OGH 3Ob61/20x

OGH3Ob61/20x25.5.2020

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Roch als Vorsitzenden sowie die Hofräte Priv.‑Doz. Dr. Rassi und Mag. Painsi und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun‑Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** B*****, vertreten durch Dr. Walter Mardetschläger und andere Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei D***** B*****, wegen Wiederaufnahme des Verfahrens des Bezirksgerichts Liesing, AZ 2 C 805/18b, über den „außerordentlichen“ Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 4. März 2020, GZ 63 R 15/20a‑9, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Liesing vom 24. Jänner 2020, GZ 2 C 1188/19b‑6, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0030OB00061.20X.0525.000

 

Spruch:

Der „außerordentliche“ Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

Die Streitteile waren verheiratet.

Im wiederaufzunehmenden Verfahren (im Folgenden Vorprozess) begehrte die Klägerin 5.254,90 EUR wegen bestimmter von ihr für den Beklagten geleisteter Zahlungen (Strom, Gas, etc) und als vereinbartes Entgelt für die Nutzung ihres Fahrzeugs und Handys, jeweils für die Zeit nach Auflösung der ehelichen Gemeinschaft. Sie brachte vor, dass ihre der Klage zugrundeliegenden Forderungen „keinerlei Bezug zu der ehelichen Gemeinschaft haben“. Der Beklagte wandte die von ihm getragenen Kosten für die Versorgung der Hunde der Klägerin als Gegenforderung ein. Mit Urteil vom 12. September 2019 stellte das Erstgericht die Klagsforderung mit 2.354,80 EUR und die Gegenforderung mit 686,80 EUR als zu Recht bestehend fest, verurteilte den Beklagten zur Zahlung von 1.668 EUR und wies das Mehrbegehren von 3.586,90 EUR ab. Die teilweise Klagsstattgebung erwuchs unbekämpft in Rechtskraft. Über die gegen die Teilabweisung erhobene Berufung der Klägerin wurde noch nicht entschieden (VJ‑Register).

Mit ihrer Wiederaufnahmsklage strebt die Klägerin die Wiederaufnahme des Vorverfahrens hinsichtlich der Klagsabweisung an, allerdings nur im Ausmaß des wegen der Nutzung ihres Fahrzeugs und Handys vereinbarten Entgelts von 2.053,10 EUR.

Das Erstgericht wies die Klage im Vorprüfungsverfahren a limine zurück.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss, bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 5.000 EUR, nicht jedoch 30.000 EUR übersteigend und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich der „außerordentliche“ Revisionsrekurs der Klägerin. Das Rechtsmittel ist absolut unzulässig.

1. Vorauszuschicken ist, dass der Revisionsrekurs trotz des bestätigenden Beschlusses des Rekursgerichts nicht dem absoluten Rechtsmittelausschluss des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO unterliegt, weil die Wiederaufnahmsklage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen wurde ( RIS‑Justiz RS0125126).

2. Das Rechtsmittel ist aber wegen § 528 Abs 2 Z 1 ZPO absolut unzulässig.

2.1 Der Streitwert im Wiederaufnahmsverfahren entspricht grundsätzlich jenem des Vorprozesses (RS0042409 [T4]; RS0042445). Richtet sich die Wiederaufnahmsklage aber nur gegen einen Teil der Entscheidung im wiederaufzunehmenden Verfahren, ist Streitgegenstand des Wiederaufnahmeverfahrens nur dieser von der Wiederaufnahmsklage betroffene Teil (RS0120215; RS0042409 [T6]; RS0042445 [T6]). Da somit eine Bewertung durch das Rekursgericht überhaupt unterbleiben hätte müssen, besteht keine Bindung des Obersten Gerichtshofs daran (RS0042450 [T8]; RS0109332 [T1]; RS0042410 [T28]).

2.2 Der von der Wiederaufnahmsklage betroffene Teil der Entscheidung im Vorverfahren übersteigt nicht 5.000 EUR, weshalb der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig ist (§ 528 Abs 2 Z 1 ZPO).

2.3 Die allenfalls in Betracht kommende Ausnahme des § 502 Abs 5 Z 1 ZPO liegt hier nicht vor.

2.3.1 Diese Bestimmung setzt voraus, dass eine im § 49 Abs 1 Z 2a oder Z 2b JN bezeichnete familienrechtliche Streitigkeit vorliegt. Zu prüfen ist hier nur das Vorliegen einer „anderen aus dem gegenseitigen Verhältnis der Ehegatten entspringenden Streitigkeit“ (Z 2b leg cit), weil die Wiederaufnahmsklage jedenfalls keine Streitigkeit iSd Z 2a leg cit (Scheidung, Aufhebung oder Nichterklärung einer Ehe) betrifft.

2.3.2 Streitigkeiten aus dem gegenseitigen Verhältnis der Eheleute sind nur solche, die ohne Berücksichtigung der den Ehegatten kraft Gesetzes auferlegten besonderen Rechte und Pflichten nicht zu lösen sind; die Wurzel des konkreten Konflikts muss demnach in einem Meinungsstreit über Rechte und Pflichten liegen, die sich aus dem Eheband der Streitteile ergeben, zumindest muss das Eheverhältnis dafür mitbestimmend sein (4 Ob 190/16v). Ein auch zwischen anderen Personen denkbares Rechtsverhältnis erzeugt keine Streitigkeiten, die für das gegenseitige Verhältnis von Ehepartnern typisch sind (RS0044093; RS0121843; Lovrek in Fasching/Konecny 3 § 502 ZPO Rz 216).

2.3.3 Für die im hier zu beurteilenden Rechtsstreit aufgeworfenen Fragen ist das (frühere) Eheband der Streitteile (auch im Sinne des klägerischen Vorbringens im Vorprozess) nicht maßgeblich, weil auch bei unverheirateten Paaren Streitigkeiten aus einer Vereinbarung über die Zahlung eines Entgelts für die Nutzung des Eigentums des anderen denkbar sind.

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