OGH 2Ob222/19i

OGH2Ob222/19i24.4.2020

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden und den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé und die Hofräte Dr. Nowotny und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am ***** 2015 verstorbenen K***** V*****, zuletzt *****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Erbin Dr. S***** W*****, vertreten durch Mag. Kurt Kadavy, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 22. November 2019, GZ 53 R 80/19g‑41, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0020OB00222.19I.0424.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Werden Vermögenswerte erst nach Beendigung des Verlassverfahrens bekannt, so hat der Gerichtskommissar nach § 183 Abs 2 AußStrG das Inventar zu ergänzen oder die Erben zur Ergänzung der Vermögenserklärung aufzufordern; war eine Abhandlung unterblieben, ist nach § 183 Abs 3 AußStrG auf der Grundlage der ergänzten Werte neuerlich iSd §§ 153 ff AußStrG zu entscheiden. In einem Antrag auf Durchführung einer bisher unterbliebenen Abhandlung (§ 183 Abs 3 AußStrG) hat der Antragsteller das Vorhandensein weiteren Nachlassvermögens nach ständiger Rechtsprechung zu bescheinigen (RS0008416; RS0115929; zuletzt 2 Ob 161/18t). Aufgrund eines Größenschlusses folgt daraus zwingend, dass das Bescheinigungserfordernis auch für einen – hier zu beurteilenden – Antrag auf bloße Ergänzung des Inventars iSv § 183 Abs 2 AußStrG gilt. Denn das Inventar entfaltet – anders als eine Einantwortung – keine über das Verlassenschaftsverfahren hinausgehende Bindungswirkung (6 Ob 205/12h mwN; RS0007784). Eine Ergänzung ist daher erst recht nur dann vorzunehmen, wenn tatsächlich weiteres Vermögen bescheinigt wird.

Im vorliegenden Fall hat die Antragstellerin nicht etwa weiteres Nachlassvermögen bescheinigt, sondern lediglich die Aufnahme von diesbezüglichen Erkundungsbeweisen beantragt. Die Abweisung dieser Anträge ist zwar grundsätzlich anfechtbar, weil das Gericht damit in der Sache über einen Antrag auf Ergänzung des Inventars entschieden hat (vgl 2 Ob 64/18b für entsprechende Anträge nach § 166 Abs 2 AußStrG). Die Beweise wären aber selbst im Verfahren nach § 166 Abs 2 ABGB nicht aufzunehmen gewesen, weil sich aus den Anträgen keine konkreten Anhaltspunkte für die Nachlasszugehörigkeit bestimmter Vermögenswerte ergeben haben (2 Ob 64/18b; 2 Ob 81/18b). Die nicht weiter substanziierte Vermutung des Vorliegens unwirksamer Schenkungen reicht dafür keinesfalls aus. Das Fehlen eines Notariatsakts schadet bei wirklicher Übergabe – etwa durch Anweisung an die Bank, ein Depot zu übertragen – nicht (vgl 2 Ob 122/17f mwN).

Die Abweisung der Beweisanträge folgt daher zwingend aus der Rechtsprechung zu den Voraussetzungen für ein Vorgehen nach § 183 AußStrG und zur Unzulässigkeit von Erkundungsbeweisen im Verfahren nach § 166 Abs 2 AußStrG. Auf die im Rechtsmittel beanstandete Annahme des Rekursgerichts, die Antragstellerin habe (wirksame) Schenkungen behauptet, kommt es auf dieser Grundlage nicht an.

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