European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0120OS00031.20F.0331.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerden werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden Artur M***** und Artur K***** jeweils des Verbrechens des räuberischen Diebstahls nach §§ 15, 127, 131 erster Fall StGB schuldig erkannt.
Danach haben sie am 15. September 2018 in W***** in einverständlichem Zusammenwirken fremde bewegliche Sachen Gewahrsamsträgern des Unternehmens B***** AG mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz wegzunehmen versucht, indem Artur K*****, während Artur M***** vor dem Geschäftslokal auf ihn wartete, Fleischwaren in einer Sporttasche versteckte und ohne zu bezahlen den Kassenbereich passierte, wobei er dabei von einem Angestellten beobachtet wurde und Artur M***** bei der Betretung des Artur K***** auf frischer Tat [wie Vorgenannter im Zuge des folgenden Gerangels] Gewalt gegen den Angestellten Mohamed A***** A***** anwendeten, um sich oder einem Dritten die weggenommene Sache zu erhalten, indem er (richtig: sie) diesen zuerst festhielt[en und umklammerten, an der Tasche zerrten, den Genannten über Stiegen hinunter in Richtung eines U‑Bahn‑Aufganges zogen] und [Artur M*****] diesem schließlich einen kräftigen Stoß gegen den Körper versetzte (US 5f).
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richten sich die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten, die Artur M***** auf Z 5 und Artur K***** auf Z 5, 5a, 9 lit a, 9 lit b und 10, jeweils des § 281 Abs 1 StPO stützen. Sie schlagen fehl.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Artur M*****:
Der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) zuwider hat das Erstgericht die Konstatierung, wonach Artur M***** in der Absicht handelte, Artur K***** die weggenommenen Sachen zu erhalten (US 7), keineswegs offenbar unzureichend begründet. Vielmehr leiteten die Tatrichter diese subjektive Ausrichtung erkennbar aus dem objektiven Tatgeschehen ab (US 10), was unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden ist. Soweit der Beschwerdeführer die Verfahrensergebnisse eigenständig dahin bewertet, dass Artur M***** dem Mitangeklagten bloß die Flucht ermöglichen wollte und argumentiert, dass auch der Verbleib der Tasche mit der Diebsbeute im Tatortbereich absichtliches Handeln im Sinn des § 131 StGB in Frage stelle, bekämpft er die Beweiswürdigung des Schöffensenats nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Artur K*****:
Indem die Mängelrüge (Z 5) spekulative Erwägungen dazu anstellt, dass es Artur K***** deshalb nicht möglich war, sich der Tasche zu entledigen, weil sie um „den Hals bzw die Schulter umgehängt war“, erschöpft sie sich ebenfalls in unzulässiger Beweiswürdigungskritik.
Ob die nachfolgende Intervention des Angeklagten K***** bei der Auseinandersetzung zwischen Artur M***** und Mohamed A***** A***** von vornherein vereinbart oder „abgesprochen“ war, ist für die Lösung der Schuld‑, oder Subsumtionsfrage nicht entscheidend (zum maßgeblichen Vorsatzzeitpunkt vgl im Übrigen RIS‑Justiz RS0090015; Reindl-Krauskopf in WK2 StGB § 5 Rz 19 ff).
Die Tatsachenrüge (Z 5a) weckt mit dem Hinweis darauf, dass ausschließlich Artur M***** Tätlichkeiten gegen den Zeugen Mohamed A***** A***** gesetzt hat, die Auseinandersetzung außerhalb der Geschäftsräumlichkeiten stattfand, sowie mit Spekulationen über eine durch Medikamente hervorgerufene Bewusstseinstrübung keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen.
Gleiches gilt für die bloße Kritik an der dem Beschwerdeführer vom Erstgericht attestierten Unglaubwürdigkeit.
Indem die Rechtsrüge (Z 9 lit a) die Begründung der schulderheblichen Feststellungen in Frage stellt, verfehlt sie den im festgestellten Sachverhalt gelegenen Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (vgl RIS‑Justiz RS0099810).
Aus welchem Grund die Konstatierungen zur „subjektiven Tatseite“ zu wenig konkret sein sollen, gibt der Beschwerdeführer nicht bekannt.
Die Subsumtionsrüge (Z 10) erschöpft sich in der bloßen Behauptung, der festgestellte Sachverhalt sei allein § 127 StGB subsumierbar. Mangels sachbezogener Argumentation ist eine Erwiderung darauf nicht möglich.
Gleiches gilt für den Einwand, der Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO liege dann vor, wenn das „erkennende Rechtsmittelgericht“ – im Gegensatz zu den maßgeblichen Urteilskonstatierungen – von einer „Unzurechnungsfähigkeit im Tatzeitpunkt“ ausgehen würde (zu den Anfechtungsvoraussetzungen für materielle Nichtigkeit vgl erneut RIS‑Justiz RS0099810; Hinterhofer/Oshidari , Strafverfahren Rz 9.206 ff).
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen. Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen und die (impliziten) Beschwerden (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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