OGH 11Os14/20y

OGH11Os14/20y24.3.2020

Der Oberste Gerichtshof hat am 24. März 2020 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in der Strafsache gegen Abdul S***** und einen weiteren Angeklagten wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Abdul S***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 18. Dezember 2019, GZ 152 Hv 68/19p‑290, weiters über die Beschwerde des Genannten gegen einen zugleich ergangenen Beschluss auf Widerruf einer bedingten Entlassung nach Anhörung der Generalprokuratur gemäß § 62 Abs 1 zweiter Satz OGH‑Geo 2019 zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0110OS00014.20Y.0324.000

 

Spruch:

 

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Aus ihrem Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch über die Konfiskation aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Wien verwiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten vorerst dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten S***** fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde – soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde von Relevanz – Abdul S***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG schuldig erkannt.

Danach hat er von Jänner 2018 bis 8. Mai 2019 in Wien und an anderen Orten vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) um weit mehr als das Fünfundzwanzigfache übersteigenden Menge von insgesamt (zumindest) 903 Gramm Heroin (Wirkstoffgehalt zumindest 15,9 % Heroin, zumindest 1,04 % Acetylcodein und ca 0,7 % Monoacetylmorphin) fortlaufend und täglich in einer Vielzahl von Angriffen durch gewinnbringenden Verkauf an im Urteil konkret genannte Personen und unbekannte Abnehmer überlassen.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten S*****.

Dessen Einwänden (Z 11 zweiter Fall) zuwider verstößt die erschwerende Wertung von 1./ zwei Vorstrafen, 2./ dem Vorliegen der Voraussetzungen des § 39 StGB (idF vor BGBl I 2019/105), 3./ der Tatbegehung während offener Probezeit und 4./ des raschen Rückfalls (nach bedingter Entlassung am 14. Dezember 2017; US 6, 15) selbst in Kombination mit dem zugleich ergangenen Widerruf einer bedingten Entlassung nicht gegen das in § 32 Abs 2 erster Satz StGB normierte Doppelverwertungsverbot. Die unter 1./ bis 4./ genannten – vom Tatbild des § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG nicht verlangten und daher auch nicht subsumtionsrelevanten – Umstände akzentuieren nämlich bloß die Schuld des Angeklagten im Rahmen des Erschwerungsgrundes nach § 33 Z 2 StGB (RIS-Justiz RS0091623, RS0130193, RS0111324, RS0091096 [T3, T4]; jüngst 12 Os 118/18x).

Da von der durch § 39 StGB (idF vor BGBl I 2019/105) eröffneten Möglichkeit im vorliegenden Fall kein Gebrauch gemacht wurde, der durch § 39 StGB erweiterte Strafrahmen also ohnehin nicht angewendet wurde (US 4 „nach § 28a Abs 4 SMG zu einer Freiheitsstrafe … verurteilt; US 15: „war … von einem Strafrahmen von einem bis zu fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe auszugehen, wobei durch das Vorliegen der Voraussetzungen des § 39 StGB sogar die Verhängung von bis zu 20 Jahren möglich gewesen wäre“), begegnet auch die zusätzliche Berücksichtigung der Voraussetzungen des § 39 StGB (idF vor BGBl I 2019/105) und der für die Anwendung der Strafschärfung bei Rückfall erforderlichen Vorstrafen bei der Strafzumessung von vornherein keinen Bedenken (RIS-Justiz RS0091438 [T3, T9, T11]).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – im Einklang mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde überzeugte sich der Oberste Gerichtshof – in Übereinstimmung mit der Generalprokuratur – davon, dass dem Konfiskationserkenntnis zum Nachteil der Angeklagten S***** und M***** Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 11 StPO anhaftet.

Gemäß § 19a Abs 1 StGB sind (unter anderem) vom Täter zur Begehung einer vorsätzlichen Straftat verwendete Gegenstände zu konfiszieren, wenn sie zur Zeit der Entscheidung erster Instanz in dessen (Allein-)Eigentum stehen. Feststellungen zu diesen Voraussetzungen wurden vom Erstgericht nicht getroffen (US 5, 8, 14, 17).

Dies war von Amts wegen aufzugreifen (§§ 285e erster Fall, 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO), weil sich die (allein) vom Angeklagten S***** erhobene Berufung nur gegen den Ausspruch über die Strafe richtet und dem Berufungsgericht – zufolge Beschränkung auf die der Berufung unterzogenen Punkte (§ 295 Abs 1 erster Satz StPO) – die amtswegige Wahrnehmung der den Konfiskationsausspruch betreffenden Nichtigkeit zugunsten der Angeklagten verwehrt ist (RIS‑Justiz RS0130617).

Zunächst wird das Oberlandesgericht über die Berufung und die Beschwerde des Angeklagten S***** zu entscheiden haben (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte