OGH 2Ob90/20d

OGH2Ob90/20d29.6.2020

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr.

 Veith als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé und die Hofräte Dr. Nowotny und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei “S*****“ *****, vertreten durch Dr. Martin Neuwirth und Dr. Alexander Neurauter, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1. T*****, und 2. D*****, beide vertreten durch Dax Wutzlhofer und Partner Rechtsanwälte GmbH in Oberwart, wegen 63.015,30 EUR sA und Feststellung (Streitwert 2.000 EUR), Revisionsinteresse 48.761,48 EUR, über die „außerordentliche Revision“ der beklagten Parteien gegen den (richtig) Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 14. Februar 2020, GZ 13 R 14/20d‑30, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt vom 10. September 2019, GZ 18 Cg 26/19d‑21, teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0020OB00090.20D.0629.000

 

Spruch:

Die „außerordentliche Revision“ wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

Das Erstgericht wies das gesamte Klagebegehren (Zahlung und Feststellung) mit der wesentlichen Begründung ab, beim klagegegenständlichen Unfall sei den beklagten Parteien kein Verschulden zurechenbar, weil der Lenker des Beklagtenfahrzeugs den Unfall auch bei rechtmäßigem Alternativverhalten nicht verhindern hätte können. Eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob die gegenständlichen Zessionen der Ansprüche der Eigentümerin des Fahrzeugs, der Halterin des Fahrzeugs und auch der Arbeitgeberin des Buslenkers aus dem gegenständlichen Unfall an die klagende Partei rechtmäßig firmenmäßig gezeichnet und somit gültig erfolgt seien (somit der Frage der Aktivlegitimation), habe daher unterbleiben können.

Das Berufungsgericht bestätigte mit (auch so bezeichnetem) Teilurteil einen Teil der Klageabweisung betreffend das Zahlungs‑ und das Feststellungsbegehren und sprach aus, die ordentliche Revision sei nicht zulässig. Im Übrigen gab es der Berufung der klagenden Partei mit Beschluss Folge, hob das erstgerichtliche Urteil auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Einen Ausspruch über die Zulässigkeit des Rekurses gegen den Aufhebungsbeschluss enthält die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht.

In der rechtlichen Beurteilung ging das Berufungsgericht davon aus, bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte der Lenker des Beklagtenfahrzeugs den Unfall bei rechtmäßigem Alternativverhalten doch verhindern können. Sein Verschulden mache ein Viertel aus. Das Urteil des Erstgerichts sei daher teilweise als Teilurteil zu bestätigen, teilweise zur Klärung der aktiven Klagslegitimation der klagenden Partei und – allenfalls – der Höhe der Klagsansprüche aufzuheben.

Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts, soweit der Berufung Folge gegeben wurde, richtet sich die „außerordentliche Revision“ der beklagten Parteien mit dem Antrag, das erstgerichtliche Urteil wiederherzustellen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Revisionswerber vertreten die Auffassung, das Berufungsgericht habe entgegen der Bezeichnung seiner Entscheidung in Wahrheit (auch) ein Zwischenurteil mit einer Verschuldensquote von 3 : 1 zu Lasten der klagenden Partei gefällt und das Mehrbegehren mit Teilurteil abgewiesen. Gegen diese Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung dem Grunde nach mittels „Teilurteils (richtig Zwischenurteils)“ sei nach herrschender höchstgerichtlicher Rechtsprechung lediglich das Rechtsmittel der Revision statthaft. Der vom Berufungsgericht angeführte Aufhebungsbeschluss habe somit als nicht beigesetzt zu gelten und sei daher auch nicht anfechtbar.

Rechtliche Beurteilung

Das Rechtsmittel ist absolut unzulässig.

Die Revisionswerber haben für ihre Rechtsauffassung die Entscheidung 10 Ob 77/18y zitiert und sich damit erkennbar auf die in RS0118745 indizierte Rechtsprechung bezogen. Fällt danach das Berufungsgericht in Abänderung eines abweisenden Ersturteils ein Zwischenurteil, so ist ein weiterer Ausspruch über die Aufhebung des Ersturteils verfehlt. Der mit dem Zwischenurteil verknüpfte Aufhebungsbeschluss gilt dann als nicht beigesetzt (RS0118745 [T1]).

Dieser Fall liegt hier aber nicht vor: Das Berufungsgericht hat sein Urteil nicht nur nicht als Zwischenurteil bezeichnet, sondern es steht auch sein diesbezüglicher Entscheidungswille fest. Denn wenn es – wie ausgeführt – darauf hinweist, es werde in erster Instanz die Aktivlegitimation und allenfalls die Höhe der Klageansprüche zu klären sein, hat es hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass es den Grund des Anspruchs (auch teilweise) noch nicht bejahen konnte und wollte. Eine Bejahung wenigstens eines Teils des Klageanspruchs dem Grunde nach wäre aber nach § 393 Abs 1 ZPO Voraussetzung für die Fällung eines (Teil‑)Zwischenurteils. Ein anfechtbares Zwischenurteil liegt daher nicht vor.

Die Umdeutung des Rechtsmittels in einen Rekurs gegen den Aufheungsbeschluss (vgl RS0036258 [T5, T28]) kommt hier nicht in Betracht, weil keine bloße Falschbezeichnung eines Rechtsmittels vorliegt. Da das Berufungsgericht keinen Ausspruch gesetzt hat, dass gegen seinen (Teil‑)Aufhebungsbeschluss der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, wäre ohnedies auch ein solches Rechtsmittel absolut unzulässig und daher ebenfalls zurückzuweisen (RS0043880; RS0043898; RS0043986).

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