OGH 5Ob223/20k

OGH5Ob223/20k11.12.2020

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der gefährdeten Partei mj S*, geboren am *, in Unterhaltssachen vertreten durch die Mutter E*, gegen den Gegner der gefährdeten Partei D*, vertreten durch Dr. Johannes Fuchs, Rechtsanwalt in Wien, dieser vertreten durch Mag. Andrea Strodl, Rechtsanwältin in Wien, wegen vorläufigen Unterhalts über den „außerordentlichen“ Revisionsrekurs des Gegners der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 7. Oktober 2020, GZ 42 R 344/20d‑19, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Donaustadt vom 22. Juli 2020, GZ 1 Pu 77/20x‑6, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E130530

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

 

Begründung:

[1] Das Erstgericht trug dem Antragsgegner mit einstweiliger Verfügung nach § 382a EO auf, der Minderjährigen ab 21. 7. 2020 bis zur rechtskräftigen Erledigung ihres Unterhaltsfestsetzungsverfahrens vorläufigen Unterhalt von monatlich 141,50 EUR zu bezahlen.

[2] Dem dagegen erhobenen Rekurs des Vaters und Gegners der gefährdeten Partei gab das Rekursgericht nicht Folge. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

[3] Das Erstgericht legte den vom Vater gegen diese Entscheidung eingebrachten „außerordentlichen Revisionsrekurs“ unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor. Dieser ist aber – jedenfalls derzeit – zu einer Entscheidung über den außerordentlichen Revisionsrekurs nicht berufen.

[4] 1. Der Anspruch auf Zahlung des laufenden Unterhalts ist mit dem Dreifachen der Jahresleistung zu bewerten (§ 58 Abs 1 JN). Der Entscheidungsgegenstand des Rekursgerichts liegt daher hier unter 30.000 EUR.

[5] 2. Wie der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, richtet sich das Verfahren zur Erlassung einstweiliger Verfügungen nach § 382a EO – mit hier unerheblichen Ausnahmen – nach den Bestimmungen der Exekutionsordnung (3 Ob 197/01v mwN; 10 Ob 8/03d mwN; Kodek in Angst/Oberhammer EO3 § 382a Rz 9). Demnach gelten auch die Verweisungen in §§ 402 Abs 4 und 78 EO.

[6] 3. In Unterhaltssachen nach § 49 Abs 2 Z 2 JN ist im Streitgegenstandsbereich bis zur Grenze von 30.000 EUR gegen eine rekursgerichtliche Entscheidung, in welcher der Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt wurde, gemäß § 528 Abs 3 ZPO kein außerordentlicher Revisionsrekurs zulässig, sondern es ist im Weg des Abänderungsantrags nach § 528 Abs 2a ZPO (hier iVm §§ 78 und 402 Abs 4 EO) unter sinngemäßer Anwendung des § 508 ZPO sowie eines damit verbundenen ordentlichen Revisionsrekurses beim Rekursgericht Abhilfe zu suchen (3 Ob 197/01v; 10 Ob 8/03d).

[7] 4. Die Vorlage des „außerordentlichen“ Revisionsrekurses des Gegners der gefährdeten Partei direkt an den Obersten Gerichtshof widerspricht dieser Rechtslage, sind doch im Streitwertbereich des § 528 Abs 2 Z 1a ZPO Rechtsmittel gegen Entscheidungen, gegen die nach dem Ausspruch gemäß §§ 528 Abs 3 iVm 500 Abs 2 Z 3 ZPO, §§ 402 Abs 4, 78 EO der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig ist, nur dem Gericht zweiter Instanz (sofort), nicht aber dem Obersten Gerichtshof vorzulegen (§§ 528 Abs 2a iVm 507b Abs 2 ZPO). Das gilt auch dann, wenn – wie hier – das Rechtsmittel als „außerordentlicher Revisionsrekurs“ bezeichnet wird und es an den Obersten Gerichtshof gerichtet wurde (10 Ob 8/03d).

[8] 5. Das Erstgericht wird daher das – wegen § 402 Abs 1 Satz 2 EO nicht jedenfalls unzulässige – Rechtsmittel des Gegners der gefährdeten Partei gemäß §§ 528 Abs 2a und 507b Abs 2 ZPO iVm §§ 78 und 402 Abs 4 EO dem Rekursgericht vorzulegen haben. Ob der Rechtsmittelschriftsatz den Erfordernissen des § 508 Abs 1 ZPO entspricht oder er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (RIS‑Justiz RS0109623 [T5, T8, T9]).

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