OGH 10Ob54/20v

OGH10Ob54/20v19.1.2021

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Grohmann, den Hofrat Mag. Ziegelbauer und die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Pflegschaftssache des * 2017 geborenen W*, vertreten durch die Mutter M*, diese vertreten durch Mag. Anton Pelwecki, Rechtsanwalt in Gablitz, wegen Unterhalts, infolge des außerordentlichen Revisionsrekurses des Vaters C*, vertreten durch Mag. Thomas Stöger, Rechtsanwalt in Neusiedl am See, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 10. November 2020, GZ 43 R 493/20y‑25, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Donaustadt vom 23. September 2020, GZ 29 Pu 137/19z‑19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E130764

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

 

Begründung:

[1] Das Erstgericht erhöhte die im Scheidungsvergleich mit 110 EUR festgesetzte monatliche Unterhaltspflicht des Vaters für seinen Sohn auf monatlich 400 EUR ab dem 1. 7. 2020 bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit des Kindes und verpflichtete den Vater zur Zahlung der bis zur Rechtskraft des Beschlusses fälligen Beträge binnen 14 Tagen; den Herabsetzungsantrag des Vaters wies es für den Zeitraum ab 1. 7. 2020 ab.

[2] Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters nicht Folge und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

[3] Gegen diesen Beschluss erhob der Vater einen „außerordentlichen Revisionsrekurs“, mit dem er begehrt, die angefochtenen Entscheidungen dahin abzuändern, dass die Erhöhungsanträge des Kindes zur Gänze abgewiesen werden und er zu einer Unterhaltsleistung von (nur) 135 EUR monatlich ab 1. 7. 2020 verpflichtet werde. Das Erstgericht legte das Rechtsmittel unmittelbar dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vor.

Rechtliche Beurteilung

[4] Diese Vorlage widerspricht dem Gesetz.

[5] Nach § 62 Abs 3 und 4 AußStrG ist der Revisionsrekurs, soweit der Entscheidungsgegenstand rein vermögensrechtlicher Natur ist, jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht den Revisionsrekurs nicht für zulässig erklärt hat (§ 59 Abs 1 Z 2 AußStrG). Unter diesen Voraussetzungen kann eine Partei nur einen Antrag an das Rekursgericht (Zulassungsvorstellung gemäß § 63 Abs 1 und 2 AußStrG) stellen, den Zulässigkeitsausspruch dahin abzuändern, dass der Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde; mit dieser Zulassungsvorstellung ist der ordentliche Revisionsrekurs zu verbinden.

[6] Der Anspruch des Kindes auf Unterhalt ist rein vermögensrechtlicher Natur im Sinn des § 62 Abs 4 AußStrG (RIS‑Justiz RS0007110 [T32]).

[7] Wird eine Erhöhung oder Herabsetzung eines Unterhaltsbetrags begehrt, so bildet der dreifache Jahresbetrag der begehrten Erhöhung oder Herabsetzung den Streitwert im Sinn des § 58 Abs 1 JN (RS0046543). Für die Bewertung des Entscheidungsgegenstands des Rekursgerichts ist daher der 36‑fache Betrag jenes monatlichen Unterhaltsbetrags maßgeblich, der zum Zeitpunkt von dessen Entscheidung noch strittig war. Der Rückstand ist der dreifachen Jahresleistung nicht hinzuzurechnen (RS0122735).

[8] Maßgeblich ist hier daher der 36‑fache Betrag der Differenz zwischen dem von den Vorinstanzen mit 400 EUR festgesetzten laufenden monatlichen Unterhalt ab 1. 7. 2020 und dem zuletzt mit 110 EUR festgesetzten Unterhalt. Diese Summe liegt deutlich unter 30.000 EUR. Das gilt umso mehr wenn der Rechtsmittelantrag des Vaters dahin auszulegen sein sollte, dass bloß die Erhöhung auf einen über 135 EUR monatlich hinausgehenden Unterhaltsbeitrag bekämpft wird.

[9] Das Rechtsmittel des Vaters wäre demnach – auch wenn es als „außerordentliches“ bezeichnet wird – nicht dem Obersten Gerichtshof, sondern vielmehr dem Rekursgericht vorzulegen gewesen; dies hat das Erstgericht nunmehr nachzuholen. Ob der darin gestellte Antrag, der Oberste Gerichtshof möge den Revisionsrekurs für zulässig erachten, den Erfordernissen des § 63 Abs 1 AußStrG entspricht, oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (RS0109516 [T10]).

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