OGH 11Os145/19m

OGH11Os145/19m14.1.2020

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. Jänner 2020 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Schrott als Schriftführerin in der Strafsache gegen Krisztian K***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall, Abs 2 erster Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 22. August 2019, GZ 151 Hv 17/19v‑46, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0110OS00145.19M.0114.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen unbekämpft in Rechtskraft erwachsenen Freispruch enthält, wurde Krisztian K***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall, Abs 2 erster Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er – verkürzt wiedergegeben – am 24. April 2019 in L***** Mohammad A***** mit Gewalt gegen seine Person unter Verwendung einer Waffe, indem er ihm einen heftigen Tritt gegen den Unterschenkel versetzte, ihm mit dem Griff eines Messers wuchtig ins Gesicht schlug und wiederholt Geld von ihm forderte, fremde bewegliche Sachen, nämlich eine Geldbörse samt Bargeld mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz abgenötigt, wobei A***** durch die ausgeübte Gewalt schwer verletzt wurde, weil er dadurch eine Nasenbeinfraktur mit Dislokation der Bruchenden sowie Prellungen des Kopfes und des linken Knies erlitt.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Der – überdies nicht erhebliche – Umstand, dass beim Angeklagten „nur“ 179,10 Euro sichergestellt wurden, fand dem sinngemäßen Vorbringen der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) zuwider Berücksichtigung in den gemäß § 270 Abs 2 Z 5 StPO gedrängt darzustellenden Entscheidungsgründen (US 7, 9; RIS‑Justiz RS0106642). Der – keine notwendige Bedingung für die Feststellung hinsichtlich einer entscheidenden Tatsache betreffende (vielmehr bloß ein einzelnes Indiz von mehreren erheblichen Umständen in der tatrichterlichen Beweiskette darstellende) – Ausspruch, dass der in Rede stehende Bargeldbetrag nicht aus den vom Angeklagten behaupteten Malerarbeiten stammt, kann nicht Gegenstand einer Mängelrüge sein (RIS‑Justiz RS0116737; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 410). Im Übrigen wurde diese Feststellung mit Bezugnahme auf die eigenen Angaben des Angeklagten und die Aussage der Zeugin P***** in Zusammenschau mit den Angaben des Ferenc D***** formal einwandfrei begründet (US 7 bis 9).

Die unter Hinweis darauf, dass (am 26. April 2019) nur ein Teil der Beute aufgefunden wurde, vom Nichtigkeitswerber aufgeworfenen Fragen, „was hinsichtlich des [restlichen] Geldbetrags passierte“, und nach dem Verbleib der Geldbörse (nominell Z 5), mussten mangels Relevanz für die Lösung der Schuldfrage nicht erörtert werden.

Weiters kritisiert die Beschwerde mit dem Vorbringen, das Erstgericht habe „wesentliche Aussagen“ zum Alkoholisierungszustand des Angeklagten übergangen, die Nichtannahme eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustands iSd § 287 Abs 1 StGB (Z 5 [zweiter und vierter Fall], dSn Z 10; RIS‑Justiz RS0118580). Die ins Treffen geführten Details aus den Aussagen des Angeklagten selbst (ON 2 S 7) sowie der Zeugen A***** (wonach „der Mann betrunken“ gewesen sei und er einen deutlichen Alkoholgeruch wahrgenommen habe [ON 2 S 27]), Alexander Pe***** (der Angeklagte habe den Nachtclub „sehr bedient“ verlassen [ON 9 S 13] bzw habe ein bisschen geschwankt, sei aber sonst orientiert gewesen und habe gehen können [ON 45 S 4]) und Christian P***** (der Angeklagte sei „stark alkoholisiert“ gewesen [ON 45 S 16]) stellen keine hinreichend ernst zu nehmende Indizien für die Annahme eines die Zurechnungsfähigkeit zur Gänze ausschließenden Rausches des – dies im Übrigen in der Hauptverhandlung gar nicht behauptenden (vgl auch ON 2 S 7, ON 11) – Angeklagten zur Tatzeit dar.

Schließlich erblickt der Beschwerdeführer das Vorliegen einer Nichtigkeit (Z 5 dritter Fall) darin, dass er nach den Urteilsannahmen einerseits den Beschluss fasste, das Opfer „in eine abgelegene Gegend zu dirigieren“ (US 3), andererseits aber sein Fahrziel tatsächlich mit P***** angab. Da es sich beim letztgenannten Ort um eine Siedlung – und nicht um eine abgelegene Gegend – handle, seien die beiden Aussagen „krass“ widersprüchlich. Ein Widerspruch in der Bedeutung des angesprochenen Nichtigkeitsgrundes (RIS‑Justiz RS0117402; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 437, 439) liegt schon deshalb nicht vor, weil ein solcher nur in Hinsicht auf – damit nicht angesprochene – entscheidende Tatsachen relevant ist (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 443).

Mit diversen weiteren in der Beschwerdeschrift angestellten Überlegungen (etwas entspräche „absolut nicht der allgemeinen Lebenserfahrung“, sei „denkunmöglich“, „unwahrscheinlich“, „nicht logisch“) wird kein Begründungsdefizit iSd Z 5 dargetan, sondern bloß die tatrichterliche Beweiswürdigung – gleich einer im kollegialgerichtlichen Verfahren gesetzlich nicht vorgesehenen Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld – bekämpft.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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