OGH 15Os8/20w

OGH15Os8/20w10.4.2020

Der Oberste Gerichtshof hat am 10. April 2020 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in der Strafsache gegen Markus F***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall und 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 3. Oktober 2019, GZ 123 Hv 37/19s‑121, ferner über die Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss auf Widerruf einer bedingten Entlassung nach Anhörung der Generalprokuratur gemäß § 62 Abs 1 zweiter Satz OGH‑Geo 2019 den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0150OS00008.20W.0410.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Markus F***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall und 15 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in W***** und andernorts mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von schweren Betrugstaten (US 7; § 147 Abs 2 StGB) längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges Einkommen zu verschaffen, Nachgenannte durch Täuschung über seine (Rück‑)Zahlungsfähigkeit und ‑willigkeit, teils unter der Vorgabe, dass er von Investoren demnächst Kapital erhalten werde, zu Handlungen, die diese in einem insgesamt 300.000 Euro übersteigenden Gesamtbetrag schädigten,

A./ verleitet, und zwar

I./ Christopher G***** in mehrfachen Angriffen von Oktober 2017 bis August 2018, hinsichtlich der ersten vier Angriffe auch unter Vorspiegelung, ihm als Sicherheit den fahrbereiten Prototyp des Sportwagens „M*****“ zu überlassen, zur Überweisung von Geldbeträgen in Höhe von insgesamt 780.000 Euro,

II./ Vitaly K***** am 18. Oktober 2017 zur Auszahlung eines Darlehens in Höhe von 5.000 Euro;

III./ Mitarbeiter der D***** AG im November 2018 zur Erbringung von Transportleistungen im Gegenwert von 50.364,52 Euro, indem er das Unternehmen mit dem Transport des Modells des Sportwagens von und nach Dubai beauftragte, jedoch die dafür anfallenden Kosten nicht entrichtete;

IV./ Bernhard R***** im Herbst 2018 zur Zahlung von Reisekosten in einem 5.000 Euro, nicht jedoch 12.650,98 Euro übersteigenden Betrag, indem er ihn beauftragte, für das Sportwagenmodell in Dubai und Abu Dhabi einen geeigneten Ausstellungsplatz zu suchen und ihm die Kostenübernahme zusicherte, die anfallenden Kosten jedoch nicht übernahm;

V./ Verantwortliche der S***** GmbH & Co KG im Sommer 2018 zur Erbringung von Dienstleistungen, nämlich zur Ausstellung des Sportwagens, wobei er den in Rechnung gestellten (Rest-)Betrag von 12.073,22 Euro nicht bezahlte;

VI./ Christian Su***** Ende 2017 bzw Anfang 2018 in zwei Angriffen zur Gewährung von Darlehen in der Gesamthöhe von 14.000 Euro, wobei er keine Rückzahlung tätigte;

VII./ Mitarbeiter der A***** GmbH im Juni 2018 zur Erbringung von Dienstleistungen, indem er das Unternehmen mit einem Projekt namens „Projektunterstützung“ beauftragte, den in Rechnung gestellten (Rest-)Betrag von 15.000 Euro jedoch nicht bezahlte;

B./ zu verleiten versucht, und zwar am 5. November 2018 Gerhard T***** zur Gewährung eines Darlehens in Höhe von 35.000 Euro, indem er ihm eine WhatsApp-Nachricht mit einer entsprechenden Anfrage übermittelte, wobei es beim Versuch blieb, weil Gerhard T***** das Darlehen nicht gewährte.

 

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf Z 1, 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

 

Die Besetzungsrüge (Z 1) kritisiert, ein ausgeschlossener Richter (§ 43 Abs 1 Z 3 StPO) habe sich an der Entscheidung beteiligt, weil der Vorsitzende des Schöffengerichts und der Zeuge S***** W***** insofern in einem Naheverhältnis stünden, als sie beide Mitglieder des selben Golfclubs seien.

Ausgeschlossenheit im Sinn des hier angesprochenen § 43 Abs 1 Z 3 StPO liegt nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn aufgrund des äußeren Anscheins der objektiv gerechtfertigte Eindruck entsteht, dass ein Richter nicht mit voller Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit an die Sache herantritt, somit unsachliche Motive eine unparteiische Entscheidungsfindung hemmen (RIS‑Justiz RS0096914, RS0096880; Lässig, WK‑StPO § 43 Rz 9 ff). Die bloß subjektive Besorgnis einer Ausgeschlossenheit genügt nicht (RIS-Justiz RS0097086; Lässig, WK‑StPO § 43 Rz 10).

Der von der Rüge relevierte Umstand einer Mitgliedschaft im selben Golfclub allein ist – zumal nach der unwidersprochenen Stellungnahme des Vorsitzenden weder eine nähere Bekanntschaft noch eine Freundschaft zum Zeugen vorliegt – nicht geeignet, dessen volle Unbefangenheit – nach dem anzulegenden Maßstab eines verständig würdigenden objektiven Beurteilers (RIS‑Justiz RS0097086 [T5]) – in Zweifel zu ziehen.

Dass die Absicht des Angeklagten darauf gerichtet war, sich durch die wiederholte Begehung von schweren Betrugstaten ein fortlaufendes Einkommen zu verschaffen, blieb – dem Einwand der Rüge zuwider (Z 5 vierter Fall) – nicht offenbar unzureichend begründet.

Denn die Tatrichter haben die gewerbsmäßige Tendenz des Angeklagten – im Einklang mit den Grundsätzen logischen Denkens und allgemeinen Erfahrungssätzen (vgl RIS-Justiz RS0116732) – sowohl auf die geständige Verantwortung der Angeklagten gegründet als auch aus dem äußeren Geschehensablauf (wiederholte Tatbegehung über einen mehrere Monate hinweg andauernden Tatzeitraum, äußerst hohe Schadenssumme), der „drückenden finanziellen Lage“ und dem einschlägig getrübten Vorleben des Angeklagten abgeleitet (US 16). Dass er wiederholt Betrugshandlungen mit einem jeweils 5.000 Euro übersteigenden Schaden begehen wollte, stützten sie außerdem auf die Höhe der Darlehen sowie auf den Wert der jeweils herausgelockten Leistungen (US 16 vierter Absatz) .

Entgegen der Kritik der – nicht an der Gesamtheit der Konstatierungen Maß nehmenden (vgl aber RIS‑Justiz RS0099810) – Rechtsrüge (Z 9 lit a) wurde zu A./V./ der Vermögensschaden der S***** GmbH & Co KG im Urteil festgestellt (US 12: „... Restbetrag von 12.073,22 Euro offen aushaftete und vom Angeklagten in weiterer Folge auch nicht beglichen wurde.“). Welcher Konstatierungen es darüber hinaus zur rechtsrichtigen Subsumtion bedurft hätte, legt die Beschwerde nicht dar.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde ergibt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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