European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0140OS00105.20B.1215.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen Schuld werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen des Angeklagten wegen des Ausspruchs über die Strafe sowie die privatrechtlichen Ansprüche und über die (gegen den Strafausspruch gerichtete) Berufung der Staatsanwaltschaft werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde ***** N***** des Vergehens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 130 Abs 1 erster Fall StGB schuldig erkannt (vgl zur Abgrenzung von Diebstahl und Veruntreuung [vgl Salimi in WK 2 StGB § 133 Rz 34 ff, insb Rz 39; RIS‑Justiz RS0093492]).
[2] Danach hat er in einer Vielzahl von Angriffen gewerbsmäßig fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 Euro übersteigenden Wert Gewahrsamsträgern der Ö***** AG mit dem Vorsatz weggenommen, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar:
Rechtliche Beurteilung
I./ von 30. Oktober bis 29. Dezember 2017 in A***** 14 Pakete mit Wertgegenständen im Gesamtwert von 29.974,47 Euro;
II./ von 5. bis 12. Jänner 2018 in S***** 28 Pakete mit Wertgegenständen im Gesamtwert von 13.004,28 Euro;
III./ von 12. bis 16. Februar 2018 in Al***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit zwei im Urteil namentlich genannten Mittätern 14 Pakete mit Wertgegenständen im Gesamtwert von 15.772 Euro.
[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.
[4] Den auf die Wegnahme von Sachen in einem insgesamt 5.000 Euro übersteigenden Wert gerichteten Vorsatz (US 6; vgl dazu RIS-Justiz RS0132778) haben die Tatrichter aus dem Verhalten des Angeklagten geschlossen, nämlich aus der Auswahl von Paketen mit „überwiegend für Elektronikgeräte bekannten Firmen“ als Absender oder mit solchen, deren Firmenname auf den Paketinhalt Aufschluss gab und in denen sich „mit hoher Wahrscheinlichkeit entsprechende elektronische Geräte bzw. Tabakware“ befanden, sowie aus dem gezielten „Abfangen von Paketen mit möglichst hochpreisigem Inhalt anhand des Empfängers bzw. Absenders“ (US 10 f).
[5] Indem die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) behauptet, es würden sich im Urteil „keine ausreichenden Beweisergebnisse“ für diesen Aspekt der subjektiven Tatseite finden, weil der auf die Überschreitung der Wertgrenze gerichtete Vorsatz des Täters „konkret nachweisbar“ sein müsse, zeigt sie eine offenbar unzureichende, also den Kriterien der Logik und Empirie widersprechende Begründung (RIS-Justiz RS0116732) nicht auf.
[6] Die Annahme eines auf gewerbsmäßige Begehung gerichteten Vorsatzes (§ 5 Abs 2 StGB) des Angeklagten (US 6) hat das Schöffengericht insbesondere aus der gezielten Vorgangsweise, den einschlägigen Vorverurteilungen und der Wegnahme von Waren, die „für einen Dieb vor allem im Hinblick auf künftige Veräußerungen interessanter“ sind als Pakete von Privatpersonen oder kleineren Unternehmen mit unbekanntem Unternehmenszweck, abgeleitet (US 11).
[7] Mit der Behauptung, die einschlägigen Vorstrafen würden „teilweise über ein Jahrzehnt“ zurückliegen, wird kein Begründungsmangel iSd Z 5 dargelegt, sondern die Beweiswürdigung bloß nach Art einer Schuldberufung kritisiert.
[8] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung ebenso sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO) wie die im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässige Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld (§§ 294 Abs 4, 296 Abs 2 StPO).
[9] Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die gegen den Ausspruch über die Strafe – einschließlich des Einziehungserkenntnisses (insoweit in der Rechtsmittelschrift verfehlt [vgl § 443 Abs 3 StPO] als Beschwerde bezeichnet) – und die privatrechtlichen Ansprüche gerichtete Berufung des Angeklagten und die (gegen den Strafausspruch gerichtete) Berufung der Staatsanwaltschaft (§ 285i StPO). Das Oberlandesgericht wird im Rahmen der Entscheidung über die gegen das Einziehungserkenntnis gerichtete Berufung zu berücksichtigen haben, dass diesem Nichtigkeit aus § 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO anhaftet. Einziehung setzt zunächst voraus, dass der betroffene Gegenstand vom Täter zur Begehung der Anlasstat verwendet wurde, zur Verwendung bei dieser bestimmt worden war oder durch diese hervorgebracht wurde (vgl Ratz in WK 2 StGB § 26 Rz 3 ff; RIS‑Justiz RS0121153, RS0090462). Weiters muss die vorbeugende Maßnahme nach der besonderen Beschaffenheit des betroffenen Gegenstands geboten erscheinen, um der Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen durch den Täter selbst oder durch andere Personen entgegenzuwirken (vgl RIS‑Justiz RS0121298). Feststellungen zu diesen Kriterien hat das Erstgericht, das die Einziehung von 13 Flaschen Aloe‑Gel, sechs LED‑Deckenleuchten, fünf PC‑Tastaturen und 14 CE‑Kupplungen (US 2) bloß mit dem Hinweis auf die „zitierte(n) Gesetzesstelle“ begründet hat (US 13), nicht getroffen (vgl Ratz , WK‑StPO § 283 Rz 1; RIS‑Justiz RS0109969, RS0116501).
[10] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)