European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E129141
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten B* und T* wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der rechtlichen Unterstellung der Tat (auch) unter § 130 Abs 2 erster und zweiter Fall (iVm Abs 1 erster Fall) StGB, demgemäß auch in den Strafaussprüchen (einschließlich der Vorhaftanrechnungen) aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Klagenfurt verwiesen.
Im Übrigen werden die Nichtigkeitsbeschwerden ebenso wie die Berufung des Angeklagten T* wegen des Ausspruchs über die Schuld zurückgewiesen.
Mit ihren Berufungen wegen des Ausspruchs über die Strafe werden die Angeklagten und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.
Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden P* B*und V* T* je des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls (erg: durch Einbruch) nach §§ 15, 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 2, 130 Abs 2 erster und zweiter Fall (iVm Abs 1 erster Fall) StGB schuldig erkannt.
Danach haben sie am 11. November 2019 in G* im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit weiteren unbekannten Mittätern versucht, fremde bewegliche Sachen, nämlich insgesamt 55.890 Euro Bargeld, Gewahrsamsträgern der D* durch Sprengung des in der Filiale G* eingemauerten und verankerten, von außen zugänglichen Bankomaten, sohin durch Aufbrechen eines Behältnisses, mit dem Vorsatz wegzunehmen, sich oder andere durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei sie – wie es im Spruch des Urteils (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) heißt – „die Tat in der Absicht ausführten, sich durch die wiederkehrende Begehung gleichartiger Taten“ längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges, bei jährlicher Durchschnittsbetrachtung 400 Euro pro Monat übersteigendes fortlaufendes Einkommen zu verschaffen und die Tat unter dem Einsatz besonderer Fähigkeiten und Mittel, nämlich durch die Verwendung eines explosiven Gasgemischs und sprengtechnischer Kenntnisse begingen, die die wiederkehrende Begehung nahelegen.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richten sich die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten, jene des B* gestützt auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a, „9a“, 10 und 11 StPO und jene des T* auf § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a, 10 und 11 StPO.
Im Recht sind die Beschwerdeführer, soweit sie das Fehlen von Feststellungen für die rechtliche Annahme der Qualifikation nach § 130 Abs 2 erster und zweiter Fall StGB einwenden (Z 10; nominell zum Teil auch Z 5 und 9 lit a).
Gewerbsmäßigkeit verlangt neben bestimmten objektiven Kriterien die Absicht des Täters, sich durch die wiederkehrende Begehungeiner „Tat“ eine längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen (§ 70 Abs 1 StGB; Leukauf/Steininger/Tipold StGB4 § 70 Rz 3; RIS‑Justiz RS0108366). Eine fortlaufende Verwertung der Beute aus einer einzigen Tat wird dem Begriff der Gewerbsmäßigkeit nicht gerecht (13 Os 65/19m; Jerabek/Ropper in WK² StGB § 70 Rz 7, 9).
Nach den im Urteil getroffenen Feststellungen reisten die Angeklagten nach Österreich ein, um hier eine Bankomatsprengung vorzunehmen und so das in einem Bankomat befindliche Bargeld unrechtmäßig an sich zu nehmen (US 3). Der Angeklagte B* hatte bereits in Italien an mehreren Bankomatsprengungen mitgewirkt und war dafür auch verurteilt worden (US 2 f, 10). Die Angeklagten wollten sich durch ihren Anteil an der erwarteten Beute umgerechnet auf das Jahr ein nicht bloß geringfügiges, den monatlichen Betrag von 400 Euro übersteigendes Einkommen verschaffen (US 4). Durch die erwartete hohe Summe könne nämlich geschlossen werden, dass „die Täter die Absicht führten, sich durch diese wiederkehrende Begehung längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen, das bei einer jährlichen Berechnung weit über einem Minimalbetrag von monatlich 400 Euro liegt“ (US 11).
Für die vom Erstgericht vorgenommene rechtliche Beurteilung fehlen, worauf auch die Generalprokuratur zutreffend hinweist, hinreichend (zweifelsfrei) klareFeststellungen (vgl dazu Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 19, 570 f) bezüglich einer Absicht der Täter, sich durch die k ünftige Wiederholung von Straftaten desselben Deliktstyps (hier: schwere Einbruchsdiebstähle) ein fortlaufendes Einkommen zu verschaffen. Das Referat der entscheidenden Tatsachen gemäß § 260 Abs 1 Z 1 StPO vermag fehlende Konstatierungen nicht zu ersetzen (Lendl, WK‑StPO § 260 Rz 8).
Es erübrigt sich daher ein Eingehen auf das weitere die Annahme der Gewerbsmäßigkeit betreffende Vorbringen der Angeklagten sowie – aufgrund der erforderlichen Aufhebung der Strafaussprüche – auch ihrer Sanktionsrügen (Z 11).
Im Übrigen kommt den Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten jedoch keine Berechtigung zu:
So vermissen beide Beschwerdeführer (B* nominell aus Z 5a) beweiswürdigende Erwägungen (Z 5 vierter Fall) zur Feststellung, wonach sie mit weiteren unbekannten Mittätern delinquierten, vernachlässigen aber, dass für den Schuldspruch und die Subsumtion der ihnen zur Last liegenden Tat das Vorhandensein weiterer Mittäter nicht entscheidend ist. Aus diesem Grund kann auch die gegen diese Konstatierung gerichtete Tatsachenrüge (Z 5a) des Angeklagten B*auf sich beruhen (RIS‑Justiz RS0117499).
In Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur war das angefochtene Urteil somit in teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerden bereits nach nichtöffentlicher Beratung wie aus dem Spruch ersichtlich aufzuheben (§ 285e StPO) und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen.
Im darüber hinausgehenden Umfang waren die Nichtigkeitsbeschwerden – in Übereinstimmung mit der Generalprokuratur – bereits nach nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Gleiches gilt für die im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehene Berufung des Angeklagten T* wegen des Ausspruchs über die Schuld (RIS‑Justiz RS0098904 [T23]).
Mit ihren Berufungen waren die Angeklagten ebenso wie die Staatsanwaltschaft auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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