Er hat diese Wohnungseigentumsobjekte direkt von der Bauträgerin erworben.
[2] Der Erstantragsteller führt ein Verfahren gegen die Bauträgerin, in dem er wegen behaupteter Mängel an seinen Wohnungseigentumsobjekten und an allgemeinen Teilen des Hauses primär die Rückabwicklung des Kaufvertrags (Wandlung), in eventu Preisminderung, in eventu das Deckungskapital für die beabsichtigte Mängelbehebung begehrt.
[3] Gegenstand dieses Verfahrens ist das auf § 52 Abs 1 Z 3 WEG iVm § 30 WEG gestützte Begehren der Antragsteller auf eine Entscheidung des Außerstreitrichters, die den von der Rechtsprechung für die Sachlegitimation des einzelnen Wohnungseigentümers zur Geltendmachung von Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüchen geforderten Mehrheitsbeschluss substituiert.
[4] Mit Beschluss vom 6. 11. 2018 hob der Senat die Entscheidungen der Vorinstanzen auf und verwies die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück (5 Ob 40/18w).
[5] Das Erstgericht gab dem Antrag im zweiten Rechtsgang teilweise statt.
[6] Das Rekursgericht gab (nur) dem Rekurs der Erst- bis Drittantragsgegner teilweise Folge und änderte die Entscheidung des Erstgerichts insoweit ab. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 10.000 EUR übersteigt, und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu.
Rechtliche Beurteilung
[7] Der außerordentliche Revisionsrekurs des Erstantragstellers zeigt keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG auf; dieser ist daher unzulässig und zurückzuweisen.
[8] 1. Die Entscheidung des Gerichts im Verfahren nach § 52 Abs 1 Z 3 WEG iVm § 30 Abs 1 WEG ist rechtsgestaltend. Sie ersetzt den von der Eigentümergemeinschaft abgelehnten oder versäumten Mehrheitsbeschluss (RIS‑Justiz RS0123170). Bis zur rechtskräftigen Entscheidung in diesem Außerstreitverfahren bleibt es den Wohnungseigentümern daher – grundsätzlich (vgl zur Problematik des Hinhaltens 5 Ob 42/09a) – unbenommen, entsprechende Beschlüsse zu fassen. Der damit verbundene Wegfall der Verfahrensvoraussetzung der „Untätigkeit der Mehrheit“ (vgl 5 Ob 40/18w) zieht dann die allgemeinen verfahrensrechtlichen Konsequenzen der Erfüllung eines bereits gerichtlich geltend gemachten Anspruchs nach sich.
[9] Für die gegenteilige Auffassung des Revisionsrekurswerbers, nach Einleitung eines Verfahrens zur Erwirkung einer den Mehrheitsbeschluss substituierenden Entscheidung des Außerstreitrichters betreffend die Geltendmachung von Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüchen könne die Eigentümergemeinschaft in dieser Sache keinen Beschluss mehr fassen, finden sich weder Anhaltspunkte im Gesetz (vgl RS0042656) noch würde diese dem Zweck des Verfahrens nach § 52 Abs 1 Z 3 WEG iVm § 30 Abs 1 WEG gerecht.
[10] 2. Das Rekursgericht nahm die von der Eigentümergemeinschaft (erst) während dieses Verfahrens gefassten Beschlüsse aber ohnedies nicht zum Anlass, die Voraussetzungen für die beantragte rechtsgestaltende Entscheidung grundsätzlich zu verneinen. Vielmehr leitet es (ua) aus diesen Beschlüssen das Interesse und den Willen der Antragsgegner ab, bestimmte bereits bestehende und erst zukünftig hervorkommende Mängel durch die Bauträgerin sanieren zu lassen und vorerst keine Ansprüche auf Preisminderung oder Geldersatz geltend zu machen. In einem weiteren Schritt bejahte das Rekursgericht die vom Erstantragsteller bestrittene rechtliche Möglichkeit der Antragsgegner, einen entsprechenden Anspruch gegenüber der Bauträgerin auch durchzusetzen. Den daraus resultierenden Interessenkonflikt entschied es letztlich zugunsten der Geltendmachung der Ansprüche auf Verbesserung und/oder Naturalrestitution.
[11] Diese Beurteilung folgt den in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs entwickelten, schon im ersten Rechtsgang zu 5 Ob 40/18w dargelegten Grundsätzen. Der Revisionsrekurs zeigt keine auch im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung auf.
[12] 3. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Zurückweisungsbeschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).
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