European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E129764
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.
Begründung:
[1] Im Verlassenschaftsverfahren nach dem am * verstorbenen J* H* wies das Erstgericht ua zwei bestimmte Bankkonten betreffende Auskunftsanträge des Sohnes des Erblassers ab.
[2] Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs nicht Folge und sprach aus, der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige nicht 30.000 EUR und der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig.
[3] Gegen diesen Beschluss richtet sich der „außerordentliche Revisionsrekurs“ des Sohnes, den das Erstgericht dem Obersten Gerichtshof vorlegte.
Rechtliche Beurteilung
[4] Diese Aktenvorlage ist verfehlt.
[5] Gemäß § 62 Abs 3 AußStrG ist ein Revisionsrekurs – außer im Fall des § 63 Abs 3 AußStrG – jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. § 62 Abs 3 AußStrG gilt nicht, soweit der Entscheidungsgegenstand nicht rein vermögensrechtlicher Natur ist (§ 62 Abs 4 AußStrG). Der Auskunftsanspruch der Erben gegenüber der kontoführenden Bank im Verlassenschaftsverfahren ist vermögensrechtlicher Natur (RS0007110 [T7]; RS0122922).
[6] Übersteigt der Entscheidungsgegenstand nicht insgesamt 30.000 EUR und hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG ausgesprochen, dass der ordentliche Revisionsrekurs nach § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig ist, so kann eine Partei einen Antrag an das Rekursgericht stellen, seinen Ausspruch dahingehend abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde (Zulassungsvorstellung); der Antrag muss hinreichend erkennen lassen, warum – entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichts – nach § 62 Abs 1 AußStrG der ordentliche Revisionsrekurs für zulässig erachtet wird. Mit demselben Schriftsatz ist der ordentliche Revisionsrekurs auszuführen (§ 63 Abs 1 AußStrG).
[7] Dem Rechtsmittelwerber steht also nur der Rechtsbehelf der Zulassungsvorstellung nach § 63 AußStrG zur Verfügung. Sein Rechtsmittel war nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen, weil im Streitwertbereich des § 63 AußStrG Rechtsmittel gegen Entscheidungen, gegen die nach dem Ausspruch des § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig ist, dem Gericht zweiter Instanz vorzulegen sind (§ 69 Abs 3 AußStrG). Dies gilt auch, wenn das Rechtsmittel als „außerordentliches“ bezeichnet wird und direkt an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist.
[8] Wird gegen eine Entscheidung, die nur mit Zulassungsvorstellung angefochten werden kann, ein ordentlicher oder ein außerordentlicher Revisionsrekurs erhoben, so hat daher – auch wenn das Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist – das Erstgericht dieses Rechtsmittel dem Rekursgericht vorzulegen, weil derartige Rechtsmittel als Anträge iSd § 63 AußStrG zu werten sind.
[9] Ob der dem Rekursgericht vorzulegende Schriftsatz den Erfordernissen des § 63 Abs 1 AußStrG entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten.
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