OGH 24Ds9/19m

OGH24Ds9/19m16.1.2020

Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 16. Jänner 2020 durch den Senatspräsidenten der Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, die Anwaltsrichter Dr. Bartl und Dr. Kreissl sowie den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf in Gegenwart der Schriftführerin OKontr. Kolar in der Disziplinarsache gegen *****, Rechtsanwältin in *****, wegen der Disziplinarvergehen der Verletzung von Berufspflichten und der Beeinträchtigung von Ehre oder Ansehen des Standes über die Berufung der Beschuldigten wegen Schuld und Strafe gegen das Erkenntnis des Disziplinarrats der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer vom 14. März 2019, GZ D 27/18‑17, nach mündlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Höpler, des Kammeranwalts Dr. Lindner sowie der Beschuldigten zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0240DS00009.19M.0116.000

 

Spruch:

 

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Der Beschuldigten fallen die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde die Rechtsanwältin ***** der Disziplinarvergehen der Verletzung von Berufspflichten und der Beeinträchtigung von Ehre oder Ansehen des Standes nach § 1 Abs 1 erster und zweiter Fall DSt schuldig erkannt.

Danach hat sie durch die verspätete (gemeint: die Unterlassung fristgerechter) Zahlung der Kammerbeiträge und der Beiträge zur Versorgungseinrichtung der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer (ES 4: für das dritte und vierte Quartal 2017 sowie das erste und zweite Quartal 2018) in der Gesamthöhe von 13.047 Euro, „woraus das Exekutionsverfahren zu AZ ***** des Bezirksgerichts ***** sowie das Insolvenzantragsverfahren zu AZ ***** des Landesgerichts ***** resultierten“, gegen §§ 3 und 4 RL‑BA 2015 verstoßen.

Über die Beschuldigte wurde hiefür eine Geldbuße von 750 Euro verhängt.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich ihre Berufung wegen Schuld und Strafe; sie schlägt fehl.

In ihrer – das Bestehen von Beitragsschulden nicht in Abrede stellenden – Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld behauptet die Beschuldigte eine Stundung der Forderung, zeigt aber keine für das Vorliegen einer diesbezüglichen Vereinbarung mit der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer sprechenden Verfahrensergebnisse auf, sondern verweist lediglich auf ein (abgelehntes) Ersuchen ihrerseits (ON 16 S 3). Dass sie kurz vor Einbringung des Exekutionsantrags eine Teilzahlung und im Zuge des Exekutionsverfahrens Ratenzahlungen geleistet hat, hat der Disziplinarrat bei der Berechnung der ihr zur Last gelegten – im Übrigen keine entscheidende Tatsache betreffenden – Höhe der Beitragsschuld berücksichtigt (ES 4).

Der Rechtsrüge (Z 9 lit a) zuwider stellt ein Verstoß gegen das aus §§ 3 und 4 RL-BA 2015 ableitbare Gebot fristgerechter Bezahlung von Kammerbeiträgen eine Verletzung von Berufspflichten dar und ist, wenn – wie hier die im Exekutionsverfahren und Insolvenzantragsverfahren tätigen Gerichtspersonen – auch ein berufsfremder Personenkreis Kenntnis von diesem Fehlverhalten erlangt, auch als Beeinträchtigung von Ehre oder Ansehen des Standes zu werten (Engelhart/Hoffmann/Lehner/Rohregger/Vitek, RAO10 RL‑BA 2015 §§ 3, 4 Rz 10, 22; RIS-Justiz RS0125817 [T1]).

Mit dem Verweis auf ihre wirtschaftlich schwierige Situation macht die Beschuldigte keinen Rechtfertigungs-, Schuldausschließungs- oder Strafausschließungsgrund (Z 9 lit b), sondern lediglich eine für die Strafzumessung maßgebende Tatsache geltend.

Der Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld war daher ein Erfolg zu versagen.

Auch der Strafberufung kommt keine Berechtigung zu. Mildernd wirken die Unbescholtenheit der Beschuldigten, ihr Geständnis und ihre wirtschaftlich schwierige Situation, die für den Zahlungsverzug ausschlaggebend war, erschwerend hingegen das Zusammentreffen zweier Disziplinarvergehen und die relativ lange Dauer der Zahlungsverzögerung bis zur Stellung eines Insolvenzantrags. Die vom Disziplinarrat mit 750 Euro im untersten Bereich des bis 45.000 Euro reichenden Rahmens (§ 16 Abs 1 Z 2 erster Fall DSt) ausgemessene Geldbuße ist tat‑ und täteradäquat und trägt auch den finanziellen Verhältnissen der Beschuldigten angemessen Rechnung, sodass sie einer Reduktion nicht zugänglich ist. Eine – von der Berufung begehrte – bedingte Nachsicht der Geldbuße ist gesetzlich nicht vorgesehen (RIS-Justiz RS0056724). Insbesondere der Umstand, dass es die Beschuldigte sogar bis zur Stellung eines Insolvenzantrags kommen ließ, hindert den Ausspruch (bloß) eines schriftlichen Verweises iSd § 16 Abs 1 Z 1 DSt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 54 Abs 5 DSt.

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