European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0150OS00133.20B.0114.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde L***** S***** „des Verbrechens“ des Raubes nach §§ 12 dritter Fall, 142 Abs 1 StGB (I./) sowie des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB (II./) schuldig erkannt.
[2] Danach hat er – soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Relevanz –
I./ in S***** und andernorts „im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit den abgesondert verfolgten M***** S***** und Z***** P***** als Mittäterinnen (§ 12 StGB)“ zur Ausführung der strafbaren Handlung von M***** S*****, die in S***** E***** D***** mit Gewalt gegen deren Person fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, weggenommen hat, indem sie E***** D***** am 15. und am 19. Februar 2017 jeweils eine über die verschriebene Dosis hinausgehende Menge des Medikaments „D*****“ verabreichte und in der Folge einen Rollkoffer, Silberbesteck, zahlreiche Schmuckgegenstände sowie Bargeld im Gesamtwert von zumindest 250.000 Euro aus der Wohnung der E***** D***** wegnahm, dadurch beigetragen, dass er
A. vereinbarungsgemäß (US 4 f) im Vorfeld billigen Modeschmuck ankaufte, den M***** S***** gegen den Goldschmuck von E***** D***** austauschte;
B. sich am 15. und am 19. Februar 2017 gemeinsam mit dem abgesondert verfolgten A***** P***** von der Slowakei nach S***** begab, M***** S***** auftrug, die zusammengetragenen Wertgegenstände für die Abholung zu Recht zu legen, und die Wertgegenstände vereinbarungsgemäß aus dem Haus des Opfers übernahm und in die Slowakei verbrachte;
C. sich am 16. Februar 2017 mit M***** S***** über die weitere geplante Tatausführung beratschlagte und sie anwies, „den Gesundheitszustand der E***** D***** neuerlich zu verändern“.
Rechtliche Beurteilung
[3] Die gegen I./ des Schuldspruchs aus § 281 Abs 1 Z 5 und 10 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.
[4] Nach den erstgerichtlichen Feststellungen verabreichte M***** S***** – wie sie es mit dem Angeklagten vereinbart hatte – E***** D***** am 15. und am 19. Februar 2017 jeweils „über die normale Dosierung hinausgehend“ eine Tablette bzw zwei Tabletten des Medikaments „D*****“, um sie zu sedieren und ungestört das Haus nach Wertgegenständen durchsuchen und Wertgegenstände aus dem im Schlafzimmer des Opfers befindlichen Safe an sich nehmen zu können, wobei sie zuvor wartete, bis das Opfer eingeschlafen war (US 3 f, 6).
[5] Die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) behauptet eine offenbar unzureichende Begründung der Feststellungen zur Überdosierung des Medikaments, weil das Ersturteil keine Angaben zur Dosierungsempfehlung, zur Tablettenanzahl einer „normalen“ Dosierung, zur Tagesgesamtdosis und zur Anwendungsdauer enthalte. Sie nimmt aber nicht – wie zur gesetzmäßigen Ausführung jedoch geboten (RIS‑Justiz RS0119370) – die Gesamtheit der Entscheidungsgründe in den Blick. Sie lässt nämlich die beweiswürdigenden Ausführungen der Tatrichter unberücksichtigt, wonach die Zeugin M***** S***** aussagte, sie habe dem Opfer am 15. Februar 2017 eine Tablette „D*****“ und am 19. Februar 2017 zwei Tabletten „D*****“ jeweils über der verordneten Dosis gegeben, damit diese schlafe (US 6).
[6] Weshalb sich den zitierten Feststellungen – wie die Subsumtionsrüge (Z 10) ausführt – nicht entnehmen lassen sollte, dass M***** S***** dem Opfer die Überdosierung des Medikaments ohne dessen Willen verabreichte, bleibt offen (vgl RIS‑Justiz RS0120379).
[7] Der Rechtsmittelwerber behauptet, aus der erstgerichtlichen Konstatierung, wonach der Angeklagte wusste, dass M***** S***** den Widerstandswillen und den Sachbehauptungswillen der E***** D***** durch den Einsatz des genannten Medikaments brechen sollte (US 5), könne nicht gefolgert werden, dass der Angeklagte auch den Vorsatz hatte, dass das Medikament dem Opfer gegen dessen Willen oder heimlich verabreicht werde. Damit bekämpft er nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung die Beweiswürdigung der Tatrichter, ohne materiell‑rechtliche Nichtigkeit aufzuzeigen. Weshalb die zitierte Feststellung nicht ausdrücken sollte, dass dem Opfer das Medikament entsprechend dem gemeinsamen Tatplan ohne dessen Willen verabreicht wurde, wird nicht klar.
[8] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).
[9] Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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