OGH 8ObA97/20b

OGH8ObA97/20b18.12.2020

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter Mag. Andreas Mörk (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Robert Hauser (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. K* H*, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich (Bund – Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung), 1010 Wien, Minoritenplatz 5, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 3.028,93 EUR sA und Feststellung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 22. Juni 2020, GZ 10 Ra 26/20x‑19, mit dem das Teilurteil des Arbeits‑ und Sozialgerichts Wien vom 23. September 2019, GZ 24 Cga 123/18k‑15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E130544

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

 

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie als Teilurteil lauten:

„1. Gegenüber der beklagten Partei wird zugunsten der klagenden Partei festgestellt, dass die beklagte Partei verpflichtet ist, der klagenden Partei auch weiterhin Bezüge in jener Höhe zu bezahlen, die sich daraus ergeben, dass die von der klagenden Partei im Rahmen ihres Dienstverhältnisses zum * Berlin zurückgelegten Vordienstzeiten von 1. 8. 2009 bis 31. 7. 2013 in einem Ausmaß von insgesamt 1.106,67 Tagen im Sinne des § 26 VBG angerechnet werden.

2. Das Klagebegehren, gegenüber der beklagten Partei werde zugunsten der klagenden Partei festgestellt, dass die beklagte Partei verpflichtet sei, der klagenden Partei auch weiterhin Bezüge in jener Höhe zu bezahlen, die sich daraus ergeben, dass die von der klagenden Partei im Rahmen ihres Dienstverhältnisses zum * Berlin zurückgelegten Vordienstzeiten von 1. 8. 2009 bis 31. 7. 2013 über ein Ausmaß von insgesamt 1.106,67 Tagen hinaus zur Gänze im Sinne des § 26 VBG angerechnet werden, sodass zum 7. 9. 2015 ein Besoldungsdienstalter von 8 Jahren, 3 Monaten und 27 Tagen gegeben gewesen sei, daher eine Einstufung l1, Entlohnungsstufe 5 mit nächster Vorrückung 1. 6. 2017, wird abgewiesen.

3. Die Entscheidung über das Zahlungsbegehren sowie die Kostenentscheidung werden dem Endurteil vorbehalten.“

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten

 

Entscheidungsgründe:

[1] Die Klägerin arbeitete vom 1. 8. 2009 bis 31. 7. 2013 an einer staatlich anerkannten Privatschule in Berlin. Seit 2. 9. 2013 steht sie in einem Dienstverhältnis zum beklagten Bund, wobei sie an einer AHS dieselben beiden Fächer wie bereits in Deutschland unterrichtet.

[2] Die Klägerin stellte mit ihrer Klage ein Zahlungsbegehren und begehrte zudem zu ihren Gunsten gegenüber dem beklagten Bund im Wesentlichen festzustellen, „dass die beklagte Partei verpflichtet ist, der klagenden Partei auch weiterhin Bezüge in jener Höhe zu bezahlen, die sich daraus ergeben, dass die Vordienstzeiten von 1. 8. 2009 bis 31. 7. 2013 zur Gänze iSd § 26 VBG angerechnet werden, sodass zum 7. 9. 2015 ein Besoldungsdienstalter von 8 Jahren, 3 Monaten und 27 Tagen gegeben war, daher eine Einstufung l1, Entlohnungsstufe 5 mit nächster Vorrückung 1. 6. 2017“.

[3] Der beklagte Bund beantragte die Abweisung der Klage. Soweit für das Revisionsverfahren noch relevant wandte er ein, dass der Klägerin die Zeiten in Deutschland nur insoweit anzurechnen seien, als sie tatsächlich unterrichtet habe, sodass mindernd sowohl die über das gewöhnliche Urlaubsausmaß hinausgehenden Ferien zu berücksichtigen seien als auch der Umstand, dass die Klägerin in Deutschland nur eine von Jahr zu Jahr schwankende eingeschränkte Lehrverpflichtung gehabt habe.

[4] Das Erstgericht traf mit seinem das Zahlungsbegehren ausklammernden Teilurteil die aus dem obigen Spruchpunkt 1. ersichtliche Feststellung mit der Modifikation, dass es 927,29 anzurechnende Tage annahm, und wies entsprechend dem obigen Spruchpunkt 2. ausgehend von dieser Tagesanzahl das Feststellungsmehrbegehren ab. Es traf umfangreiche Feststellungen zur Tätigkeit der Klägerin an der Berliner Schule und der Länge der dortigen Ferien in den betreffenden Schuljahren. Ausgehend davon, dass in einem „gewöhnlichen Berufsleben“ ein jährliches Urlaubsausmaß von 35 Kalendertagen üblich sei, beurteilte das Erstgericht den von ihm festgestellten Sachverhalt rechtlich wie folgt:

„In der Zeit ab 7. 9. 2009 bis 6. 7. 2010 (letzter Tag vor der Zeugnisausgabe) hat die Klägerin insgesamt 303 Kalendertage zurückgelegt, wovon 42 Kalendertage unterrichtsfreie Zeiten der Herbst-, Weihnachts-, Winter- und Osterferien waren. Von den insgesamt 303 Kalendertagen ist somit ein Anteil von (42–35 =) 7 Tagen infolge des Unterbleibens der Berufstätigkeit auszuklammern, sodass (303–7 =) 296 Tage der Berufsausübung bei der Vordienstzeitenanrechnung zu berücksichtigen sind. Da die Klägerin im genannten Zeitraum in einem Beschäftigungsausmaß von 72 % stand, ergeben sich aus dieser Periode sohin aliquot (296 x 72 % =) 213,12 Tage an anrechenbaren Vordienstzeiten.

Sodann war die Klägerin wieder ab 19. 8. 2010 (Wiederholungsprüfungen/Konferenz) tätig und hat ab diesem Tag bis 28. 6. 2011 (letzter Tag vor der Zeugnisausgabe) insgesamt 314 Kalendertage zurückgelegt, wovon 42 Kalendertage unterrichtsfreie Zeiten der Herbst-, Weihnachts-, Winter- und Osterferien waren. Von den insgesamt 314 Kalendertagen ist somit ein Anteil von (42–35 =) 7 Tagen infolge des Unterbleibens der Berufstätigkeit auszuklammern, sodass (314–7 =) 307 Tage der Berufsausübung bei der Vordienstzeitenanrechnung zu berücksichtigen sind. Da die Klägerin im genannten Zeitraum in einem Beschäftigungsausmaß von 59 % stand, ergeben sich aus dieser Periode sohin aliquot (307 x 59 % =) 181,13 Tage an anrechenbaren Vordienstzeiten.

Sodann war die Klägerin wieder ab 11. 8. 2011 (Wiederholungsprüfungen/Konferenz) tätig und hat ab diesem Tag bis 19. 6. 2012 (letzter Tag vor der Zeugnisausgabe) insgesamt 314 Kalendertage zurückgelegt, wovon 42 Kalendertage unterrichtsfreie Zeiten der Herbst-, Weihnachts-, Winter- und Osterferien waren. Von den insgesamt 314 Kalendertagen ist somit ein Anteil von (42–35 =) 7 Tagen infolge des Unterbleibens der Berufstätigkeit auszuklammern, sodass (314 – 7 =) 307 Tage der Berufsausübung bei der Vordienstzeitenanrechnung zu berücksichtigen sind. Da die Klägerin im genannten Zeitraum in einem Beschäftigungsausmaß von 72 % stand, ergeben sich aus dieser Periode sohin aliquot (307 x 72 % =) 221,04 Tage an anrechenbaren Vordienstzeiten.

Sodann war die Klägerin wieder ab 2. 8. 2012 (Wiederholungsprüfungen/Konferenz) tätig und hat ab diesem Tag bis 18. 6. 2013 (letzter Tag vor der Zeugnisausgabe) insgesamt 321 Kalendertage zurückgelegt, wovon 44 Kalendertage unterrichtsfreie Zeiten der Herbst-, Weihnachts-, Winter- und Osterferien waren. Von den insgesamt 321 Kalendertagen ist somit ein Anteil von (44–35 =) 9 Tagen infolge des Unterbleibens der Berufstätigkeit auszuklammern, sodass (321 – 9 =) 312 Tage der Berufsausübung bei der Vordienstzeitenanrechnung zu berücksichtigen sind. Da die Klägerin im genannten Zeitraum in einem Beschäftigungsausmaß von 90 % stand, das nur geringfügig unterhalb einer Vollbeschäftigung lag, ergeben sich aus dieser Periode sohin 312 Tage an anrechenbaren Vordienstzeiten.

Insgesamt sind somit die von der Klägerin im Rahmen ihres Dienstverhältnisses zum * Berlin zurückgelegten Vordienstzeiten in einem Ausmaß von 927,29 Tagen auf ihr Besoldungsdienstalter anzurechnen. Die beklagte Partei hat diese Zeiten tatsächlich in einem Ausmaß von insgesamt 891,2084 Tagen bei der Ermittlung des Besoldungsdienstalters berücksichtigt. Im Vergleich zu der von der beklagten Partei vorgenommenen Berechnung ist somit das Besoldungsdienstalter der Klägerin (lediglich) um weitere 36,0816 Tage zu erhöhen.“

[5] Das Berufungsgericht bestätigte unter Hinweis auf die Richtigkeit der erstgerichtlichen Rechtsanschauungen diese Entscheidung. Würde man § 26 Abs 3 VBG, worin ausdrücklich auf die „Berufstätigkeit“ abgestellt werde, dahin interpretieren, dass damit auch die Abwesenheitszeiten der Klägerin in den Ferien zur Gänze erfasst werden sollten, die nach den Feststellungen (mit durchschnittlich 87,25 Kalendertagen) etwa das Zweieinhalbfache dessen erreichten, was anderen Berufsgruppen als Erholungsurlaub (von grundsätzlich 35 Kalendertagen) üblicherweise zustehe, wären diese unsachlich benachteiligt, insbesondere andere Vertragsbedienstete mit „normalem“ Urlaubsanspruch. Eine sachgerechte Lösung lasse sich daher nur durch den bereits vom Erstgericht vorgenommenen anteiligen Ausschluss der Ferienzeiten in dem Ausmaß herstellen, als diese (urlaubsbedingte) Abwesenheiten in „gewöhnlichen“ Berufen überschritten.

[6] Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision mangels Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage zu, ob und in welchem Ausmaß die Ferienzeiten eines Lehrers nach § 26 Abs 3 VBG als Vordienstzeit anzurechnen sind.

[7] Gegen das Berufungsurteil richtet sich die wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision der Klägerin mit dem Antrag, ihrem Feststellungsbegehren zur Gänze stattzugeben.

[8] Der beklagte Bund beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, dem Rechtsmittel den Erfolg zu versagen.

Rechtliche Beurteilung

[9] Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig. Sie ist zum Teil auch berechtigt.

[10] Im Revisionsverfahren ist nur mehr strittig, ob die im Dienstverhältnis zum Träger der deutschen Schule zurückgelegten Dienstzeiten zur Gänze oder (aufgrund des herabgesetzten, von Jahr zu Jahr schwankenden Beschäftigungsausmaßes) nur aliquot, sowie ob die in den Zeiten des Dienstverhältnisses enthaltenen Ferienzeiten zur Gänze oder bloß teilweise als Vordienstzeiten nach § 26 Abs 3 VBG anzurechnen sind.

[11] Gemäß § 26 Abs 3 Satz 1 VBG 1948 idgF sind über die in § 26 Abs 2 angeführten Zeiten hinaus „Zeiten der Ausübung einer einschlägigen Berufstätigkeit oder eines einschlägigen Verwaltungspraktikums als Vordienstzeiten anrechenbar“. Eine Berufstätigkeit oder ein Verwaltungspraktikum ist gemäß Abs 3 Satz 2 leg cit einschlägig, „insoweit eine fachliche Erfahrung vermittelt wird, durch die 1. eine fachliche Einarbeitung auf dem neuen Arbeitsplatz überwiegend unterbleiben kann oder 2. ein erheblich höherer Arbeitserfolg durch die vorhandene Routine zu erwarten ist“. Dass die Unterrichtstätigkeit der Klägerin in Deutschland „einschlägig“ war, ist im Revisionsverfahren nicht mehr strittig.

[12] Während bei § 26 Abs 2 VBG Vordienstzeiten auf das Besoldungsdienstalter anzurechnen sind, die in einem (in Abs 2 näher umschriebenen) Dienstverhältnis zurückgelegt wurden, kommt es bei § 26 Abs 3 VBG auf die „Ausübung“ der (einschlägigen) Berufstätigkeit an. Dies wird als Erfordernis einer tatsächlichen Berufstätigkeit verstanden und aus diesem abgeleitet, dass Zeiten einer Nichtausübung des Berufs – also etwa Karenzurlaube bzw Karenzen – nicht anrechenbar sind, weil in diesen keine Berufserfahrung erworben wurde. Abwesenheiten, die zu einem gewöhnlichen Berufsleben zu zählen sind, wie etwa ein Erholungsurlaub, Krankenstand oder Beschäftigungsverbot, können dabei aber außer Betracht bleiben (Fellner, BDG [2020] § 26 VBG Anm VI D 2).

[13] Die Vorinstanzen legen dies zutreffend ihrer Entscheidung zugrunde, meinen sodann aber, in einem „gewöhnlichen Beruf“ hätte man 35 Kalendertage Urlaub und daher könnten der Klägerin die darüber hinausgehenden Ferientage – sofern sie in diesen keine Berufstätigkeit, wie etwa eine Prüfungstätigkeit oder die Betreuung von vorwissenschaftlichen Arbeiten, ausgeübt habe – nicht angerechnet werden, habe sie doch insofern über das gewöhnliche Urlaubsausmaß hinausgehend keine Berufserfahrung sammeln können. Dieser Betrachtung liegt in zweierlei Hinsicht ein Missverständnis zu Grunde.

[14] Zum einen kann es nicht auf einen Vergleich des (im Übrigen durchaus nicht ungewöhnlichen) Lehrerberufs mit einem „gewöhnlichen Beruf“ (was auch immer darunter verstanden werden möge) ankommen. Vielmehr ist entscheidend, ob zu jenen Zeiten, in welchen die Klägerin nicht unterrichtete, ihr Beruf gewöhnlicherweise sehr wohl ausgeübt wird, sodass die Klägerin zu diesen Zeiten atypisch keine beruflichen Erfahrungen sammelte. Dies ist zu verneinen. § 53 Schulgesetz für das Land Berlin (GVBl 2004, 26) bestimmt, dass das Schuljahr am 1. August beginnt und am 31. Juli des folgenden Kalenderjahres endet (Abs 1), und dass die Gesamtdauer der Ferien eines Jahres sowie deren Aufteilung in einzelne zusammenhängende Ferienabschnitte von der Schulaufsichtsbehörde festgesetzt werden (Abs 3). Grundsätzlich so wie in Österreich (vgl § 2 Abs 2 Schulzeitgesetz 1985) gehören damit auch in Berlin die Ferien zum gewöhnlichen Schuljahr. Wenn und insoweit die Klägerin damit in den Ferien keine eigentliche berufliche Erfahrung durch Unterrichtstätigkeit sammeln konnte, so ist dies weder für Österreich noch für Deutschland atypisch, sondern liegt in den Besonderheiten des allgemeinen Schulbetriebs begründet (vgl Germelmann in Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht4 II [2018] § 156 Rz 7) und rechtfertigt damit nicht ein Ausscheiden dieser Zeiten iSd § 26 Abs 3 VBG.

[15] Zum anderen liegt der Betrachtung der Vorinstanzen das Missverständnis zugrunde, Ferienzeiten wären für Lehrer automatisch Urlaub. Dies ist weder für Österreich (vgl Juranek, Das österreichische Schulrecht4 [2020] 352) noch – hier allein interessierend – für Deutschland richtig. Dort haben grundsätzlich Lehrer, soweit dies aus dienstlichen Gründen erforderlich ist, auch in den Ferienzeiten an der Schule Dienst zu verrichten (Germelmann in Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht4 II [2018] § 156 Rz 7). Aus diesem Grund sprach auch das Bundesarbeitsgericht bereits mehrfach aus, dass Schulferien für angestellte Lehrkräfte zwar im Allgemeinen eine unterrichtsfreie, aber keine arbeitsfreie Zeit ist und die Lehrkraft deshalb grundsätzlich zur Erledigung aller arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeiten verpflichtet bleibt (BAG 9 AZR 79/95 = NZA 1996, 1103 [Pkt II.1.]; 9 AZR 144/07 = AP GewO § 106 Nr 4 [Rz 45 mwN]). Dass die Schulferien nicht etwa insgesamt den einem Lehrer zustehenden Erholungsurlaub bilden, folgert im Übrigen das (deutsche) Bundesverwaltungsgericht schon aus ihrer Dauer (BVerwG 2 B 3.84 = BeckRS 1985, 30936066; 2 B 75.12 = BeckRS 2014, 51763).

[16] Der Einwand der Klägerin, auch die aus Sicht der Vorinstanzen über das „gewöhnliche Urlaubsausmaß“ eines „gewöhnlichen Berufs“ hinausgehenden Ferienzeiten hätten ihr angerechnet werden müssen, erweist sich daher als zutreffend.

[17] Zur von den Vorinstanzen entsprechend dem Beschäftigungsausmaß vorgenommenen Aliquotierung vertritt die Klägerin in der Revision die Ansicht, es sei dem VBG grundsätzlich nicht zu entnehmen, dass zwingend eine solche bei der Vordienstzeitenanrechnung stattzufinden habe. Vielmehr könne man aus § 26 Abs 4 letzter Satz VBG ableiten, dass eine Beschäftigung über der Hälfte einer Vollbeschäftigung voll anzurechnen sei. Weitere Aspekte werden insoweit nicht releviert.

[18] Der Wortlaut des § 26 Abs 3 VBG sieht eine Anrechnung von Zeiten einer Berufstätigkeit vor, „insoweit“ diese eine fachliche Erfahrung vermitteln. Daraus ist abzuleiten, dass bei einem (im Verhältnis zur Normalarbeitszeit) reduzierten Beschäftigungsausmaß auch nur eine entsprechend aliquote Anrechnung der Vordienstzeiten erfolgen kann. Nach der gewöhnlichen Lebenserfahrung ist davon auszugehen, dass bei einem geringeren Beschäftigungsausmaß innerhalb desselben Zeitraums weniger Erfahrung erworben wird (Fellner, BDG [2020] § 26 VBG Anm VI D 6). In diesem Sinne hat im Übrigen auch der Verwaltungsgerichtshof bereits zur parallelen Bestimmung des § 12 Abs 3 Z 2 GehG mehrfach ausgesprochen, dass zur Beantwortung der Frage, ob in deren Sinne ein erheblich höherer Arbeitserfolg durch eine Vortätigkeit des Beamten vorliegt, unter anderem festzustellen ist, in welchem Ausmaß die tatsächlichen Verrichtungen während der Vortätigkeit besorgt wurden (VwGH Ra 2018/12/0002; Ra 2019/12/0045).

[19] Aus § 26 Abs 4 vorletzter Satz VBG ist für den Standpunkt der Klägerin nichts zu gewinnen. Mit dieser Bestimmung werden nämlich ausschließlich Zeiten in einem Dienstverhältnis nach § 26 Abs 2 Z 1 und 2 VBG, soweit sie nur deshalb nicht voll für die Vorrückung in höhere Bezüge wirksam waren, weil sie in einem Beschäftigungsausmaß zurückgelegt wurden, das unter der Hälfte des für eine Vollbeschäftigung vorgeschriebenen Beschäftigungsausmaßes lag, vom grundsätzlichen Ausschluss der Anrechnung nach § 26 Abs 4 Z 2 VBG ausgenommen. Die gegenständlichen Vordienstzeiten der Klägerin sind aber – unstrittig – keine Zeiten nach § 26 Abs 2 VBG und unterliegen daher weder der Ausschlussbestimmung des § 26 Abs 4 Z 2 VBG noch der Ausnahme in § 26 Abs 4 vorletzter Satz VBG. Schon aus diesem Grund kann aus letzterer Bestimmung nicht abgeleitet werden, dass Vordienstzeiten nach § 26 Abs 3 VBG bereits immer dann zur Gänze zu berücksichtigen wären, wenn das Beschäftigungsausmaß über der Hälfte einer Vollbeschäftigung liegt.

[20] Eine Anrechnung von Vordienstzeiten in Anwendung des pro-rata-temporis Grundsatzes ist jedenfalls auch sachlich gerechtfertigt, wenn – wie es bei § 26 Abs 3 VBG der Fall ist – nur einschlägige Zeiten angerechnet werden, die ganz konkret eine einschlägige fachliche Erfahrung vermitteln, und zudem eine Tätigkeit vorliegt, bei dem ein höheres Beschäftigungsausmaß in der Regel zu einem Zugewinn an Kompetenzen bzw Fähigkeiten führt (Gerhartl, Vordienstzeiten und Beschäftigungsausmaß – Diskriminierung Teilzeitbeschäftigter?, ASoK 2018, 294 [298]). Gerade bei der Lehrtätigkeit an einer Schule liegt es auf der Hand, dass mit zunehmendem Ausmaß der Lehrverpflichtung es wahrscheinlicher wird, dass der Lehrer mit besonderen Konstellationen – zB Problemschülern – konfrontiert ist und folglich auch seine Erfahrung und Kompetenz im Umgang mit solchen Konstellationen zunimmt.

[21] Nach der gewöhnlichen Lebenserfahrung kann aber auch davon ausgegangen werden, dass ab einem bestimmten intensiven Beschäftigungsausmaß kein nennenswerter Erfahrungszugewinn durch ein noch höheres Beschäftigungsausmaß erzielbar ist. Daher kann typischerweise von einer vollen Anrechenbarkeit ausgegangen werden, wenn die frühere Tätigkeit in einem Ausmaß von zumindest 80 % (umgelegt auf eine gewöhnliche fünf‑Tage-Woche: an zumindest vier Tagen) ausgeübt wurde (vgl Fellner, BDG [2020] § 26 VBG Anm VI D 6). Ausgehend davon haben die Vorinstanzen zutreffend der Klägerin jenes Schuljahr, in der ihre Lehrverpflichtung die Grenze von 80 % überschritt, voll angerechnet, ansonsten aber entsprechend dem jeweiligen Beschäftigungsausmaß eine Aliquotierung nach dem Grundsatz pro rata temporis vorgenommen.

[22] Davon ausgehend, dass der Klägerin die Schulferien als Vordienstzeiten auch nicht teilweise abgezogen werden dürfen, jedoch eine Aliquotierung entsprechend ihrem Beschäftigungsausmaß im jeweiligen Schuljahr vorzunehmen ist (wobei der Schuljahreswechsel in Berlin stets am 1. August stattfindet und eine Lehrverpflichtung ab 80 % als mit 100 % in Ansatz zu bringen ist), errechnen sich für das Schuljahr 1. 8. 2009 bis 31. 7. 2010 262,80 Tage (Lehrverpflichtung 72 %), für das Schuljahr 1. 8. 2010 bis 31. 7. 2011 215,35 Tage (Lehrverpflichtung 59 %), für das Schuljahr 1. 8. 2011 bis 31. 7. 2012 263,52 Tage (Lehrverpflichtung 72 %) und für das Schuljahr 1. 8. 2012 bis 31. 7. 2013 365 Tage (Lehrverpflichtung über 80 %), dies sind in Summe 1.106,67 Tage.

[23] Der vom Erstgericht in seinem Urteil vorgenommenen Präzisierung des Feststellungsbegehrens sind die Parteien nicht entgegengetreten.

[24] Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 3 ZPO.

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