European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E128037
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Der Beklagte ist grundbücherlicher Eigentümer der Liegenschaften EZ * und EZ * GB *. Am 8. April 2018 erteilte er einem Immobilienmakler den Alleinvermittlungsauftrag zum Verkauf dieser Liegenschaften. Die Kläger gaben am 30. August 2018 ein verbindliches Kaufangebot über 270.000 EUR bei Einräumung eines Wohnrechts zugunsten des Beklagten ab, das der Beklagte am 6. September 2018 unterfertigte. Nach dem Inhalt dieses Angebots sollte der damalige Rechtsvertreter der Kläger den verbücherungsfähigen Kaufvertrag errichten. Darin sollte dem Beklagten ein Wohnrecht auf Lebzeit eingeräumt werden. Zudem sollte vorgesehen werden, dass dem Beklagten eine Werkstätte, ein Sitzgarten und ein Autoabstellplatz zur Verfügung gestellt wird. Zu den in der Folge vom Vertreter der Kläger ausgearbeiteten Kaufvertragsentwürfen äußerte der Beklagte Änderungswünsche, die den Umfang des Wohnrechts sowie das Nutzungsrecht des Beklagten an dem im Inventar verbliebenen Traktor und an einem Autoabstellplatz in der Garage betrafen. Diese Änderungswünsche wurden von den Klägern akzeptiert und in den Letztentwurf zum Kaufvertrag eingearbeitet, den die Kläger am 10. Dezember 2018 notariell beglaubigt unterfertigten. Der Beklagte war jedoch nicht mehr bereit, den Kaufvertrag zu unterschreiben.
Die Kläger begehrten, den Beklagten zu verpflichten, den Kaufvertrag Beilage ./A verbücherungsfähig zu unterfertigen, wobei die beglaubigte Unterschrift des Beklagten mit Rechtskraft des Urteils als ersetzt gelte. Der Kaufvertrag sei wirksam zustande gekommen. Der Beklagte weigere sich grundlos, die verbücherungsfähige Urkunde zu unterfertigen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Die Streitteile hätten sich durch Unterfertigung des Kaufangebots über den Kaufgegenstand, den Kaufpreis und den Umfang des Wohnrechts geeinigt. Der Kaufvertrag sei daher wirksam zustande gekommen.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Das Kaufangebot der Kläger sei vom Beklagten angenommen worden. In der Folge hätten sich die Streitteile auch über die Änderungswünsche des Beklagten geeinigt. Der Kaufvertrag sei daher wirksam zustande gekommen. Es liege weder ein unterschiedlicher Vertragswille noch eine objektive Unvollständigkeit oder Mehrdeutigkeit der Erklärungen vor, weshalb kein Dissens bestehe.
Mit der gegen diese Entscheidung erhobenen außerordentlichen Revision zeigt der Beklagte keine erhebliche Rechtsfrage auf:
Rechtliche Beurteilung
1. Für das Zustandekommen eines Vertrags ist die Einigung der Vertragsteile über den relevanten Vertragsinhalt (Hauptpunkte und als relevant erklärte Nebenpunkte) und die ausdrückliche oder stillschweigende Erklärung des Abschlusswillens erforderlich (7 Ob 14/11a). Ist der Vertrag wirksam zustande gekommen und haben die Parteien vereinbart, die von der Einigung erfassten und die gegebenenfalls einvernehmlich vervollständigten Vertragsbestimmungen in einer Vertragsurkunde festzuhalten, so kann der sich weigernde Vertragsteil auf Unterfertigung des Kaufvertrags geklagt werden. Das Gleiche gilt, wenn die Aufsandungserklärung im (pflichtwidrig nicht unterfertigten) Kaufvertrag (und nicht etwa im Grundbuchsgesuch selbst) enthalten ist (§ 31 f GBG).
2. Das Berufungsgericht ist von diesen Grundsätzen nicht abgewichen.
Nach den Feststellungen ist der Inhalt des von den Vertragsparteien unterfertigten Angebots in den vom Vertreter der Kläger errichteten Kaufvertragsentwurf eingeflossen. Auch zu den noch festzulegenden Detailfragen (Umfang des Wohnrechts) und zu den Änderungswünschen des Beklagten (Nutzungsrecht an einem Traktor und einem Garagenabstellplatz) haben sich die Vertragsparteien geeinigt, sodass der Letztentwurf zum Kaufvertrag dem übereinstimmenden Vertragswillen der Streitteile entspricht. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass der Kaufvertrag wirksam zustande gekommen sei und aufgrund der sich nach objektivem Verständnis deckenden Erklärungen auch kein Dissens vorliege (vgl dazu RS0014701), ist nicht korrekturbedürftig.
3. Auf das Argument, er sei auch im Zusammenhang mit dem Letztentwurf zum Kaufvertrag noch davon ausgegangen, sich ein aus dem Liegenschaftsbestand abzuschreibendes Baugrundstück vorzubehalten, kann sich der Beklagte nicht berufen. Für die Frage, ob eine rechtsgeschäftliche Einigung oder Dissens vorliegt, kommt es nur auf Erklärungen an, die dem Vertragspartner gegenüber geäußert wurden, wobei in dieser Hinsicht der objektive Erklärungswert maßgebend ist (RS0014160). Ein rein mentaler Vorbehalt des Beklagten bleibt daher unbeachtlich.
4. Insgesamt gelingt es dem Beklagten mit seinen Ausführungen nicht, eine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen. Die außerordentliche Revision war daher zurückzuweisen.
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