OGH 12Os140/19h

OGH12Os140/19h20.1.2020

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. Jänner 2020 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oshidari und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Dr. Brenner und Dr. Setz‑Hummel in Gegenwart des Schriftführers Mag. Hauer in der Strafsache gegen Johann Z***** wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach §§ 15, 87 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 16. September 2019, GZ 73 Hv 124/19t‑22, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0120OS00140.19H.0120.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Johann Z***** des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach §§ 15, 87 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 9. Juli 2019 in W***** Christopher H***** eine schwere Körperverletzung absichtlich zuzufügen versucht, indem er mit einem Klappmesser mit ca 8 cm langer Klinge gegen dessen Oberkörper einen Stich (vgl US 4 ff) führte, wodurch der Genannte eine 8 cm lange Schnittwunde an der linken seitlichen Brustwand in Höhe des Rippenbogens erlitt, wobei es nur deswegen beim Versuch blieb, da keine Eröffnung der Brusthöhle und keine Läsion tiefer liegender Gewebsstrukturen eintrat.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die sich ausschließlich gegen die Feststellung wendet, wonach es dem Angeklagten darauf angekommen sei, Christopher H***** mit dem Messerstich im Brustbereich zu verletzen und eine schwere Körperverletzung zuzufügen (US 4).

Entgegen dem Einwand der offenbar unzureichenden Begründung (Z 5 vierter Fall) gründeten die Tatrichter die Feststellung einer Stichbewegung nach vorne ohne Verstoß gegen Gesetze folgerichtigen Denkens oder grundlegende Erfahrungssätze (RIS‑Justiz RS0116732 und https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Justiz&Rechtssatznummer=RS0099413&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=False ) auf das Gutachten des Sachverständigen Dris. D***** (ON 13 S 11) und leiteten gerade daraus – unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit zulässig – die bekämpfte Konstatierung zur subjektiven Tatseite ab (US 5 f; RIS-Justiz https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Justiz&Rechtssatznummer=RS0116732&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=False 6882).

Im Übrigen argumentiert die Rüge nicht aktenkonform:

Der Einwand, nach den Ausführungen des Sachverständigen in der Hauptverhandlung sei aus dem Verletzungsbild und den Angaben der Beteiligten eine „kräftige Stichführung“ nicht ableitbar, geht schon deshalb ins Leere, weil dieser nach dem ungerügten Protokoll über die Hauptverhandlung angegeben hatte, eine „kräftige Stichführung gegen das Zentrum des Brustkorbes, wo man mit wirklich lebensgefährlichen Verletzungsfolgen rechnen muss“, sei aus dem Verletzungsbild und den Angaben der Tatbeteiligten nicht ableitbar (ON 21 S 10). Feststellungen zu einer solchen enthält das angefochtene Urteil aber nicht.

Dem weiteren Beschwerdevorbringen zuwider gaben die Zeugen Christopher H*****, Bernadette W***** und Klaus P***** nach dem ungerügten Protokoll über die Hauptverhandlung in dieser keineswegs an, dass der Angeklagte eine Schnittbewegung gegen das Opfer gesetzt habe. Vielmehr sagten die Genannten jeweils aus, keine Wahrnehmung zur Zufügung der Verletzung zu haben (vgl ON 21 S 7, 13 f und 15).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Mit Blick auf § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO bleibt hinzuzufügen, dass das Erstgericht die Strafbemessung unter anderem damit begründete, der Angeklagte habe „nur eine partielle Verantwortungsübernahme“ sowie „wenig Einsicht“ gezeigt und

den Messerstich „bagatellisiert“ (US 7). Damit wurde im Ergebnis die Verantwortung des Angeklagten als eine für die Strafbemessung maßgebende nachteilige Tatsache gewertet und solcherart das Gesetz unrichtig angewendet (§ 281 Abs 1 Z 11 StPO; vgl RIS-Justiz https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Justiz&Rechtssatznummer=RS0090897&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=False ). Diesem von der Nichtigkeitsbeschwerde nicht aufgegriffenen Umstand wird das Oberlandesgericht bei der Berufungsentscheidung Rechnung zu tragen haben (RIS-Justiz https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Justiz&Rechtssatznummer=RS0122140&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=False ).

 

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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