OGH 12Os83/20b

OGH12Os83/20b12.11.2020

Der Oberste Gerichtshof hat am 12. November 2020 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Oshidari, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski und Dr. Brenner undden Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter in Gegenwart des Schriftführers Kleinschuster LL.M. in der Strafsache gegen Berdan T***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Jugendschöffengericht vom 18. Mai 2020, GZ 14 Hv 32/20m‑29, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Leitner, des Angeklagten sowie seiner Verteidigerin Mag. Hiebler zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0120OS00083.20B.1112.000

 

Spruch:

 

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Strafausspruch sowie in der Vorhaftanrechnung aufgehoben und in diesem Umfang in der Sache selbst erkannt:

Berdan T***** wird für das ihm zur Last liegende Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB unter Anwendung des § 5 Z 4 JGG nach § 143 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von

fünfzehn Monaten

verurteilt, von der gemäß § 43a Abs 3 StGB ein Strafteil von zwölf Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wird.

Gemäß § 38 Abs 1 Z 1 StGB wird die vom 24. Februar 2020, 22:08 Uhr, bis zum 18. Mai 2020, 14:30 Uhr, erlittene Vorhaft auf die Freiheitsstrafe angerechnet.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die Strafneubemessung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 8. Oktober 2002 geborene Berdan T***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 21. Februar 2020 in L***** Gewahrsamsträgern des Modefachgeschäfts M***** mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) unter Verwendung einer Waffe fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld in Höhe von 255,60 Euro, abgenötigt, indem er zwei Elektroschocker gegen die Angestellte Gerlinde G***** richtete und mehrfach äußerte „Zwingen Sie mich nicht, es zu tun“.

Hiefür wurde er zu einer Freiheitsstrafe von 21 Monaten verurteilt.

Rechtliche Beurteilung

Gegen den Sanktionsausspruch dieses Urteils richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Im Ergebnis zutreffend kritisiert der Beschwerdeführer, das Erstgericht habe im Rahmen der Strafbemessung der Sache nach ein gerichtlich strafbares Verhalten ohne gesetzlichen Schuldnachweis im Sinn des Art 6 Abs 2 MRK nachteilig zugerechnet und solcherart eine für die Strafbemessung maßgebende entscheidende Tatsache beim Ausspruch über die Strafe offenbar unrichtig beurteilt (Z 11 zweiter Fall).

Denn die Tatrichter leiteten die gegenüber den rechtlich geschützten Werten ablehnende und gleichgültige Einstellung des Angeklagten insbesondere daraus ab, dass er nach vorläufiger Einstellung (§ 201 Abs 1 StPO) des gegen ihn geführten Verfahrens AZ ***** des Landesgerichts Leoben (US 3 iVm US 6) „bereits auf Grund eines gegen ihn geführten Verfahrens wegen Diebstahls gemeinnützige Leistungen abzuleisten hatte und während der Zeit der Erbringung der gemeinnützigen Leistung nunmehr neuerlich delinquierte“ (US 6), und versagten allein aufgrund dieses Umstands die Annahme des Milderungsgrundes des § 34 Abs 1 Z 2 StGB (US 7; vgl aber RIS‑Justiz RS0130150).

Der Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) war daher schon aus diesem Grund aufzuheben.

Bei der Strafneubemessung wertete der Oberste Gerichtshof die geständige Verantwortung des Angeklagten (§ 34 Abs 1 Z 17 StGB), die erfolgte Schadensgutmachung (§ 34 Abs 1 Z 14 StGB) sowie den bisher ordentlichen Lebenswandel (§ 34 Abs 1 Z 2 StGB) als mildernd.

Erschwerend zu berücksichtigen war kein Umstand.

 

Ausgehend von einem Strafrahmen von bis zu siebeneinhalb Jahren Freiheitsstrafe war über den Angeklagten die im Spruch genannte Freiheitsstrafe als dem Unrecht der Taten entsprechend und seiner Schuld angemessen zu verhängen.

Gemäß § 43a Abs 3 StGB war ein Strafteil von zwölf Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachzusehen. Eine zur Gänze bedingte Strafnachsicht war aufgrund der planvoll aufgewendeten kriminellen Energie und des gezeigten intensiven Täterwillens ausgeschlossen.

Über eine allfällige Anordnung von Bewährungshilfe wird das Erstgericht zu entscheiden haben.

Die Anrechnung der Vorhaftzeiten gründet sich auf § 38 Abs 1 Z 1 StGB. Über die Anrechnung der nach Fällung des Urteils erster Instanz in der Vorhaft (§ 38 StGB) zugebrachten Zeit hat gemäß § 400 StPO die Vorsitzende des Erstgerichts mit Beschluss zu entscheiden (RIS-Justiz RS0091624; Lässig, WK-StPO § 400 Rz 1).

 

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die Strafneubemessung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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