OGH 6Ob196/20x

OGH6Ob196/20x18.2.2021

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Schramm als Vorsitzenden, die Hofräte Hon.‑Prof. Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek, Dr. Nowotny sowie die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Landesgerichts Klagenfurt zu FN ***** eingetragenen T***** GmbH mit dem Sitz in Klagenfurt am Wörthersee, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Gesellschaft sowie der Einschreiter Dr. W***** und Mag. C*****, beide *****, alle vertreten durch Tautschnig Rechtsanwälte GmbH in Klagenfurt am Wörthersee, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom 18. August 2020, GZ 4 R 109/20m‑9, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0060OB00196.20X.0218.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 15 FBG iVm § 71 Abs 3 AußStrG).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1.1. Nach ständiger Rechtsprechung muss bei einem Übergang von Geschäftsanteilen an einer GmbH aufgrund eines Abtretungsvertrags dieser (Notariatsakt gemäß § 76 Abs 2 Satz 1 GmbHG) im Zug der vereinfachten Anmeldung durch den Geschäftsführer gemäß § 11 FBG grundsätzlich nicht vorgelegt werden, es sei denn, das Firmenbuchgericht hätte Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Gesuch zugrunde liegenden Tatsachen (6 Ob 2371/96m; 6 Ob 95/15m mwN; RS0107904). Die Prüfpflicht des Firmenbuchgerichts kann sich daher im Fall des vom Geschäftsführer angezeigten Gesellschafterwechsels grundsätzlich auf die Prüfung beschränken, ob der angezeigte Vorgang dem Gesetz und der Satzung entspricht (6 Ob 342/97f).

[2] 1.2. Die eingeschränkte Prüfpflicht des Firmenbuchgerichts ist damit zu begründen, dass einerseits die gesetzliche Anmeldungsregelung des § 26 GmbHG die Vorlage von Urkunden nicht vorschreibt, sowie außerdem der Geschäftsführer vor der Anmeldung eines Gesellschafterwechsels nach § 26 Abs 1 GmbHG die formelle und materielle Richtigkeit des Übertragungsakts und seine Rechtswirksamkeit zu prüfen hat und ihn nach § 26 Abs 2 GmbHG eine besondere schadenersatzrechtliche Haftung für die Richtigkeit seiner Angaben in der Firmenbuchanmeldung trifft (Pilgerstorfer in Artmann, UGB 1.1³ [2019] § 15 FBG Rz 59; 6 Ob 57/01b). Das Firmenbuchgericht darf sich daher grundsätzlich auf die Richtigkeit der Wissenserklärungen des Geschäftsführers verlassen (Kodek, Fluch oder Segen, Zur Prüfpflicht im Firmenbuchverfahren, in FS Bittner [2018], 307 [322]).

[3] 1.3. Der Anmeldeschriftsatz hat daher jene Tatsachen zu enthalten, anhand derer wenigstens die eingeschränkte Prüfung des Firmenbuchgerichts erfolgen kann (Kodek in FS Bittner 322; vgl 6 Ob 57/01b). Dazu wird vertreten, dass der Anmeldeschriftsatz auch die Angabe zu enthalten hat, dass die Abtretung auf Grundlage eines Notariatsakts erfolgt ist, wobei der Name des Notars und das Datum des Notariatsakts anzugeben sind (Jennewein, FBG [2020] § 15 Rz 77).

[4] 1.4. Ob Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Eintragungsgesuch zugrunde liegenden Tatsachen bestehen, die eine Prüfungsbefugnis und Prüfungspflicht des Firmenbuchgerichts auslösen, ist regelmäßig eine Frage des Einzelfalls und übersteigt daher an Bedeutung nicht das konkrete Eintragungsverfahren (6 Ob 177/12s = RS0061530 [T6]).

[5] 2.1. Die Beurteilung der Vorinstanzen, das Fehlen jeglicher Angaben zur Einhaltung der Notariatsaktsform gemäß § 76 Abs 2 GmbHG bei Abschluss der im Anmeldeschriftsatz angeführten Abtretungsverträge sei– im Zusammenhalt mit der ursprünglichen Unvollständigkeit der Anmeldung im Hinblick auf die Geschäftsanteile des abtretenden Gesellschafters – geeignet gewesen, Bedenken gegen die Wirksamkeit der Anteilsübertragung zu wecken, hält sich im Rahmen des dem Rekursgericht eingeräumten Beurteilungsspielraums. Mit dem Revisionsrekursvorbringen, die Formvorschrift sei „natürlich“ gewahrt, dies mache aber wegen der eingeschränkten Prüfpflicht des Firmenbuchgerichts ohnedies „keinen Unterschied“, wird keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung aufgezeigt.

[6] 2.2. Soweit die Rechtsmittelwerber vorbringen, Bedenken des Firmenbuchgerichts hätten nicht zur Antragsabweisung führen dürfen, sondern das Firmenbuchgericht lediglich zu zweckdienlichen Erhebungen im Rahmen seiner Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung veranlassen müssen, übersehen sie, dass das Erstgericht der Gesellschaft vor der Antragsabweisung ohnehin zweimal erfolglos die Vorlage der Abtretungsverträge auftrug.

[7] 3. Die Verletzung des rechtlichen Gehörs im Sinn des § 58 Abs 1 Z 1 AußStrG ist nur dann wahrzunehmen, wenn sie Einfluss auf die Richtigkeit der Entscheidung haben kann (RS0120213 [T8, T13, T22]). Der Revisionsrekurswerber hat daher die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels aufzuzeigen (RS0120213 [T14, T21]). Die Revisionsrekurswerber rügen eine Verletzung ihres rechtlichen Gehörs dadurch, dass das Erstgericht die Bedenken, aufgrund derer es der Gesellschaft die Vorlage der Abtretungsverträge auftrug, erst in der antragsabweisenden Entscheidung und nicht in den zuvor erteilten Verbesserungsaufträgen ausführte. Sie bringen aber nicht vor, welche Verfahrenshandlungen – etwa die Erstattung von ergänzendem Vorbringen oder die Vorlage der Abtretungsverträge – sie gesetzt hätten, wenn das Erstgericht seine Bedenken bereits in den Verbesserungsaufträgen mitgeteilt hätte.

[8] 4. Damit wird eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG insgesamt nicht aufgezeigt.

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