European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0150OS00044.20I.0513.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten C***** fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der
Geschworenen beruhenden – auch einen rechtskräftigen Schuldspruch des S***** S***** wegen des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB enthaltenden – Urteil wurde N***** C***** des Verbrechens des Mordes als Beteiligter nach § 12 dritter Fall, §§ 15, 75 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er am 14. August 2018 in S*****
dazu beigetragen, dass S***** S***** den B***** L***** durch drei Schüsse mit einem Revolver zu töten versuchte, wodurch dieser einen Steckschuss im linken Oberarm mit Durchschuss des Oberarmknochens, einen Durchschuss des linken Unterschenkels und einen Bauch-/Brustkorbsteckschuss erlitt, indem er L***** zuvor telefonisch kontaktierte und ein Treffen mit diesem am Tatort vereinbarte sowie vor und bei der Schussabgabe zur zumindest psychischen Unterstützung des S***** anwesend war, wobei er mit dem Vorsatz gehandelt hat, dass L***** getötet wird.
Die Geschworenen haben die anklagekonform gestellte Hauptfrage 2 nach dem Verbrechen des Mordes nach § 12 dritter Fall, §§ 15, 75 StGB bejaht; weitere den Beschwerdeführer betreffende Fragen wurden nicht gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Gegen dieses Urteil richtet sich die auf § 345 Abs 1 Z 6, 10a und 11 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten C*****, die ihr Ziel verfehlt.
Die Fragenrüge (Z 6) kritisiert das Unterbleiben der Stellung derselben „Eventualfragen zu Körperverletzungsdelikten, die betreffend den Zweitangeklagten [S*****] gestellt worden sind, wobei diese auf einen allfälligen Beitrag abzustellen gewesen wären“, sowie einer Zusatzfrage nach dem Rechtfertigungsgrund der Notwehr nach § 3 Abs 1 erster Satz StGB. Sie stützt sich dabei einerseits auf die Verantwortung des Angeklagten C*****, wonach L***** einen halben Meter von ihm entfernt ein Messer gezogen und Stichbewegungen in seine Richtung gemacht habe, weswegen er sofort geflüchtet sei (ON 215 S 22), sowie andererseits auf die Aussage der Zeugin S***** N*****, C***** habe bei einem Treffen einen Tag vor der Tat gesagt, dass er eine Softgun habe und sich mit L***** treffen wolle (ON 239 S 9).
Mit diesem Vorbringen unterlässt die Beschwerde (schon) eine deutliche und bestimmte Bezeichnung der vermissten Eventualfragen (vgl RIS-Justiz RS0117447; Ratz , WK-StPO § 345 Rz 23). In Betreff der begehrten Zusatzfrage bezeichnet sie nach der Logik und nach gesicherter allgemeiner Lebenserfahrung kein ernst zu nehmendes Indiz für eine Notwehrsituation (RIS-Justiz RS0132634, RS0100871 [T3], RS0100527 [T1]; Ratz , WK-StPO § 345 Rz 23).
Die Begründung des Schwurgerichtshofs für die Ablehnung der Ergänzung der Fragen (§ 310 Abs 3 StPO) ist nicht Gegenstand der Nichtigkeitsbeschwerde, weshalb auf die darauf bezogene Kritik des Beschwerdeführers nicht einzugehen ist.
Mit Tatsachenrüge (Z 10a) sind nur geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) bekämpfbar. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen – wie sie die Schuldberufung im Einzelrichterverfahren einräumt – wird dadurch nicht eröffnet (RIS-Justiz RS0119583, RS0118780).
Durch den Verweis auf die Aussage des Angeklagten S*****, wonach C***** nicht gewusst habe, dass er eine Waffe besitze, und sie nie darüber gesprochen hätten (ON 215 S 14), sowie die Verantwortung des Angeklagten C*****, von der Waffe des S***** nichts gewusst und diese noch nie gesehen zu haben (ON 215 S 23), gelingt es der Beschwerde mit Blick auf die Gesamtheit der Verfahrensergebnisse nicht, aus den Akten erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen aufzuzeigen.
Die Behauptung, der Tatentschluss des Angeklagten S***** erfolgte „aus Eigenem“ und „ohne jeglichen Beitrag“ des Angeklagten C*****, erschöpft sich in – in dieser Form unzulässiger – Beweiswürdigungskritik.
Das weitere Beschwerdevorbringen, aus der Verantwortung der Angeklagten C***** und S***** lasse sich ableiten, dass das Opfer den Angeklagten C***** telefonisch kontaktiert, sich als P***** Le***** ausgegeben und ein Treffen mit C***** vereinbart habe, betrifft mit Blick auf die anderen im Wahrspruch enthaltenen und erfolglos bekämpften Beitragshandlungen keine entscheidenden Tatsachen.
Die Geltendmachung materieller Nichtigkeit im geschworenengerichtlichen Verfahren verlangt den Vergleich der im Wahrspruch der Geschworenen (§§ 330 bis 333 StPO) festgestellten Tatsachen mit der im Schuldspruch (§§ 260 Abs 1 Z 2, 270 Abs 2 Z 4 StPO iVm § 342 StPO) vorgenommenen Subsumtion (RIS-Justiz RS0101148, RS0101403).
Diesen Kriterien entspricht die Rechtsrüge (Z 11 lit a) nicht, weil sie unter Vernachlässigung der Gesamtheit des Wahrspruchs (RIS-Justiz RS0101469) behauptet, diesem zufolge habe der Angeklagte C***** (nur) „durch seine Anwesenheit [...] zur Schussabgabe beigetragen“, wodurch die Voraussetzungen für eine Beitragstäterschaft nach § 12 dritter Fall StGB „nicht indiziert“ seien.
Welche für die Annahme bedingten Vorsatzes „notwendige(n) Feststellungen zur Willens- sowie zur Wissenskomponente“ in den Wahrspruch aufzunehmen gewesen wären (vgl aber RIS-Justiz RS0113270, RS0089114 [T2]), lässt die Beschwerde offen (RIS-Justiz RS0116569).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1, 344 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§§ 285i, 344 StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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